Die ÖVP will ganz im Interesse des Kapitals eine weitere „Entfesselung der Wirtschaft“, die Industrie die Zerschlagung des Metaller-KVs. Diese Pläne müssen wir diesen Herbst mit dem Stimmzettel und gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen verhindern.


Bei den bevorstehenden Nationalratswahlen wollen die Bürgerlichen politische Verhältnisse herstellen, mit denen sie ihr Ziel von der „Entfesselung der Wirtschaft“ angehen können. Eine gefährliche Drohung, wenn man weiß, wie sich die Unternehmen gebärden, wenn sie ohne Einschränkung durch Gewerkschaft und einen starken Betriebsrat werken können. Und was heute in vielen Betrieben bereits Gang und Gäbe ist, wollen Industriellenvereinigung und ÖVP überall durchsetzen.
Zentraler Angriffspunkt der Unternehmer ist dabei seit Jahren die Forderung nach mehr „Arbeitszeitflexibilisierung“, sprich den Wegfall von Zuschlägen für Überstunden, längere Durchrechnungszeiträume und die Möglichkeit dies auf betrieblicher Ebene ohne Zustimmung der Gewerkschaft verhandeln zu können. Die KV-Verhandlungen in einer Reihe von Branchen, allen voran der Metallindustrie, standen in den letzten Jahren immer wieder im Zeichen dieser Frage. Wenn sich die Wirtschaft mit dieser Forderung durchsetzt, dann würde das massive Lohneinbußen für die Beschäftigten bedeuten. Die ÖVP hat nun die Forderung nach Arbeitszeitflexibilisierung zu der ihren gemacht. Die tägliche Höchstarbeitszeit soll nach Spindelegger und Mitterlehner wieder wie im 19. Jahrhundert 12 Stunden betragen können.

Diese Frage ist aber nicht nur Wahlkampfgeplänkel, mit dem die ÖVP ihr Klientel mobilisieren möchte. Heuer zeichnet sich eine harte Herbstlohnrunde ab. Die Führung des FMMI ist ganz offensichtlich nicht mehr länger bereit den Schein einer Sozialpartnerschaft zu wahren und sucht den offenen Konflikt mit der Gewerkschaft, obwohl sich diese in der Arbeitszeitfrage erstmals gesprächsbereit gezeigt hat. Ziel der Unternehmer ist das endgültige Ende des gemeinsamen Metaller-KVs. Diese Schlacht wollen sie heuer ausfechten.

Wahlen sind in diesem System kein Mittel der „Volksherrschaft“, sondern sie sind Momentaufnahmen der gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse. In der Vergangenheit haben die Bürgerlichen das Abschneiden der SPÖ immer als Ausgangspunkt ihrer Überlegungen genommen, ob sie nun in die Offensive gehen können oder nicht. Je stärker die SPÖ am Wahltag, desto vorsichtiger müssen die Bürgerlichen agieren.

Das Bankenrettungspaket, das darauf folgende Sparpaket (das größte der zweiten Republik), die Spardiktate der EU (Fiskalpakt, Wettbewerbspakt) – Faymanns größte Leistung war es auch in stürmischen Zeiten dafür zu sorgen, dass die GenossInnen diese schwer zu verdauenden Brocken schluckten und ohne viel Gemurre hinnahmen. Zur Bewältigung der ersten Phase der Krise haben sich die Bürgerlichen auf die Sozialdemokratie und den ÖGB gestützt. Das hatte natürlich seinen Preis. Wie Spindelegger (ÖVP) sagte: „Mit der SPÖ kann man die Arbeiter nicht so leicht entlassen.“ Und es gibt von Teilen des Kapitals durchaus den Wunsch eine härtere Gangart gegenüber der Arbeiterschaft einschlagen zu können. Vom Abschneiden der SPÖ und von der Möglichkeit eine Regierung ohne sie bilden zu können, werden die Bürgerlichen abhängig machen, ob der Zeitpunkt dafür gekommen ist.

