Der Kapitalismus ist in seiner tiefsten Krise. Die ihn verteidigenden Parteien müssen daher die Unterdrückung und Spaltung der Bevölkerung anhand aller möglichen Fragen vorantreiben, um die Politisierung entlang der tatsächlich wichtigen Spaltungslinie zu verhindern: der Klassenfrage.
Der sogenannte „Kulturkampf“ um Moral, Familie und gegen LGBT+-Befreiung ist in den USA seit Jahren ein zentrales Mittel reaktionärer Politik, um ihre Unterstützer bei Stange zu halten. Spätestens jetzt ist er auch in Österreich angekommen: Zuerst wurde der Eingang einer Wiener Bücherei zugemauert, um die Vorstellung eines Kinderbuchs durch eine Drag Queen zu verhindern. Dann versuchten Rechte erfolglos, gegen ein ähnliches Event in der Türkis Rosa Lila Villa zu mobilisieren.
Die FPÖ beteiligt sich tatkräftig an dieser Hetze. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp verlangte einen Sonderlandtag, forderte ein Verbot der Lesung und rief zu „massivem Widerstand gegen diese Sexualisierungspropaganda für kleine Kinder“ auf. FPÖ-Chef Kickl bezeichnete in seiner Rede am 1. Mai derartige Veranstaltungen als „verstörend und gefährlich für Kinderseelen“.
Materiell befestigt wird diese Hetze mit einem Bekenntnis zur klassischen Familie, die laut Kickl aus „einem männlichen Vater, einer weiblichen Mutter und Kindern“ besteht. Sie ist die „Keimzelle der Gesellschaft“ und der Staat hat „alles zu unternehmen, um diese [...] zu schützen“. Für Parteikollegen Haimbuchner und Gruber gibt sie „Geborgenheit und gewährleistet Stabilität“ und ist „die einzige Chance Stabilität in jeder Richtung in einer Gesellschaft zu gewährleisten“.
Diese Stabilität ist gleichbedeutend mit der Unterordnung der Frau, die von Kind an darauf vorbereitet wird, ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustecken, um sich im Haushalt den Bedürfnissen der Altvorderen und des Beziehungspartners unterzuordnen. Das ist profitabel für das Kapital (weil hier gesellschaftlich notwendige Arbeit wie Essen, Altenpflege, Kindererziehung, … verrichtet wird) und verhindert tatsächlich freie Liebesbeziehungen zwischen oder innerhalb der Geschlechter.
Dieses Familiengefängnis muss laut den rechten Demagogen von jeder äußeren Bedrohung, so auch vor zersetzender „Transgenderideologie“ geschützt werden. Während der Lockdowns wurde gut sichtbar, wie auf sinkendes Einkommen und geschlossene Kindergärten eine Explosion von häuslicher Gewalt folgte. Wir halten fest: die Krise der bürgerlichen Kleinfamilie ist eine Folge der gesellschaftlichen Krise, der Krise des Kapitalismus, ganz ohne dem Zutun der LGBT+ Community oder „zersetzender“ Ideologien!
Der fruchtbare Boden dieser reaktionären Demagogie der Rechten ist der Wegfall jeglicher Stabilität im Leben, die Einsparungen (etwa bei Pflege und Kinderbetreuung), die fallenden Löhne etc., sodass real immer mehr Verantwortung auf die Familien abgeschoben wird. Sie ist für die Mehrheit der Arbeiterklasse das stärkste Sicherheitsnetz vor der Verelendung.
Exemplarisch ist dafür der Gesundheitsbereich. Laut ÖGKV-Chefin „bricht [dieser] zusammen“, so wie „lange prognostiziert“ wurde. Patienten sind unbeachtet verstorben, während manche Pflegerin 260 Überstunden in 4 Monaten angehäuft hat. Diese Zustände herrschen in vielen Branchen. Jeder Dritte geht davon aus, seinen Job nicht bis zur Pension durchzuhalten. Auch die Jugend spürt den Druck: Kürzlich gingen in Wien hunderte Jugendliche auf die Straße, weil eine Schülerin nach mehreren Behandlungs-Abweisungen einen Selbstmordversuch beging.
Nicht nur die ideologischen Hetzer sind für die Nöte von LGBT+ Personen verantwortlich. Die liberalen Bürgerlichen von Grünen und NEOS treten zwar betont LGBT+-freundlich auf, indem sie Schaukämpfe um Quoten, Gendern und Presseaussendungen zu Menschenrechten führen. Das dient nur dazu, sich in den Augen der Jugend ein fortschrittliches Image zu verschaffen. Aber für den Umgang mit spezifischen Problemen einer der unterdrücktesten Schichten der Arbeiterklasse werden keine Mittel zur Verfügung gestellt. Die Transmedizin etwa ist völlig überlastet.
