Ich bin zum ersten Mal politisch organisiert. Vor einem halben Jahr habe ich begonnen verschiedene Gruppen und Ideen abzutesten. Durch die Uni (BA Philosophie und Kunstwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität, dz. Studium Critical Studies an der Akademie für bildende Künste) war ich mit (Queer-)Feminismus und antirassistischer Theorie und Praxis vertraut. Aber da schien die Praxis einen stärkeren Fokus auf Journalismus und Community-Arbeit zu legen, worin ich weniger das Potential für eine Veränderung der bestehenden Verhältnisse sehe.

Ich besuchte einige politische Gruppen, bin aber dann quasi beim Funken „hängengeblieben“.

Ich wurde aktiv, weil ich unzufrieden bin mit der Art und Weise, wie diese Gesellschaft organisiert ist. Die schwarz-blaue Koalition hat sicher einiges dazu beigetragen, dass dieses vage Bauchgefühl konkret wurde. Aber auch privat fühlte ich ökonomischen Druck und stärkere Unsicherheit auf mir lasten. Als mein verarmter und verschuldeter Vater vor zwei Jahren einen Schlaganfall erlitt, musste ich Verantwortung für ihn übernehmen. Ansuchen um Therapien, um Pflegegeld, um eine Ausgleichszulage zur Pension, mobile Krankenpflege, Essen auf Rädern, Heizkostenzuschuss usw. Er kann nun wieder im Großen und Ganzen selbstständig leben. Trotzdem hängt meine Unabhängigkeit von sozialstaatlichen Maßnahmen ab und ich verfolge aufmerksam deren voranschreitenden Abbau.

Mein Vater hat mich auch in gewisser Hinsicht von Kindheit an politisch geprägt. Er war in den 1970er Jahren Kommunist geworden. Ich glaube aber, die KPÖ hat ihn enttäuscht. Er wandte sich vom Kommunismus ab und engagierte sich in den letzten Jahren bei den Grünen, Attac und der Bank für Gemeinwohl. Als Langzeitarbeitsloser gründete er eine Gewerkschaft für Arbeitslose. Themen wie Atheismus, Antiklerikalismus und Antifaschismus waren in meiner Kindheit und Jugend stets präsent. Wir besuchten z.B. jährlich die Befreiungsfeier des KZ Mauthausen, wo er immer viele weißhaarige, kettenrauchende Kommunisten kannte.

Ich finde halt am Marxismus cool, dass er mir die Werkzeuge gibt, Phänomene, die mich bewegen, zu verstehen. Dazu zählen Frauenunterdrückung, soziale Reproduktion und Produktion, die Finanzkrise, Spekulationsblasen, Rassismus, Flucht, Imperialismus. Ich muss mir nicht einen Bereich aussuchen, wo ich mich dann in einer NGO engagiere, sondern kann das System radikaler (im Sinne von grundsätzlicher) bekämpfen.

Es kommt mir fast etwas anmaßend vor, mich als Marxistin zu bezeichnen, aber im Funke bekomme ich die Möglichkeit intensiv theoretisch weiterzubilden.

Laura

(Funke Nr. 174/Juni 2018)


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