Wir veröffentlichen einen Bericht der KollegInnen der Pakistan Trade Union Defence Campaign (PTUDC) über ihre Arbeit im von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Multan.

Pakistan steht durch die jüngsten Überschwemmungen vor einer großen Katastrophe. Millionen von Menschen haben alles verloren. Die gesamte staatliche Infrastruktur ist zusammengebrochen. Diese Flut hat die Farce des kapitalistischen Systems in diesem Land schmerzhaft aufgezeigt. Die herrschende Klasse Pakistans ist verantwortlich für das unvorstellbare Ausmaß dieser Katastrophe.

Laut den Vereinten Nationen haben mehr als 3 Millionen Menschen noch überhaupt keine Hilfe erhalten, aber die tatsächliche Zahl liegt weitaus höher.
Im südlichen Punjab wurden Städte wie Jampur und Kot Addu absichtlich überflutet, um die Interessen von ein paar feudalen Großgrundbesitzern zu wahren. In Balutschistan wurde zum Schutz der Flugplätze, die unter der Kontrolle der US Streitkräfte stehen, 3 Städte überflutet.

In dieser Situation hat das gewerkschaftliche Solidaritätsnetzwerk »Pakistan Trade Union Defence Campaign« (PTUDC) eine „Revolutionäre Fluthilfs- und Protestkampagne“ ins Leben gerufen, um effiziente Hilfe zu leisten und um Widerstand gegen die kriminellen Handlungen der herrschenden Klassen organisieren zu können.

Hilfscamps

Die GenossInnen in der Region Multan haben Hilfscamps aufgebaut und Hilfsteams zusammengestellt, um Unterstützung für die Flutopfer zu leisten.

Unter anderen wurde ein Hilfscamp am Kreuzungspunkt Nishtar in Multan aufgebaut. Das Camp der PTUDC bekam dabei eine große Unterstützung von vielen fortschrittlichen Menschen aus den Gewerkschaften, von der Pakistanischen Volkspartei (Pakistan Peoples Party, kurz PPP), von Studierenden und intellektuellenvereinigungen. Neben Spenden- und Hilfsaktivitäten des Camps wurde auch ein Ort für Diskussionen geschaffen, um über die politischen und ideologischen Aspekte zu sprechen, die zu dieser Flutkatastrophe geführt haben. Den Menschen, die in die Camps kommen, wurden Flugblätter und andere marxistische Literatur bereitgestellt, um ihnen die wahre Ursache dieser Verwüstung zu erklären. Genosse Haider Abbas Gardezi, der Mitglied des nationalen Vorstands der PPP ist, besucht das Camp täglich zusammen mit anderen Genossen der PPP und nimmt neben den politischen Debatten auch unermüdlich und engagiert an den Hilfsaktivitäten teil.

Auch viele Gewerkschaften haben unser Camp in Multan unterstützt:

- Die Peoples Unity Gewerkschaft von Pakistan International Air Lines
- Die Gewerkschaften der Pakistan Telekommunikationsbranche (PTCL)
- Die Gewerkschaften der pakistanischen Bahn
- Die Hydro Union Gewerkschaft vom Entwicklungsamt für Wasser & Strom (WAPDA)
- Die Gewerkschaft von Sui Gas Pakistan

und viele andere.

Die Genossen der PTUDC und AktivistInnen aus diesen Gewerkschaften stehen an der Spitze der Spendensammlung für die Flutopfer.

Genosse Jam Sajjad, Nadeem Pascha, Anjum Saeed, Genosse Aslam, Tariq Chaudhary arbeiten auch Tag und Nacht um Spenden zu sammeln und in den Hilfskamps.

Neben ihrer Tätigkeit in den Camps, gehen die Genossen täglich in Gewerkschaftsbüros und auf Märkte, um Gelder und Hilfsgüter zu sammeln. Die Genossen verteilen Flugblätter und diskutieren im Zuge der Spendenkampagne politische Perspektiven mit den Menschen.

