Am Sonntag fand in Spielfeld eine Demonstration der rechtsextremen Identitären statt. Die „Offensive gegen Rechts Steiermark“ rief zur Gegendemonstration, unter dem Motto „Zäune und Rassismus lösen keine sozialen Probleme – gegen den rechten Aufmarsch“, auf. Die UnterstützerInnen von „Der Funke“ bildeten eine der größten organisierten Gruppen vor Ort. Natalie Ziermann berichtet.
Die Gegendemonstration startete am Bahnhof in Spielfeld unorganisiert und ging dann rasch und in Einzelgruppen in Richtung der Kundgebung der Identitären los. Während des langen Marsches zersplitterte sich der Demonstrationszug. Einige wurden von der Polizei ein paar Stunden lang eingekesselt, andere blockierten eine Straße, um die Identitären an ihrem Marsch zu hindern. Die Blockade verlief friedlich, bis die Rechten ihre Schlägertrupps vorschickten. Diese prügelten sich den Weg durch die AntifaschistInnen und verletzten dabei dutzende Menschen. Zudem übten die rechten Recken gezielte sexualisierte Gewalt auf Demonstrantinnen aus.
Erst nachdem die Identitären sich fertig durchgeprügelt hatten, griff die Polizei ein und sperrte die Linken vom Weg ab, um die Rechten ungehindert durchzulassen. Auf die Bitte, die Polizei möge doch die Rettung rufen, da es Verletzte gebe, antworteten die BeamtInnen: „Das ist nicht unsere Aufgabe.“ Nachdem die Verletzten selbst die Rettung angerufen hatten, wollte diese mit der Polizei sprechen. Diese weigerte sich, bis sich nach langen Diskussionen ein Polizist doch dazu bereit erklärte, mit der Rettung zu kommunizieren.
Auch sonst war die Polizeirepression an diesem Tag signifikant. Anzeigen gegen Rechte wurden nicht entgegengenommen, Flüchtlinge rassistisch beschimpft, Linke als „Zecken“ und Ähnliches bezeichnet. Zum Teil wurde von der Polizei auch offen Sympathie für die Identitären kundgetan. Der Höhepunkt fand am Abend am Spielfelder Bahnhof statt. Die DemoteilnehmerInnen hatten sich hier getroffen, um mit Zügen und Bussen nach Hause zu fahren, als sie erneut von den Rechten angegriffen wurden. Die Polizei griff erst ein, als ihnen bewusst wurde, dass die Rechten diesmal in der Unterzahl waren. Danach wurden sämtliche Linke festgehalten, um Identitätsfeststellungen zu machen. Alle wurden unter Generalverdacht gestellt, 80 Autos zerstört zu haben. Die Mediennachberichte der Demonstration konzentrierten sich natürlich auf die zerstörten Autos und nicht auf die verletzten AntifaschistInnen.
Spielfeld: Ein Dämpfer für die Linke
Viele linke Gruppen mobilisierten nur schwach oder gar nicht zur Gegendemonstration. KPÖ und SPÖ glänzten sogar durch vollkommene Abwesenheit, von ihren Jugendorganisationen waren nur einzelne AktivistInnen vor Ort. Dies hat politische Gründe, die vom KPÖ-Landtagsabgeordneten Werner Murgg in der letzten Woche so formuliert wurden: „Wer alle fünf Zwetschken beisammen habe, müsse wissen, dass ein Land seine Grenzen effektiv absichern müsse. Egal, ob mit oder ohne Zaun. Ein Staat ohne Grenzen ist ein Eunuchenstaat.“ Die Grazer Grünen kamen zwar angereist, machten aber nach der Demonstration eine Presseaussendung, in der sie sich von der gesamten Demonstration der AntifaschistInnen distanzierten und die Angriffe der Identitären auf linke AktivistInnen nicht einmal erwähnten. Hinzu kommt, dass es immer ein klares Bekenntnis von der „Offensive gegen Rechts Steiermark“ gab und gibt: „Von uns geht keine Gewalt aus“, was auch bei der Demonstration klar kommuniziert wurde. Die Grünen setzen mit ihrer Presseaussendung mehr auf Gerüchte als auf Fakten und spielen damit rechten HetzerInnen in die Hände.
Aufgrund der schwachen bzw. nicht vorhandenen Mobilisierung vieler linker Gruppen, besonders der Gruppen aus dem Umfeld der KPÖ (KSV, KJÖ) und SPÖ (SJ, VSSTÖ), wurde die Demonstration der „Offensive gegen Rechts“ durch die Initiative von der autonomen Antifa bestimmt. Die autonome Antifa, deren eigene Kundgebung zuvor von der Polizei untersagt worden war, hat sich im Vorfeld mit der OGR auf einen Aktionskonsens geeinigt. Dieser lautete, dass eine gemeinsame Demonstration sich auf die Demonstration der Identitären zubewegt und gemeinsam blockiert. Von Anfang an wurde dieser Aktionskonsens gebrochen: Kaum waren alle in Spielfeld angekommen, stürmte sie im Eiltempo allen voran einen Hügel hinauf. Damit konnte sich von Anfang an keine gemeinsame Demonstration formieren. Die Demonstration löste sich in den Weinbergen in Einzelgruppen auf und konnte nur schwer und unzureichend wieder zusammenfinden, um das ursprüngliche Ziel der Blockade des rechten Aufmarsches zu verfolgen.
Hätte man sich den Identitären gemeinsam und geschlossen in den Weg gestellt, hätte dieses Ziel wohl erreicht werden können, jedenfalls wären die Angriffe der Rechten zu verhindern oder zumindest zu vermindern gewesen. Die Aufsplitterung in kleine Gruppen führte jedoch dazu, dass AntifaschistInnen materiell geschwächt und unnötiger Gefahr ausgesetzt wurden.
Eine politische Klarstellung muss her: Die Jugendorganisationen der reformistischen Landtagsparteien müssen klären, ob sie die unklare Haltung ihrer Mutterparteien in der Flüchtlingsfrage zu ihrem Programm machen wollen oder nicht. In der Spielfelder Praxis hieß das, aus Parteiräson eher dazu zu tendieren, Nazis aufmarschieren zu lassen, als bei der Flüchtlingsfrage die vielbeschworene internationale Solidität mit den flüchtenden Menschen konkret mit Leben zu füllen. Wir sind der Überzeugung, dass das nicht dem Wunsch und Willen der großen Mehrheit von sozialistischer und kommunistischer Jugend entspricht.
Für die nächsten Demonstrationen muss klar sein, dass die rechte Härte, Brutalität und Entschlossenheit nicht zu unterschätzen sind. Ebenso muss es das Ziel sein, so viele Menschen wie möglich zu mobilisieren, um den Rechten erfolgreicher entgegentreten zu können. Eine selbstkritische Bilanz muss her: Wieso wurde der Spielfelder Aktionskonsens in Mobilisierung und in der Praxis vor Ort gebrochen? Auf dieser Basis gilt es, das Vertrauen und das gegenseitige Verständnis in der Linken soweit wieder herzustellen, dass die nächste Nazi-Versammlung zu einer klaren Niederlage für die extreme Rechte wird.