Gleichzeitig stehen sie immer bereit, die sozialen Rechte der gesamten Arbeiterklasse und Jugend anzugreifen. Sie haben im Parlament gegen das Einfrieren von Mietpreisen, inflationsangepasste Pensionserhöhungen und die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gestimmt. Sie haben die abschlagsfreie Frühpension nach 45 Arbeitsjahren mit dem Argument der Gleichberechtigung abgeschafft (Grüne). Sie haben in Salzburg Frauenhäuser geschlossen bzw. privatisiert (NEOS). Die NEOS haben verlautbart, dass sie nie mit einer Partei koalieren würden, die die 32-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich fordert und der grünen Umweltministerin Gewessler „blutete das Herz“, als im letzten Herbst die Eisenbahner streikten. Diese Liste könnte endlos weitergeführt werden.
Kurz: Alle bürgerlichen Parteien, egal ob liberal oder reaktionär, sind sich einig darin, dass die Arbeiterklasse und die Jugend für die Profite der Konzerne unter den Wagen geworfen werden müssen. Gleichzeitig spalten sie uns mit ideologischen Scheingefechten, aber in Wirklichkeit sind sie nur verschiedene Seiten desselben Problems und nur die Kapitalisten profitieren davon.
Die reformistischen Spitzen der Arbeiterbewegung haben sich der Kapitallogik von „Sparzwang“ und „Alternativlosigkeit“ völlig unterworfen und zeigen daher der Arbeiterklasse keinen Ausweg auf. Stattdessen ordnen auch sie sich ganz der kostenlosen liberalen Identitätspolitik unter – ein Weg, den auch viele Linke unkritisch nachvollziehen.
Es gilt, den Teufelskreis aus Elend, Spaltung und Hetze durch die entschlossene Organisierung des Klassenkampfes zu durchbrechen. Das ist auch in Österreich angelegt. Letzten Herbst schwappte trotz bremsender Politik der Gewerkschaftsspitze die breiteste Streikbewegung seit 2003 durchs Land. Und das Potential für einen Gegenschlag der Arbeiterklasse wächst weiter: Die Wahlerfolge der KPÖ in Graz und Salzburg sowie der Erfolg Andi Bablers in der SPÖ-Mitgliederbefragung zeigen, dass es brodelt!
Alleine, isoliert und gespalten sind wir machtlos und werden von den Kapitalisten gegeneinander aufgehetzt und ausgebeutet. Doch es ist die Arbeiterklasse gemeinsam, in all ihren Schattierungen und Farben, die mit ihrer Arbeit die Gesellschaft am Laufen hält. Diese Macht müssen wir einsetzen. Die einzige Antwort ist der kompromisslose, gemeinsame Klassenkampf aller arbeitenden Menschen und der Jugend: Gegen jede Form der Diskriminierung, Unterdrückung und Spaltung der Arbeiterklasse. Gemeinsam gegen Sparpolitik, gegen Lohnraub und gegen das kapitalistische System, das all diese Fäulnis hervorbringt. Schließ dich der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT) an, dafür kämpfen wir in Österreich und weltweit – für die Revolution, für den Sozialismus zu unseren Lebzeiten!
Wien, am 24.05.2023
Pride 2023: Für eine antikapitalistische Offensive!
Heute hat die Pride nichts mehr mit ihrem kämpferischen Ursprung gemein. Sie ist dominiert von großen Konzernen, die in der Realität für Ausbeutung und Unterdrückung stehen. Die Banken und Konzerne sind keine Verbündeten im Kampf gegen Unterdrückung, sondern unsere Gegner! Geben wir der Pride ihre radikalen Ursprünge zurück: kommt zum kämpferischen, antikapitalistischen Block auf der Pride in
- Wien, am 17. Juni, 11:00 beim Wiener Rathaus!
Pride in
- Linz (24. Juni, 13:30, Volksgarten)
- beim CSD in Bregenz (3. Juni, 13:00, Kornmarktplatz)
- Graz (1. Juli, 12:00, Franz-Graf-Allee)
- Innsbruck (29. Juli)
Aus dem Inhalt
- Österreich
- Welches Wirtschaftsprogramm braucht die SPÖ - nicht?
- Regierung greift Bildung frontal an - PädagogInnen vor wichtigem Arbeitskampf
- Über Arbeitszeitverkürzung und Klassenkampf
- Haushaltsabgabe für den ORF: Verlorene Illusionen
- SPÖ: Babler durchsetzen! Für sozialistischen Neustart!
- Jugend
- ÖH-Wahl: Students and workers unite and fight!
- Das System macht krank - Zeit, zu kämpfen!
- Warum ich aktiv geworden bin (von Linus)
- Jugend: Polizei löst Rave auf, untersagt Demo
- Betrieb & Gewerkschaft
- SWÖ: Wiener BetriebsrätInnen für kämpferischen Kurs
- Erwachsenenbildung: Wie weiter nach Streik und KV-Abschluss?
- Schwerpunkt
- ABC des Kommunismus
- Die Rolle der Partei
- Über uns
- Der Funke im Auge der Berichterstattung
- Theoriemagazin Nr. 8
- Gesellschaft
- Profitlogik im Wissenschaftsbetrieb
- Zweierlei Terror, zweierlei Maß
- International
- Logik des "kleineren Übels" besiegt Erdogan nicht
- Iran: Für den Generalstreik gegen das Mullah-Regime!
- Ukrainischer Weizen plagt die EU
- Banken: Rekordprofite vor dem Fall
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