Die vergangen Tage zeigen an, dass das Scheitern der Regierung sich in eine offene politische Krise verwandelt. Dies äußert sich auch in den zahlreichen Demonstrationen, die in diesen Tagen stattfinden. Nein zur Einschränkung der demokratischen Rechte! Für eine Mobilisierung der ArbeiterInnen und Jugend gegen Reaktion & Polizeigewalt! - Wir berichten aus Wien, Innsbruck und Graz.
Die brutale Abschiebung der Schülerin Tina und ihren Schwestern ist der jüngste und deutlichste Ausdruck der unmenschlichen und unterdrückerischen Politik der Bundesregierung. Unter andrem in Wien, Graz und Innsbruck fanden seither mehrere spontane Demos und Blockaden statt. Die Polizei ging hier äußerst brutal gegen die DemonstrantInnen vor wie in diesem Bericht von der nächtlichen Blockadeaktion in Wien und der Demo in Innsbruck berichtet wird, wo die dortige Polizei einmal mehr völlig unverhältnismäßig gegen friedliche Demonstranten mit chemischen Waffen und Einkesselung vorgegangen ist.
Mit Hinweis auf drohende COVID-Verstöße und einen zu erwarteten angeblichen (linken) Black-Block wurden heute am 31.1. sowohl die von der FPÖ aufgerufene „Demo der Freiheit“ als auch die linke Gegendemonstration, die unter anderen von der Sozialdemokratischen Volkshilfe mitorganisiert wurde, untersagt.
Wir stellen hier klar fest: diese Verbot der Landespolizeidirektion Wien sind ein unzumutbarer Eingriff in die demokratischen Rechte, hinter dem der politische Wille einer auf ganzer Linie gescheiterten und nun völlig hilflosen Bundesregierung steht, die jede Äußerung von Kritik und Opposition so klein wie möglich halten will.
Dass sich die prinzipielle Verteidigung demokratischer Rechte auch in der Praxis als richtig erweist, ergeben die Ereignisse des heutigen Tages.
Die Demonstrationen angeführt von Rechten marschieren den ganzen Tag von der Polizei weitgehend unbehelligt in den Straßen Wiens, während Demonstrationen gegen die Abschiebungen – nicht zuletzt unter dem Vorwand des fehlenden Mindestabstands – von der Polizei brutal angegriffen und aufgelöst wurden.
Diese Ereignisse zeigen zwei Dinge völlig klar:
- Die Regierung beobachtet die wachsende Polarisierung und Wut in der Gesellschaft mit Beunruhigung – und reagiert mit Maßnahmen, die die Demokratie einschränken. Dies sind keine Maßnahmen exklusiv gegen Rechte oder Corona-Leugner – sondern dienen im gleichen Atemzug und mit besondere Härte gegen linke Demonstrationen.
- Die weitreichende Sympathie für Rechte und Corona-Leugner, die im Repressionsapparat des Staates weitverbreitet ist, wurde und wird in der Auslegung der Maßnahmen offen zur Schau gestellt.
Für uns ist daher völlig klar: Gegen die Rechte kann man nur durch eine Gegenmobilisierung der Linken, der ArbeiterInnen und Jugend, gewinnen, nicht mittels des Staatsapparates, der weitgehend in politischer Solidarität mit den Reaktionären ist.
Es wäre die Aufgabe der sozialdemokratischen Parteiführung und der Gewerkschaften, sich den Sturz dieser Regierung und ihrer Profit-Politik auf die Fahnen zu heften und aktiv solche Mobilisierungen zu starten, anstatt die Regierung bei jedem Schritt mit einem lauten „Ja“ und einem unhörbaren „aber“ zu unterstützen.
- Nein zur Einschränkung der demokratischen Rechte!
- Für eine Mobilisierung der ArbeiterInnen und Jugend gegen Reaktion & Polizeigewalt!
Bericht der Blockade gegen die Abschiebung in Wien
In der Nacht von 27. auf 28. Jänner fand eine Abschiebung in Wien (Zinnergasse) statt.