Genosse Anam, Genossin Aslam, Genosse Aqsa, Genosse Irtqa, Genosse Mahbloos, Genosse Rawal, Genosse Zeeshan und Genosse Imran besuchen verschiedene Bezirke in der Stadt Multan, um Gelder zu sammeln und um Literatur zu verteilen.

Unsere weiblichen Genossinnen legen in dieser Kampagne eine besondere bolschewistische Leidenschaft an den Tag. Die Genossinnen sind nicht nur vor Ort im Lager, wo sie Lebensmittel zubereiten, sie gehen auch in die Gewerkschaftsbüros und nehmen an den Marktbesuchen teil. [Anmerkung des Übersetzers: In Pakistan ist es durchaus unüblich, dass Frauen sich selbständig auf die Straße begeben und sich außerhalb familiärer Kreise aufhalten, ohne dabei von fremden Männern bedroht und schikaniert zu werden.]

Alleine durch das Camp in Multan werden 400 von der Flut betroffene Menschen mit Lebensmitteln und mit sauberem Trinkwasser versorgt. Auch Kleidung wird für Hunderte von Menschen bereitgestellt.

Medizinische Hilfscamps

In Suraj Miani Bund, einem der betroffenen Gebiete, wurde von der PTUDC eine frei zugängliche Klinik gegründet. Die ansässige Bevölkerung hat die Bemühungen der GenossInnen besonders gewürdigt und ihnen ein Haus zur Verfügung gestellt, um die Klinik aufzubauen.

Genosse Dr. Ahmad Arsalan, Genosse Zeeshan und Amir Latif sorgen nun täglich für die medizinische Grundversorgung von Hunderten von PatientInnen. Folgende Krankheiten werden dabei am häufigsten beobachtet und behandelt:

- Gastroenteritis und Durchfall
- Malaria
- Haut-und Augeninfektionen
- Infektion der Brüste
- Hals-, Nasen-, und Ohreninfektionen
- Fieber
- Verschiedene Form von Allergien
- Dehydration

Selbst unter diesen Umständen schröpft das kapitalistische System Gewinne aus dem Elend der Bevölkerung, medizinische Unternehmen nutzen diese Katastrophe um sich zu bereichern. Zur Zeit sterben viele Kinder, weil ihnen von unabhängigen Hilfsorganisationen abgelaufene Medikamente verabreicht werden. Die PTUDC konnte einige Fälle dieses großen Betrugs bereits aufdecken. Unsere Genossen erhalten Medikamente aus drei verschiedenen medizinischen Vorratslagern, aber als unsere Ärzte die abgelaufenen Medikamente entdeckt haben, sind sie sofort gegen diesen Skandal vorgegangen.
Wir haben es mit einer Verschwörung von Pharmakonzernen zusammen mit Regierungsbeamten und Ministern zu tun, wobei die Konzerne die abgelaufen Arzneimittel der Regierung für ihre Hilfslager verkaufen. Dies wird ihnen enorme Gewinne einbringen, aber Tausende von denen töten, die zuvor dem Tod durch die Flut entgangen sind. Dies ist das wahre Gesicht des Kapitalismus.
Aufbau der Verteilungsinfrastruktur

Die gesammelten Gelder werden direkt für die täglichen Lieferungen von Lebensmitteln und für sonstige Bedürfnisse in den betroffenen Gebieten verwendet. Wir konzentrieren uns gezielt dabei auf zwei Gebiete in der Nähe von Multan: Suraj Miani Akbar Shah Bund und Sher Shah Bund.

Die GenossInnen besuchen täglich die verschiedenen Standorte und bieten Hilfe für die betroffenen Menschen an. Dabei suchen die GenossInnen auch die politische Diskussion und thematisieren die Rolle der herrschenden Klasse und der Regierung, welche vielen Menschen bereits klar geworden ist. Ein großer Teil ihrer täglichen Arbeitszeit besteht im Überwinden von Schlamm und Hochwasser, um diese Menschen überhaupt erreichen zu können.

