„Wäre ich einer der Himmelskörper, so würde ich völlig unbeteiligt auf diesen elenden Ball von Staub und Schmutz herabblicken … Ich würde die Guten und Schlechten in gleichem Maß bescheinen … Aber ich bin ein Mensch.“

- Leo Trotzki

 

Diese Krise ist ein Wendepunkt der Weltgeschichte. Philosophisch gesehen ist das Auftreten dieses Virus‘ ein Zufall, der jetzt passieren hätte können, oder eben nicht. Doch wie viele Zufälle kommen und gehen ohne überhaupt wahrgenommen zu werden? Nur wenn die Ausgangslage bereits kritisch angespannt ist, kann ein Zufall der berühmte Funke am Pulverfass sein, der die nun notwendigen Explosionen auslöst.

Weil die Welt bereits vor dem Auftreten des Virus‘ ein kränkelnder, krisengeplagter Planet war, gelenkt von der Profitgier obszön reicher, ignoranter KapitalistInnen und ihrer oft strohdummen PolitikerInnen, ereignen sich nun Ketten von Ereignissen, die sich gegenseitig bedingen und beeinflussen. Egal, wie wir als Individuen zur Welt, zum Leben oder zur Politik stehen: jetzt drängt sich uns die Realität auf und verlangt eine Entscheidung, wie wir diese neue Realität gestalten wollen.

Wir MarxistInnen sagen: Wir brauchen eine Revolution!

Dass ein Bruch mit den herrschenden Regeln notwendig ist, wissen auch die Strategen der herrschenden Klasse. Des Versagens ihres Systems versetzt sie in schiere Panik. Die Financial Times etwa prognostiziert:

„Wir fallen aktuell über eine wirtschaftliche Klippe. Die politischen Konsequenzen sind völlig unvorhersehbar und könnten absolut zerstörerisch sein.“

Sie wissen, dass es „kein Zurück zur Normalität“ mehr gibt, und sie fürchten, dass das Versagen des Kapitalismus noch verstärkt wird durch den politischen Egoismus der in Nationalstaaten organisierten herrschenden Klassen – und die Krise so gänzlich unbewältigbar wird. Sie fürchten HyperInflation angesichts explodierender Budgetdefizite, politische Instabilität innerhalb bestehender Regierungen und die soziale Revolution. Die Dummheit und „Schläue“ führender Politiker bedeuten eine zusätzliche Komplikation. US-Präsident Trump, der Repräsentant der mächtigsten Wirtschafts- und Militärmacht der Welt etwa empfiehlt die Injektion von Licht und Desinfektionsmittel in den menschlichen Körper.

Kanzler Kurz rührt derweil die Werbetrommel für den Österreich-Tourismus, einem wichtigen Sponsor seines türkisen Projekts. Wie durchsichtig ist es, uns den Urlaub an der Adria zu verbauen, um uns zu zwingen, unser Geld zur fahrlässig gierigen Loden-Bourgeoisie ins Paznauntal zu tragen? Unter dem Schlagwort des „nationalen Schulterschlusses“ und dem „Team Österreich“ wird uns weisgemacht, dass wir alle im selben Boot sitzen. Ein zweiter Blick auf die Realität entblößt dabei diese Lüge: Die ArbeiterInnen sollen zahlen – für die Krise der KapitalistInnen. Wir sagen daher: Nein zur nationalen Einheit – für das „Team Arbeiterklasse“, für die internationale Revolution!

Der Kapitalismus hat versagt. Weil es nicht profitabel ist, sich ein tragfähiges Gesundheitssystem zu leisten und Produktionskapazitäten für Notfälle offen zu halten, nahm der Welthandel am ersten Höhepunkt der Krise seine antike Form des Raubes an. Atemschutzmasken wurden an allen Grenzen und Flughäfen der Welt (Deutschland, Türkei, den USA ...) zurückgehalten oder gar durch staatlich angeordneten Raub angeeignet. Weil der Markt eben nur die Preise regelt, aber nicht die tatsächlichen Bedürfnisse der Menschen erfüllt, sind in einem Land nach dem anderen heftige Eingriffe ins Privateigentum geschehen, um die medizinische und soziale Situation zu stabilisieren.

Wenn Russland, der größte Weizen-Exporteur der Welt, nun die Ausfuhr dieses Brotgetreides bis zur nächsten Ernte verbietet, um soziale Unruhen im Inland hintanzuhalten, dann finden diese eben woanders statt. Und der Welthunger nimmt zu, nach Berechnungen des World Food Programes (WFP) werden am Ende dieses Jahres 280 Mio. Menschen an akutem Hunger leiden – eine Verdoppelung im Vergleich zu vor Corona, v.a. in jenen Regionen, wo die globalen Konflikte seit Jahren in Form von Stellvertreterkriegen ausgetragen werden: im Jemen, im Südsudan und im Norden Nigerias. „Das Szenario in armen Ländern ist zu grausam, um es überhaupt begreifen zu können“, fasst es WFP-Chefökonom Husain zusammen.

