„Quer über Parteigrenzen und politische Ansichten hinweg, sind wir geeint in unsere Solidarität mit dem israelischen Volk und dem Staat Israel.“ Mit dieser Deklaration aller Parlamentsparteien für die nationale Einheit eröffneten die Bürgerlichen die Offensive gegen Migranten, Meinungsfreiheit, Löhne, Pensionen, Linke, Gewerkschaften.

Bundeskanzler Nehammer, der ständig bekümmert wirkende ÖVP-Chef und videodokumentierter Frauen-, Gewerkschafts- und Armenverächter stellte sich an die Spitze der nationalen Einheit. Er deklariert: „Österreich befindet sich in einer Bedrohungslage“. Was er damit nicht meint, ist klar: sich selbst und seine Regierung, die aggressiven Metallerunternehmer und die hohen Preise. Was er damit meinen könnte, diese Leerstelle füllen Medien- und Meinungsmacher – die stolze „vierte Macht im Staat“. Auf der Suche nach der inneren Bedrohung, finden sie diese in altbekannten Sündenböcken: Moslems, Migranten und Linksextremisten! Greifbare Belege für diese Bedrohungslage lassen sich schwer finden, aber egal, wir konstruieren sie! Palästinenser protestieren gegen die Bombardierung ihrer Heimat, lasst uns schreiben: „Palästinenser feiern den Tod von Juden“; Jugendliche laufen über den Judenplatz, lasst uns berichten von „der inneren Gefahr“; der Funke solidarisiert sich mit den Palästinensern (dabei sagend, dass wir „Ideologie und Methoden der Hamas ablehnen“), aber egal, lasst uns genau das Gegenteil titeln! Und so weiter und so fort.

Warum dieser Aufwand? Das bürgerlich-demokratische Regime in Österreich steckt in seiner tiefsten Krise der Zweiten Republik. Die ehemaligen Großparteien ÖVP und SPÖ, einst Garanten stabiler politische Verhältnisse für die Kapitalisten, stecken in der Dauerkrise – und dies nur wenige Monate vor einem wichtigen Wahljahr: Nationalrat, EU, Vorarlberg, Steiermark, … Die FPÖ und kleine ungetestete politische Parteien heben ab: Die BIER-Partei liegt in Umfragen in Wien mit 12% vor der ÖVP auf Platz drei. FPÖ und BIER würden in der Bundeshauptstadt gemeinsam einen Zugewinn von 26% (!) des Wähleranteils bekommen, so das Meinungsforschungsinstitut Unique. Konservativ nur der Zuwachs der KPÖ (0,9%) und trotzdem liegt auch hier ein Einzug in den Wiener Gemeinderat und Parlament in Greifweite, in der Steiermark kann sich die KPÖ einen Erdrutschsieg erarbeiten.

Die Kapitalisten brauchen aber was ganz anderes: eine stabile Regierung der sozialen Angriffe. Dafür nutzen sie auch die Krise in Nahost. Denn Österreich ist selbst auf dem Weg in eine Krisenrepublik. Die Staatsschulden werden zu teuer, Sozialausgaben müssen gekürzt werden! Dabei sind bereits jetzt die Spitäler überlastet, es fehlen die Lehrer und die Kindergartenpädagoginnen. Die Konfrontation zwischen Russland und dem Westen bedroht außerdem Energiesicherheit und Profite: 20% der Energieversorgung Österreichs kommt aus Russland, 62% des Profits der wichtigsten Austro-Bank (RBI) werden im „Feindesland“ gemacht. Die USA üben ob der zögerlichen Anti-Russlandhaltung Österreichs schon länger harten Druck auf die Republik aus.

Anders als in Russland haben Austro-Kapitalisten keine Geschäftsinteressen im Gaza oder Westbank zu verteidigen, daher fällt ihnen diese Politik leicht. In den Palästinensergebieten gibt es ja keine entwickelte Wirtschaft, keinen freien Personenverkehr, die Menschen leben in Rechtlosigkeit und in einer prekären Schattenwirtschaft. Eine Solidarisierung mit Israel ist daher billig und höchst profitabel!

Dafür zahlen soll die Arbeiterklasse in Österreich. Kaum war die „Bedrohungslage“ ausgesprochen, die inneren Feinde benannt und die Terrorwarnstufe auf 4 erhöht, gingen die Kapitalistenparteien in die Offensive. Die Wirtschaftsinstitute legten neue Inflationsberechnungsmethoden vor, um die Arbeiter zu betrügen und neue Unbezahlbarkeitsstudien der Pensionen. Im Schatten der nationalen Einheit folgen Taten auf den Fuß. Die Neos lancieren ihr Pensionsmodell (Arbeiten bis 69) und weil die Gewerkschaften angeblich eine Stimmung des Hasses schüren würden, weigerten sich Metallerbosse mit den Gewerkschaften über Inflationsausgleich zu reden.

Nichts anderes erwarten Kommunisten von den Herrschenden, weil es in der Geschichte immer so war. Die nationale Einheit war und wird immer ein Betrug an den Arbeitern sein, egal unter welchem Slogan sie errichtet wird. Sie verschleiert die wirkliche Spaltung der Gesellschaft, nämlich zwischen Kapitalisten- und Arbeiterklasse und befördert eine falsche Spaltung: Die Herrschenden schlagen auf die nationalen und politischen Ränder der Arbeiterklasse, auf die „Ausländer“ (über Jahrzehnte waren es hierzulande die Juden, heute die Moslems) und die Kommunisten. Sie schüren eine Stimmung der Zwietracht und der Einschüchterung, um die Kampffähigkeit der gesamten Klasse zu schwächen.