Beim Ankommen um 2:30 sind wir durch ein Gelände gegangen, dass zu einer der mehreren Blockaden geführt hat. Das Gelände rund um die Zinnergasse und dem Artillerieplatz wurde von etwa 150 AktivistInnen aller Altersgruppen und Hintergründen systematisch blockiert und die Abfahrt des Konvois, welcher in Richtung Flughafen fahren sollte, verhindert. Es gab zwei große Zufahrtsmöglichkeiten und etwa drei andere kleinere Wege, welche alle von Sperrmüll und Mülltonnen (welche spontan herbeigeschafft wurden) verbarrikadiert waren. Es gab auch viele AnwohnerInnen aus umliegenden Häusern, die sich aktiv beim Verbarrikadieren beteiligt haben. Anfangs waren noch „normale“ PolizistInnen vor Ort, welche bereits zynische Bemerkungen machten und einmal einen Aktivisten gewaltsam wegschubsten, da er ihnen offenbar zu nahekam. Später wurden dann vermehrt auch WEGA-BeamtInnen sowie Hundestaffeln aufgeboten.
Wir befanden uns zum späteren Zeitpunkt beim Haupteingang des Geländes, wo bereits etwa 20 Polizeiautos standen und später mindestens fünf weitere Autos im Laufe unserer Blockade kamen, sowie die vorher genannten Hunde. Hier waren etwa 30-50 AktivistInnen, mehrheitlich SchülerInnen und Jugendliche. Über Lautsprecher erklärte man uns als „die Allgemeinheit gefährdend“ und forderte uns auf, den Ort zu verlassen, woraufhin eine Sitzblockade initiiert wurde. Die Polizei gab sich erneut zynisch und sadistisch in ihren Kommentaren.
Ein Freund, mit dem ich zusammen auf der Demo war, schrie z.B. „Zeigt mal eure Deeskalation skills“. Darauf antwortete ein Beamter: „Scheiß auf Deeskalation“. Es gab auch viele BeamtInnen ohne FFP2- Masken und einer wollte (obwohl er drauf aufmerksam gemacht wurde) nicht seine Nase verdecken. Die Blockade wurde dann plötzlich mit überproportionaler Gewaltanwendung aufgelöst. Mein Freund hat danach aus der Lippe geblutet.
Nachdem der Konvoi durchgefahren ist und mehrere AktivistInnen auf dem Boden gelegen sind, kam es für einige Minuten zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstrierenden. Es wurde klarerweise sehr emotional und frustriert auf die Polizei reagiert. BeamtInnen konnten nicht mit Gewalt auf die Beleidigungen reagieren, da zu diesem Zeitpunkt bereits JournalistInnen und FotografInnen das Geschehen dokumentierten. Wir beobachteten dabei keine Festnahmen. Um 5:30 sind AktivistInnen dann in den Bus eingestiegen, wo aber ein Polizeiwagen stand und wir deshalb auf den Busfahrer aufmerksam machen mussten, damit er anhielt.
Von Filip Apolin und Valentin Iser
Polizeigewalt bei der “Grenzen töten” Demonstration in Innsbruck
Am vergangenen Samstag (30.1.2021) versammelten sich etwa 700 Personen um 14:00 bei der Annasäule in Innsbruck, um gegen die unmenschlichen Abschiebungen der Regierungen zu demonstrieren. Die Polizei reagierte mit Schlagstöcken, Pfeffersprays und der Festnahme von 19 DemonstrantInnen. Funke-AktivistInnen aus Tirol berichten.
Schon am Anfang forderten AktivistInnen, zwecks der Einhaltung des Mindestabstands, die Polizei auf, mehrere Polizeiwägen aus dem Bereich der Kundgebung zu entfernen. Auf diese Aufforderung reagierten die Beamten äußerst ablehnend – der Einhalt der Mindestabstand scheint ihnen in diesem Fall nicht wichtig gewesen zu sein, obwohl genau das nur wenig später als Grund vorgeschoben wurde, um die Demo aufzulösen.
Unter den Demonstrierenden befanden sich auch viele Familien, welche Kleinkinder, Babys und Haustiere dabeihatten.
