Sicherheitsdebatte. Nach dem großen Terroranschlag von Paris wurde von der Regierung ein neues Sicherheitspaket gegen terroristische Bedrohung beschlossen. Warum wir diese Aufrüstung der Polizei ablehnen sollten, begründet Sarah Ott.

Bereits unmittelbar nach den Anschlägen kündigten die Regierungen in ganz Europa „Sicherheitsoffensiven“ an. Auch in Österreich herrschte erhöhte Alarmbereitschaft. Die kleinformatigen Zeitungen versuchten Terrorangst herbeizuschreiben. Alle Parteien wollten ungeachtet ihrer sonstigen Konflikte geschlossen gegen den Extremismus auftreten und die „Demokratie“ verteidigen, aber ihre Antworten bestehen zum größten Teil lediglich in einer Verschärfung der Repression. Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP) witterte sofort Morgenluft und deponierte einmal mehr ihren Wunschkatalog: Von strengeren Grenzkontrollen und den Außengrenzen des Schengenraums, erhöhter Polizeipräsenz und einer neuen Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung war die Rede. Die SPÖ gab diesem Begehren weitgehend nach. Faymann sprach davon, dass aufgrund der terroristischen Drohungen alle Länder aufgefordert sind, die Polizei entsprechend auszustatten, was mit dem neuen Sicherheitspaket gewährleistet werden soll.

Dieses Paket für die Jahre 2015 bis 2018, das bis zu 290 Millionen Euro umfassen soll, beinhaltet sowohl Mittel für Personal (100 neue Spezialisten) und erhöhten Personaleinsatz sowie für mehr Ausrüstung (Schutzwesten, Waffen, Helme aber auch gepanzerte Fahrzeuge und technische Ausrüstung). Zusätzlich dazu soll es auch eine Flugbereitschaft rund um die Uhr geben, um Spezialeinsatzkräfte innerhalb von 2 Stunden an jeden Ort des Landes verlegen zu können. Ob dazu nun neue Hubschrauber gekauft oder die des Bundesheers verwendet werden können, wird noch diskutiert.

Faymann hat zwar im Zuge der Diskussion um das Sicherheitspaket auch auf die Bedeutung von Beschäftigungspolitik und Armutsbekämpfung verwiesen, in der Praxis gibt es für diese Bereiche aber kein zusätzliches Geld. Der eindeutige Fokus liegt auf einer Stärkung des Unterdrückungsapparats. Eine Politik, die jedoch die gesellschaftlichen Ursachen des Fundamentalismus und Terrorismus unangetastet lässt, muss zum Scheitern verurteilt sein.

Dieses Phänomen ist ein Nebenprodukt der kapitalistischen Weltordnung. Für Millionen Muslime auf der ganzen Welt bedeutet dieses System Armut, Ausbeutung, imperialistische Kriege, Rassismus und alle denkbaren Formen der Unterdrückung. Mangels einer sozialistischen Alternative fallen die Botschaften des islamischen Fundamentalismus teilweise auf einen fruchtbaren Boden. Es ist nicht nur die fehlende Perspektivlosigkeit, die migrantische Jugendliche hier plagt, sondern auch das Gefühl, dass der Imperialismus in Afghanistan, Syrien, im Irak ihresgleichen ein menschenwürdiges Leben unmöglich macht.

In der momentanen Debatte werden aber nur die Rechtfertigungen für die Einschränkung der Bürgerrechte und für einen neuerlichen „Krieg gegen den Terror“ geliefert, was erst recht dem Terrorismus neuen Nährboden gibt. Die Gesetzesverschärfungen und die angedachten Maßnahmen (Internierungslager für Dschihadisten, Verlust der Staatsbürgerschaft für alle, die in einer fremden militärischen Einheit mitkämpfen) können sehr leicht zum Einsatz gebracht werden, wenn es gegen den „inneren Feind“ gehen soll. Gerade die wachsende Antifa-Bewegung dient der Polizei regelmäßig zum Experimentierfeld, wo sie ihre neue Ausrüstung zum Einsatz bringen kann. Denken wir nur an den kreisenden Hubschrauber bei der letzten No Pegida-Demo in Wien. Und erst heuer wurde rund um die Proteste gegen den Akademikerball seitens der Polizei gegen das autonome Antifabündnis NOWKR wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermittelt. Der entsprechende Paragraph ist Teil der Anti-Terror-Gesetzgebung. Internationale Beispiele zeigen, dass solche Gesetze auch ohne weiteres gegen streikende ArbeiterInnen eingesetzt werden können. In einer zugespitzten Klassenkampfsituation, wo ArbeiterInnen für ihre Rechte auf die Straße gehen, werden sie schnell zu „Feinden der Nation“ erklärt. Und wir sollten nicht vergessen, dass in der Geschichte solche Gesetze, wie sie jetzt diskutiert und beschlossen werden, nicht zuletzt gegen die Arbeiterbewegung eingesetzt wurden.


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