Die Reformisten sind unfähig aus der Geschichte zu lernen und glaubten naiv, durch Distanzierungen und Ausschlüsse der Linken im Boot der nationalen Einheit bleiben zu dürfen. Führende Vertreter der Sozialdemokratie und der KPÖ-Salzburg akzeptierten die lügenhaften Unterstellungen, dass es in ihren Reihen Antisemitismus und Terrorsympathie gäbe. Die Antwort präsentierte ihnen die ÖVP-Zentrale. Diese erklärt nun „die Entlarvung eines erschreckenden Weltbildes von Andreas Babler, das durch Hamas-Unterstützer und Klassenkampf“ geprägt sei. Die nächste Distanzierungsaufforderung folgt prompt: SPÖ-Wien Chef Ludwig müsse sich vom SPÖ-Chef Andreas Babler distanzieren. Klar, was sonst? Die Bürgerlichen wollen nicht weniger als 100% bürgerliche Politik von der SPÖ.

Am höchsten ist der Preis für die migrantischen Arbeiter, die jetzt als Sündenbock abgestempelt werden. Doch alle Arbeiter werden getroffen: Angriffe auf Löhne, Pensionen und demokratische Rechte zahlen schlussendlich alle Arbeiter und Jugendlichen, ganz unabhängig von ihrer politischen Position zur Palästinensern und Israel.

Die aktuelle scheinbar feste nationale Einheit wird unter dem Druck der Ereignisse zerbrechen, denn der Krieg bereitet nur noch größere internationale Krisen vor. Die EU-Kommission ist in der Palästinafrage bereits offen gespalten. Der Stein des Anstoßes ist: muss Israel im Krieg Rücksicht auf das Völkerrecht nehmen? Die deutsche, ungarische und österreichische Regierung (hier unterstützt von allen Oppositionsparteien) sagt: Nein. Andere Europäische Regierungen und der UNO-Generalsekretär sagen: Ja.

Die Hauptkraft, unter der der Schulterschluss zusammenbrechen wird, ist jedoch der Klassenkampf. Die Arbeiterklasse wird geradezu dazu gezwungen, sich gegen Verschlechterungen zu wehren. Die Palästina-Demos sind erst der Anfang - Kindergartenstreik, Ärztedemo, die Arbeitskämpfe in Metall und Handel werden folgen.

Die Einschränkung der demokratischen Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird bei den Palästinensern vorexerziert. Doch bald werden die Herrschenden sie auch in anderen Fällen einsetzen wollen. Wir stellen uns gegen politisch motivierte Einschränkung der Meinungsfreiheit der Palästinensischen Gemeinde in Österreich!

Wir Kommunisten stehen auf der Seite der Unterdrückten kämpfen mit der Arbeiterklasse für alle Teilforderungen, wie höhere Löhne. Wir bringen die Ideen des Marxismus ein, denn das sind Ideen, mit denen man gewinnen kann. Nur in einer Welt ohne Kapitalismus können alle Menschen in Frieden und Freiheit geschwisterlich und würdig leben. Stärke diese Ideen, tritt uns noch heute bei! derfunke.at/aktivwerden

Wien, am 25.10.2023


Aus dem Inhalt

  • Aus unserem Postfach
  • Österreich
    • Darum sind die Lebensmittel so teuer
    • Bleibt in der SPÖ alles beim Alten?
    • Medienmache für Krieg, Unterdrückung und Sozialabbau
    • Nein zur Ausschlusskampagne gegen die MarxistInnen!
    • Zusendung: Protestbrief an die SPÖ Vorarlberg
    • SJ Vorarlberg: Mein Körper - meine Entscheidung!
  • Schwerpunkt
    • Freiheit für Palästina - eine kommunistische Antwort
    • Wie(so) unterstützen Kommunisten in Österreich die Befreiung von Palästina?
    • Interview: "Wir sind keine Antisemiten!"
    • CEU (Wien): Studierende organisieren sich in Solidarität mit Palästina
    • Kommunisten mobilisieren für Solidarität mit Palästina
  • Betrieb & Gewerkschaft
    • Metall-KV: Bosse erzwingen Streiks
    • Nein zu Kündigungen von Betriebsräten!
    • SWÖ: Streik statt schlechter Abschluss!
    • Spitäler: Alle Berufsgruppen gemeinsam streiken!
    • Über 10.000 streiken in der Elementar- und Freizeitpädagogik
  • International
    • Frankreich: Gegen die Unterdrückung der Palästina-Solidaritätsbewegung!
    • Freiheit für Palästina: Millionen weltweit auf der Straße
    • China: Wirtschaftsabschwung kündigt Instabilität & Klassenkampf an
    • Irans Jugend wendet sich dem Kommunismus zu
  • Kommunismus
    • FAQ: Was machen KommunistInnen in Klassenkämpfen?
    • Die Marxisten in Ungarn haben eine Zeitung!
    • Warum ich aktiv geworden bin - von Siyu
  • Geschichte
    • Russland 1917: Die Massen übernehmen die Macht!

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