In diesem Wahlkampf wirft die ÖVP-Spitze der SPÖ ständig „Klassenkampf“ vor. Die Forderung nach „Milliardärssteuern“ und die Absage an den 12-Stunden-Tag sind für die Konservativen natürlich ein rotes Tuch. Doch die entscheidenden Schlachten des Klassenkampfes werden nicht am 29. September an der Wahlurne ausgefochten. Die letzten fünf Jahre haben gezeigt, dass wir uns nicht zu sehr auf Faymann & Co. verlassen, sondern besser auf die eigene Stärke bauen sollten. Denken wir nur an den Kampf gegen die Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst. Dort stehen SPÖ und ÖVP im Sinne des Spardiktats Seite an Seite gegen die Interessen der Beschäftigten.

Die wichtigste Auseinandersetzung erfolgt jedoch auch heuer wieder bei der Herbstlohnrunde in der Metallindustrie. Die Gewerkschaft muss den Wahlkampf nutzen, um die öffentliche Meinung für die Anliegen der MetallerInnen (die gleichzeitig die Anliegen aller ArbeiterInnen sind!) zu gewinnen. Dass sich die SPÖ-Führung in dieser Frage hinter die Gewerkschaften stellt, ist sehr positiv. Dieser Kampf ist letztendlich aber nur mit dem Mittel einer großen, machtvollen, solidarischen Streikbewegung zu gewinnen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt die Gewerkschaft, die Betriebsräte und die Belegschaften in den Betrieben geeint in diesen Konflikt zu führen. Die große Auftaktkonferenz vor der Wahl muss dafür genutzt werden. In der Vergangenheit ließen es einige sehr einflussreiche Betriebsräte an der nötigen Solidarität mangeln. Doch jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir größtmögliche Geschlossenheit und Einheit brauchen.

Es ist selbstredend, dass dieser Kampf nicht nur die MetallerInnen angeht, sondern die gesamte Arbeiterbewegung. Die Metallindustrie ist noch immer der Sektor, in dem die Gewerkschaft über die stärkste Organisation verfügt. Wenn die Unternehmer sich in diesem Bereich durchsetzen, wäre das ein gefährlicher Dammbruch und würde eine generelle Kapitaloffensive auslösen. Im umgekehrten Fall würde ein Sieg der MetallerInnen vielen wieder Hoffnung geben. In Wirklichkeit sind viele Bereiche der Wirtschaft heute schon völlig entfesselt, so wie es sich die ÖVP wünscht. Auf die damit einher gehenden Ausbeutungsverhältnisse kann es nur eine Antwort geben: Organisierung und Gegenwehr! Der Aufbau einer kämpferischen Arbeiterbewegung ist eine absolute Notwendigkeit, wenn wir verhindern wollen, dass wir die Kosten der Krise zahlen.

Solange aber das Profitinteresse einer kleinen Minderheit von Kapitalbesitzern die bestimmende Logik in der Gesellschaft ist, wird unser Lebensstandard bedroht sein. Die Arbeiterbewegung wird daher ihre Ziele nur dauerhaft erreichen können, wenn es ihr gelingt den Kapitalismus zu überwinden.


Wien, 3. September 2013




Weitere Themen der neuen Ausgabe

• Interview mit Wolfgang Moitzi (SJÖ und SPÖ-Kandidat)
• Die Krise klopft wieder an die Tür - Die SPÖ und die Krise
• Facharbeiterlohn ist genug
• Betriebsbericht über unsere Arbeit beim Autozulieferer Faurecia Angell-Demmel
• Kampf um den Metaller-KV
• Aufgaben der GPA-djp-Jugend
• Schwerpunkt: Ein neues Zeitalter der Revolution
• Refugee Proteste: Welche Solidarität braucht es?
• Filmkritik: Die Werkstürmer
• Ägypten: Putsch oder Revolution
• Krise in Portugal
• Deutschlannd: Bundestagswahlen und die Rolle der LINKEN
• Griechenland: Die Katastrophe beenden

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