Neben der Bereitstellung von Hilfe für die vom Hochwasser betroffenen Gebiete im Umkreis von Multan, dient dieses Lager als Basislager für die Hilfslager in den Gebieten um D.G. Khan, Jampur, Rajanpur, Kot Addu und Layyah. Wegen dem Zusammenbruch der Infrastruktur in Folge der Überschwemmungen ist es schwierig, diese Gebiete mit Bus oder Bahn zu erreichen. Die GenossInnen in Multan sammeln Medikamente und Güter des täglichen Bedarf aus anderen Teilen des Landes und verteilen diese weiter. Erst kürzlich bekamen Genossen Medikamente im Wert von Rs. 1.000.000 aus unserem Camp in Karachi geliefert, und sie verteilten es in den anderen Städten und nach Kot Addu und DG Khan. Ebenfalls wurde eine Anlage zum Filtern von Wasser von Multan nach Kot Addu gebracht. Viele Gebrauchsgüter sowie revolutionäre Literatur wurden auch ausgeliefert.

Politische Kampagne

Die effektive und effiziente Kampagne der PTUDC inspiriert viele Gewerkschaften und PPP-AktivistInnen. Diese besuchen jetzt täglich unsere Lager und verlangen mehr Literatur.

Die Proteste, die die PTUDC gegen die Regierung und die herrschende Klasse organisiert hat, haben auch eine große Resonanz in der Bevölkerung von Multan erzielt. Die Studierendenorganisation Peoples Students Federation (PSF) und die Bewegung gegen Jugendarbeitslosigkeit Berozgar Nojwan Tehreek (BNT) haben viele Jugendliche für eine Teilnahme an dieser Kampagne gewonnen. Viele Frauen haben uns kontaktiert um zu erfahren, wie man der PTUDC beitreten kann.

Ziele

Wir versuchen noch mehr Menschen für diese Kampagne aufzustellen, versuchen noch mehr Menschen zu involvieren, Geld zu sammeln und unsere Infrastruktur in den von der Flut betroffenen Gebieten zu erweitern. In diesem Sinne planen wir demnächst die Errichtung einer weiteren Klinik im Gebiet um Sher Shah Bund.

Wir werden noch mehr Broschüren und revolutionäre Literatur veröffentlichen, um über die wahren Ursachen dieser Flut aufzuklären, die in diesem Ausmaß in Wirklichkeit von Menschenhand verursacht wurde. Auf diese Weise werden wir die Realität des kapitalistischen Systems entblößen, die nicht dazu in der Lage ist ein einziges Problem in diesem Land zu lösen, und wir werden aufzeigen, dass der einzige Weg vorwärts im Aufbau einer revolutionären Partei liegt, die dieses System durch eine sozialistische Revolution stürzt. In dieser Stunde der Zerstörung und Verwüstung streben wir mit revolutionärem Geist in Richtung dieses Ziels.

Geschrieben von Dr. Ahmad Arsalan, PTUDC (Übersetzung von Tom Dietrich).

Bitte senden Sie Spenden an:
Verein Gesellschaft und Politik
Konto.Nr.: 951-0255.76
BLZ: 15133 Oberbank
Kennwort: Flutopfer Pakistan

Fotogalerien:
Medical Relief Team for PTUDC flood campaign
PTUDC flood campaign
PTUDC flood relief campaign-2
PTUDC Medical Relief Mobile Camp - Sadiqabad
PTUDC flood relief campaign - 3
Revolutionary Flood Relief and Protest Campaign in Sindh


Terminaviso:
Am 10. Dezember wird es in Wien einen Solidaritätskonzert mit Gigs Buchinger für die Hilfs- und Protestkampagne der PTUDC geben. Nähere Infos folgen in Kürze...


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