Das zweite Mal innerhalb von 10 Jahren retten Staaten, die sich das leisten können, den Profit der Reichen. Kapitalismus, die Produktion für Profit, funktioniert nur bei Schönwetter. Kaum ist Sand im Getriebe, stellen sich die Investoren, jene scheuen Rehe, die man sonst nur in Steueroasen beobachten kann, vor den Finanzministerien an und verlangen die Hilfe der Allgemeinheit – und ihnen wird gegeben. Dies hindert sie nicht, gleichzeitig ihre ArbeiterInnen auf die Straße zu schicken, jeder sechste Job in den USA ist gekündigt, die Arbeitslosigkeit in Österreich hat sich auf 600.000 verdoppelt. Und jene, die den Job behalten dürfen werden mit Kürzungen und Arbeitsverdichtung bedroht.

Corona ist eine Pandemie, die Katastrophe entfaltet sich durch den Kapitalismus und seine ihm innewohnenden Gesetze. Das Virus wird uns erhalten bleiben, und wir haben noch keinen Impfstoff. Wenn es einen gibt, werden ihn die Schönen und Reichen zuerst bekommen, fehlende Produktionskapazitäten, Patentrechte und nationalistische Interessen werden verhindern, dass die Menschen rasch jenes Mittel bekommen, das es ermöglichen wird, auch mit dem Virus gut zu leben. Es gibt aber keinen Grund zu glauben, dass nicht auch in dieser Krise die Reichen sich auf Kosten der Armen bedienen werden.

Doch: Ohne die Zustimmung unserer Klasse dreht sich kein Rad und lässt sich keine einzige Glühlampe aufdrehen. Jetzt gilt es, die Schulen und Arbeitsplätze sicher zu gestalten, aufklärend in den Parks und Öffis zu wirken. Und wir müssen unseren kollektiven Willen gegen die Profitgier der UnternehmerInnen stellen, die sich jetzt an der Allgemeinheit schadlos halten. Wir brauchen keine Überwachung, wir müssen uns die Kontrolle über unser Leben in jedem Aspekt erobern.

Die technischen und wissenschaftlichen Kapazitäten müssen im Sinne der menschlichen Bedürfnisse betrieben werden: Keine Fabrikschließungen und Massenentlassungen, sondern Umrüstung der Produktion und Dienstleistungen, um alle Herausforderungen der Gesellschaft und des Planeten zu bewältigen. Keine Subventionen an Großunternehmen, sondern Übernahme der Betriebe durch den Staat und die Betriebsleitung unter der Kontrolle der ArbeiterInnen und Angestellten.

Für einen rationalen, demokratisch beschlossenen Plan, statt der zerstörerischen Anarchie des Marktes. Die Arbeiterbewegung hat in ihrer Geschichte in großen Kämpfen starke Organisationen hervorgebracht. Doch die Spitzen von SPÖ und den Gewerkschaften haben jede soziale Auseinandersetzung eingestellt.

Weil die wichtigsten RepräsentantInnen der Arbeiterbewegung sich keine Welt ohne Kapitalismus vorstellen können, degradieren sie sich zu Hilfsorganen der Geschäftsführungen und ihrer Regierungen. Dafür hoffen sie, in die Staatsgeschäfte eingebunden zu werden und dabei irgendwas Kleines für uns rauszuverhandeln. Doch das ist vergebene Liebesmüh. Verlassen wir uns nur auf die Kraft unserer eigenen Klasse.

Und daher unser Appell: Denk nach, mach einen Schritt vorwärts und mach beim „Funke“ mit. Das ist das, was du jetzt tun kannst, um die Antithese zur Barbarei schlagkräftig zu machen! Wir stehen vor großen sozialen Auseinandersetzungen und Kämpfen, deren Ausgang unser Leben entscheidet. Um zu gewinnen brauchen wir eine starke, revolutionäre Kraft!

Wien, am 27.04.2020


Aus dem Inhalt der Zeitung: 4 Extra-Seiten!

  • Österreich:
    • Der Charakter der Covid-19-Gesetze
    • Verfassungslos: Recht in Coronazeiten
    • Vorschulische Kinderbetreuung & Corona
    • Die Hochkonjunktur der Verschwörungstheorien
    • Kurzarbeit in der Praxis
  • Betrieb & Gewerkschaft
    • KrankenpflegerInnen
    • Leserbrief aus der Pflege
    • Sozialbereich: Dem Widerstand eine Stimme geben
    • Happy Birthday, ÖGB
    • Sezionieri: Erntehilfe
    • Leserbrief: Arbeit in der Risikogruppe
  • Wissenschaft
    • Von Menschen und Viren: Die Dialektik des Lebens
  • Geschichte
    • 150 Jahre Lenin
    • Vom Burgfrieden zum nationalen Schulterschluss
  • Sozialistische Jugend: Welches Programm brauchen wir?
  • International:
    • Internationale Klassenkämpfe und die IMT
    • Labour: Genug gekuschelt!
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