Als der Demonstrationszug den Adolf-Pichler-Platz erreichte, kam es bereits zu ersten Provokationen seitens der Polizei. So wurden gezielt türkische TeilnehmerInnen des Demozugs ohne ersichtlichen Grund zur Identitätsfeststellung aus dem Demonstrationszug herausgeholt.
Als es 15:39 war, befand sich der Protestzug in der Leopoldstraße, und die Polizei separierte und kesselte einen Teil der Demonstration ein. Dieser hatte sich, wie der Rest der Demonstration, vollkommen friedlich verhalten, und es kam von Seiten der Demonstrierenden und entgegen der polizeilichen Darstellung, auch zu diesem Zeitpunkt zu keinerlei Provokationen gegen die Polizei oder anderweitige Personen. Selbst als die Personen von der Polizei gekesselt wurden, reagierten diese nicht etwa mit Gewalt, sondern riefen friedlich Sprüche – unterstützt von den Demo-TeilnehmerInnen außerhalb des Kessels. Diese forderten die Polizei auf, die AktivistInnen wieder frei zu lassen.
Plötzlich, ohne ersichtbaren Grund, vollkommen unerwartet und ohne Ankündigung, begann die Polizei damit, die gesamte Demonstration unter dem Einsatz von Pfefferspray aufzulösen, was unter den TeilnehmerInnen der Demonstration verständlicherweise Angst auslöste. Diese rannten zu hunderten in Richtung Kreuzung Leopoldstraße/Michael-Gaißmair-Straße. Zu diesem Zeitpunkt drangen mehrere, von Pfefferspray getroffene Personen zu uns vor. Als die Landespolizeidirektion Tirol bekanntgab, dass die Demonstration aufgelöst sei, widersetzten sich zwei Beamte der mehrmaligen Aufforderungen zur Herausgabe derer Dienstnummer.
Bemerkenswert ist dabei, dass die Polizei es äußerst eilig hatte, alle DemonstrantInnen, welche nicht gekesselt wurden, so schnell wie möglich aus der Leopoldstraße zu entfernen. Dies tat sie unter der Androhung von Anzeigen.
Wenig später erklärte die Polizei mehreren AktivistInnen, dass sie sich nicht näher zur Kundgebung begeben dürften, weil sie sonst eine Anzeige bekommen würden. Am gleichen Ort parkten auch ein Rettungswagen, sowie ein Notarzteinsatzfahrzeug des Roten Kreuzes, deren Teams sich laut Aussage einer Sanitäterin des Rettungsdienstes dort bereithalten würden. Es wurde offensichtlich damit gerechnet, dass es Verletzte geben würde.
Oberhalb des Kessels ab der Tempelstraße 22 drängte die Polizei die restlichen Demo-TeilnehmerInnen ebenfalls vom Ort des Geschehens weg, um Solidarisierung und das Aufnehmen von Beweisen zu verunmöglichen. Mehrere Leute wurden einzeln von der Polizei herausgefischt und zur Identitätsfeststellung aufgefordert. Eine junge Frau, welche aus dem Auto heraus Demosprüche skandierte, wurde mit Drohungen dazu gebracht, das Aufrufen zur Solidarisierung mit den eingekesselten Demonstranten zu unterlassen. Demonstranten wurden trotz der Unmöglichkeit, dort Mindestabstände einzuhalten, auf die Bürgersteige gedrängt, da sie die Straße zu räumen hätten. Personen, die offen Polizisten gegenüber argumentierten, dass den eingekesselten Demonstranten Unrecht geschieht, wurden dadurch eingeschüchtert, dass man sie zwecks Identitätskontrolle gegen ihren Willen herauszog und teils einer Leibesvisitation unterzog, um Dokumente zu finden.
Folgende Handlungen der Polizei passierten laut Zeugenaussagen und teilweise durch Videobeweise belegt auf der Demonstration:
- Einer Frau wurde von BeamtInnen ins Gesicht geschlagen
- Ein Aktivist wurde brutal auf den Boden gedrückt, sodass er nach der Amtshandlung nicht mehr aus eigener Kraft gehen konnte, und notfallmedizinisch betreut werden musste. Dies steht gegen die Aussage der Polizei, es habe keine Verletzten gegeben.
