Ist die Arbeiterklasse in der Lage, die Produktion und Verteilung von Gütern ohne das Zutun der Bosse zu organisieren? Können wir das überhaupt? Kurt Bührle geht dieser Frage auf den Grund.

Ja, wir können das. Ich arbeite z.B. in einer Motorenfabrik. Für die innerbetrieblichen Abläufe sind offensichtlich keine Bosse nötig. Ist das Material mal in der Firma, dann läuft alles weitere durch die Hände und Köpfe der Arbeiter selbst. Die Elektriker – die Instandhalter – warten die Maschinen, die Fachkräfte machen die Schichtpläne und teilen die Hilfsarbeiter den Maschinen zu, und diese selbst organisieren Nachschub, Werkzeug oder sagen im Zweifelsfall Bescheid, wenn es fachmännische Hilfe braucht. In den Nachtschichten wird das besonders deutlich, da wird selten vom Chef interveniert. Die Arbeitskultur ist so hoch, dass auch ohne Aufseher gute Qualität produziert wird.

Der wichtigste Zweck der Abteilungsleiter ist denn auch nicht die Planung der Produktion selbst, sondern vielmehr die Straffung der „Arbeitsmoral“ und Intensivierung der Arbeit. Maximale Stückzahlen bei maximaler Qualität sind das um und auf. Doch die Planung der Produktion liegt wie gesagt meist eine Ebene darunter. Es sind Arbeiter („Angestellte“), wenn auch besser bezahlte, die Fehler der Chefetagen korrigieren und diese auf den Boden der Realität holen. Sie kommunizieren mit anderen Abteilungen, haben die Logistik der Abteilung im Blick und wären von ihrem Wissen her, wenn man sie ließe, auch in der Lage, die Rohmaterialien selbst zu organisieren.

Auch in den Büros unserer Firma, beispielsweise im Einkauf, gibt es genug Arbeiter, die ohne ihren Vorgesetzten und die Manager wissen was nötig ist, um die Firma am Laufen zu halten. Die Arbeitsteilung in jeder Fabrik, wie auch im Krankenhaus und der Infrastruktur, ist äußerst hoch, doch hängt an jedem arbeitenden Teil noch ein Chef, ein Manager, Abteilungsleiter, der darauf schaut, dass die Arbeit auch genug Kohle für die Eigentümer abwirft. Letztere sind im Übrigen weder planerisch noch körperlich für das Wohl der Firma tätig.

In Wirklichkeit ist es ein Wunder, dass Unternehmen (oder die ganze Wirtschaft) funktionieren können, wenn nicht die Produktion selbst das Interesse der Besitzer und Manager ist, sondern nur der Profit. Ist morgen der Profit zu niedrig, dann wird die Fabrik geschlossen. Gleichwohl, ob dort auch Dinge produziert werden könnten, an denen in der Gesellschaft Mangel herrscht.

(Funke Nr. 217/26.9.2023)


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