Bescheidenheit ist eine Zier und dem Kanzler völlig fremd: „Während mein Team und ich die Pandemie besiegen und das wirtschaftliche Comeback unseres Landes schaffen wollen, verfolgt die Opposition genau ein Ziel: ‚Kurz muss weg!‘“ Wir fragen: War nicht wenigstens eine Krankenpflegerin mit dabei?

 

Doch der Reihe nach: Im Jahr 2020 schrumpfte die Wirtschaftsleistung (BIP) Österreichs um 6,6% auf 375,6 Mrd. €. Der Staatshaushalt betrug 217,4 Mrd. € (58% des BIP). Der öffentliche Schuldenstand erhöhte sich um 34,8 Mrd. € und summierte sich Ende 2020 damit auf insgesamt 315,2 Mrd. Das Verhältnis der Staatsschulden zum BIP stieg von 70,5% (2019) auf 83,9%. Heuer sollten wieder 30,7 Mrd. € an neuen Staatsschulden aufgenommen werden.

Damit wird Österreich auch 2021 eines der höchsten Budgetdefizite der EU verzeichnen, wobei gleichzeitig die wirtschaftliche Erholung im unteren Drittel der EU-Länder liegen soll.

Doch wohin fließt all dieses Geld? Mehrheitlich in die Taschen der Reichen, an die Kapitaleigentümer. 36 Mrd. € sind hierzulande bisher an etwa 200.000 Betriebe gegangen, davon 7,6 Mrd. als Kurzarbeitsgelder. Der große Rest sind „Corona-Hilfszahlungen“ an Unternehmen, die einen Umsatz- und Gewinnentgang anmeldeten.

Darüber gibt es nur Teilinformationen (siehe S. 2), doch es gibt sehr eindrückliche Beispiele, was mit diesem Geld passiert ist. Der KTM-Konzern z.B. machte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 130 Mio. €, ein Fünftel davon stammt aus Geldern der Republik. Damit wurden Dividenden in der Höhe von 11,25 Mio. € an die Eigentümer finanziert, über 7 Mio. € wanderten so in die Taschen des türkisen KTM-Chefs. Dazu gönnten sich die Spitzenmanager eine Gehaltserhöhung von 30%.

Dieser Geldsegen ist ein wichtiger Faktor zur politischen Stabilisierung des krisengebeutelten türkisen Projekts. Das seit Monaten anhaltende Schweigen von Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer und ÖVP-Landesfürsten erklärt sich dadurch, dass die Regierung dem Kapital bares Geld ausschüttete. Wenn die Grünen mal aufmuckten, wurden NGOs (Kulturveranstalter und Entwicklungszusammenarbeit) mit ein paar Millionen bedacht. Um die Bevölkerung ruhig zu halten, wurde bisher Geld in die Hand genommen, um gesellschaftliche Konflikte durch Kurzarbeit und andere Hilfen zu vermeiden.

Gleichzeitig arbeitet das türkise Führungsteam rund um die Uhr für die eigene Kern-„Familie“. Türkise Firmen werden serviciert, Freunde bevorzugt, promotet und dann vor der Justiz geschützt, Lügen ist ok, wenn es der Sache dient. Nicht alles dabei ist illegal und immer gilt die Unschuldsvermutung, mittlerweile für ein Dutzend führender ÖVPlerInnen im Staatsapparat und der Wirtschaft: S. Kurz, G. Blümel, T. Schmid, B. Bonelli, C. Pilnacek, W. Brandstetter, B. Glatz-Kremsner, W. Rothensteiner, J. Pröll, H. Löger. Internationale Medien vergleichen Kurz mittlerweile mit Netanjahu und Berlusconi und sehen Ähnlichkeiten zu Orban – allesamt in eigener Sache geschäftstüchtige und besonders erfolgreiche und zähe Politiker.

Der Staatsapparat und seine Institutionen sind das Langzeitgedächtnis der Klassenherrschaft, und dieses weiß, dass fortgesetzte Schamlosigkeit einer Clique die Legitimität der bürgerlichen Herrschaft an sich auf Dauer unterminiert. Daher setzte Bundespräsident Van der Bellen die ernste Miene auf und forderte den Finanzminister auf, das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu befolgen und Akteneinsicht zu gewähren. Das Ziel – die Behinderung der parlamentarischen Kontrolle – hatte Blümel derweil längst erreicht.

Seilbahnbetreiber und Gastronomen hingegen kalkulieren nur bis zur nächsten Saison, meist gar nur bis zur nächsten verkauften Runde Schnaps. Deren aktuelles Problem ist es, dass viele Arbeitslose nicht zu den alten Bedingungen arbeiten möchten. Daher fordern sie nun erschwerte Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose und werden diese bekommen. Die Industrie fordert Lohnzuschüsse, wenn sie neues Personal einstellt - und sie wird dies bekommen. Beide wollen mehr Schulabbrecher - und sie werden sie bekommen.