- Ein Aktivist berichtete uns von Schmerzen am ganzen Körper, sowie einem geschwollenen Knie (verursacht durch den Schlagstockeinsatz der Polizei).
- Zivilpolizisten brachten mithilfe einer Sprungattacke einen Mann zu Fall.
- ZeugInnen berichteten davon, dass Einsatzkräfte des Rettungsdienstes teilweise von der Polizei an der Versorgung der Verletzten gehindert wurden.
- AktivistInnen wurden offenbar durch sexistische Sprüche von Beamten der Polizei angemacht, eine wurde mehrmals grob von einem Polizisten an der Schulter gepackt und nach hinten gezogen.
- Ein Polizist war offenbar kurz davor, seine Dienstwaffe zu ziehen, hatte laut der Aussage einer Aktivistin bereits seinen Pistolenhalfter geöffnet.
- Versuchte Festnahme einer schwarzen Frau, der vorgeworfen wurde, den Mindestabstand nicht eingehalten zu haben, obwohl sie sich von anderen Personen entfernt aufhielt. Erst nachdem sich mehrere Menschen in die Amtshandlung einmischten, sah die Polizei von einer Festnahme ab und zog es vor, die Frau – wie wir annehmen müssen – grundlos anzuzeigen.
Dieses Vorgehen steht im krassen Gegensatz zu einer zuvor stattfindenden Demonstration gegen die Covid-Maßnahmen, wo sich die Polizei weder für den Mindestabstand, noch für die Maskenpflicht zu interessieren schien, und gegen die Nichteinhaltung dieser Vorschriften dem Anschein nach nicht vorging.
500 Menschen protestierten in Graz gegen unmenschliche Abschiebung
Am Samstag, den 30.1.2021 fand in Graz eine Demo gegen die unmenschliche Abschiebung von drei österreichischen Schülerinnen statt. Trotz der kurzen Vorlaufzeit beteiligten sich mindestens 500 Menschen an den Protesten. Die Menschen waren aufgebracht und wütend, gleichzeitig aber auch betroffen. Auch der Funke war mit einem Transparent und politischem Material vor Ort, um darauf aufmerksam zu machen, dass dieses Handeln System hat. Der Kampf für eine „menschliche Asylpolitik“ ist ein Kampf gegen den Kapitalismus selbst. Wir sind für ein Bleiberecht für alle – und gegen staatliche Grenzen. Wie wir in unserer Rede betonten:
„‘Wir können ja nicht alle aufnehmen' ist eine Binsenweisheit, die schnell zur Hand ist. Warum können wir nicht alle aufnehmen? Wir produzieren genug - Essen, Kleidung, Wohnraum - damit alle Menschen ein würdiges Leben führen könnten. Aber dafür müssten die Ressourcen gerecht verteilt werden, und das ist im Kapitalismus schlicht und einfach nicht möglich. Und die grausamen Dinge, die wir täglich sehen: von traumatisierende Abschiebungen österreichischen Schulkindern, über menschenunwürdige Bedingungen in bosnischen Flüchtlingslagern, über griechische Beamte, die überfüllte Rettungsboote zurück ins Mittelmeer ziehen bis hin zu afrikanischen Warlords die mit EU-Geldern finanziert Flüchtende an der Weiterreise hindern: All das ist die logische Konsequenz aus einem System, das sich nur für die Besitzenden lohnt, in dem die endlose Anhäufung von Kapital das oberste Ziel ist. Die Abschaffung des Kapitalismus ist keine unerreichbare Utopie, sondern die unumgängliche Voraussetzung für eine menschliche Asylpolitik und das Ende einer Welt, in der Millionen Menschen auf der Flucht sind.
Wenn wir etwas gegen dieses System machen wollen, können wir nicht auf die Hilfe der Herrschenden hoffen. Wir müssen uns selbst organisieren. Wir müssen aktiv werden in Betrieben, in Schulen und an Universitäten. Wir müssen überall eine konsequente antikapitalistische Haltung zeigen. Eine Welt, in der niemand mehr fliehen muss oder abgeschoben wird, lässt sich nicht erbitten und erbetteln, wir müssen sie erkämpfen.“