Jetzt wird auf Drängen der Wirtschaftskammer also das Messer angesetzt. Die Kampagne zum Raubzug gegen Arbeitslose wird systematisch vorangetrieben und schon rechnen uns die ExpertInnen wieder die „Generationenungerechtigkeit“ und die Unfinanzierbarkeit der Pensionen vor.

Die Gesundheitskrise geht so nahtlos in eine soziale Krise über, die die Arbeiterklasse und die Jugend voll treffen wird. Dies zeigt die Senilität des Kapitalismus, in Österreich, in Europa und global. Das einsetzende Wirtschaftswachstum führt zu keiner Entspannung, sondern zur Zuspitzung der Konflikte zwischen den Machtblöcken (USA, China, EU), was mehr (Handels-)Kriege bedeuten wird. Die Lage ist so angespannt, dass in keinem Land die herrschendende Klasse den ArbeiterInnen Zugeständnisse machen will. Alles was unsere Arbeit an Wert hervorbringt, wird zu Munition gemacht, um die Konkurrenz am Weltmarkt niederzustrecken.

Wir müssen unser Leben zurückgewinnen. Doch wie soll das möglich sein?

Durch die Enteignung der Klasse der Besitzenden, also durch die soziale Revolution. Befreit von der Profitlogik können unter der Kontrolle und dem Management der Arbeiterklasse alle Industrien, Technologien und wissenschaftliche Erkenntnisse eingesetzt werden, um die grundlegenden materiellen Bedürfnisse der Menschheit unmittelbar zu befriedigen. Ein solcher neuer historischer Bruch ist möglich, wenn die Arbeiterklasse ab sofort in allen Kämpfen eine politische Führung herausbildet, die die Verwirklichung dieser Idee in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Kapital und seinen Regierungen bewusst anstrebt.

Die Bürgerlichen sind sich bewusst, dass ihr System zusehends in offenem Widerspruch zu den Bedürfnissen der Menschen steht. Wir erleben daher eine Zunahme von Überwachung, Polizeirepression und Demokratieabbau, als Instrumentarium zur Unterdrückung sozialen Protests. Doch die wichtigste Stabilitätsressource des Kapitals sind die Führungen der Massenorganisationen der Arbeiterbewegung. Sie behindern soziale Kämpfe, gerade in Österreich, wo die Sozialdemokratie (und ihr gleich die linken „Alternativen“) jedes Kampfes entwöhnt sind und ideologisch fest auf der Basis des Privateigentums stehen.

Der soziale Kampf lässt sich unter den herrschenden Bedingungen aber nirgends auf Dauer zurückhalten. Aktuell ist Kolumbien aus einem jahrzehntelangen Alptraum erwacht und mit einem Knall in die Arena der internationalen Revolution eingetreten (siehe S. 10).

Die Arbeiterklasse, und ihr vorneweg die Jugend, drängt danach, ihr Leben zurückzubekommen. In der modernen Gesellschaft ist die Arbeiterklasse die mächtigste Kraft, denn ohne ihre Arbeit bewegt sich in dieser Gesellschaft nichts.

Alle politischen Organisationen verschleiern die Macht der Klasse vor ihr selbst, nur die revolutionären MarxistInnen machen sie zur Grundlage ihrer Politik. Dies ist ein gewichtiges Argument, dass du dich uns anschließt.

Wenn du mit unseren Ideen übereinstimmst, dann mach mit bei der International Marxist Tendency (IMT)! Für Arbeiterkontrolle und Revolution!

Wien, am 26.5.2021


Aus dem Inhalt der Zeitung:

  • Österreich
    • SPÖ: Warten auf der Ersatzbank
    • ÖVP: Zwang, um jeden Preis zu hackeln
    • Umsatzersatz: Ein Raubzug gegen die Arbeiterklasse
    • ÖH-Wahlen 2021: Zeit für einen Kampf um unsere Bildung
  • Gesellschaft:
    • Das Leben der Frau gehört ihr nicht selbst
    • Polizei: Reformieren oder abschaffen?
    • Matura: Leistungsdruck und Selektion
    • Gegen "Regenbogen-Kapitalismus" - LGBT-Befreiung durch Revolution!
  • Theorie
    • Die "Schönheit der Verfassung"
  • Betrieb & Gewerkschaft
    • Tag der Pflege 2021: wir waren aktiv!
    • Pflege-Aktivgruppe: Wir wollen das Kämpferische Krankenhaus auch in Vorarlberg!
    • MAN: Für Verstaatlichung und Arbeiterkontrolle
  • Schwerpunkt: Wie die Revolution organisiert werden kann
  • Jugend
    • Warum sich beim Funke organisieren?
  • International
    • Israel/Palästina: Generalstreik gegen Bombenangriffe
    • Imperialismus und Antisemitismus
    • Kolumbien: Arbeiterklasse ist erwacht!
    • Afrika: Impfung und Imperialismus!
    • Putins gezähmte Kommunistische Partei

Die Ausgabe ist um 2€ bzw. 5€ Solipreis erhältlich beim Funke-Verkäufer/der Funke-Verkäuferin eures Vertrauens und hier im Funke-Shop - auch als Online-Version. Abobestellungen können >>hier<< vorgenommen werden.


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