Vom 2. bis 4. Mai fand in Berlin ein riesiger Kongress statt, organisiert von Linksjugend [’solid] und vom SDS, dem Studierendenverband der Linkspartei. Der Funke (Deutschland) war dabei.
Abschlussrede von Karin Schnetzinger (Mitglied des BundessprecherInnenrates der Linksjugend und Funke-Unterstützerin)
Insgesamt nahmen mehr als 1600 Besucher an den zahlreichen Veranstaltungen teil, die in den Räumlichkeiten der Humboldt- Universität abgehalten wurden. In fast 100 Diskussionsrunden und Seminaren wurden Themen wie der Vietnamkrieg, die Revolution in Frankreich im Mai ’68, Rudi Dutschke und die StudentInnenbewegung in Deutschland genauso behandelt wie aktuelle Fragen der Revolution in Venezuela oder der Irakkrieg.
Die Perspektive der überwältigenden Mehrheit der TeilnehmerInnen war dabei ganz klar antikapitalistisch, und es herrschte Einigkeit darüber, dass das heutige Gesellschaftssystem für Arbeitslosigkeit, Hunger und Krieg verantwortlich ist. Auch die zentrale Rolle der Universitäten und Schulen für die ideologische Festigung dieser Gesellschaft war in allen Diskussionen allgegenwärtig.
In einem Punkt stehen die Studentinnen und Studenten heute in krassem Gegensatz zur 68er Bewegung in Deutschland: Damals glaubten viele revolutionäre Jugendliche, dass die ArbeiterInnen das Interesse an der Revolution verloren hätten und „verbürgerlicht“ wären. Bei diesem Kongress war davon nichts zu spüren. Angesichts der vielen Streiks in Deutschland in der letzten Zeit, in der der Klassenkampf auflebt, ist das kaum verwunderlich.
Der Funke war das ganze Wochenende mit einem Stand am Kongress vertreten und wir versorgten viele KongressteilnehmerInnen mit unserer Zeitschrift, mit Broschüren und marxistischen Klassikern. Wir hatten auch Zeit, um mit vielen Kongressbesuchern über unser marxistisches Programm zu diskutieren. Wir brachten vielen die Idee der Verstaatlichung unter ArbeiterInnenkontrolle nahe und debattierten über die Zusammenführung aller sozialen Kämpfe, sowie über die Aufgabe der LINKEN. Wir erklärten anhand der Beispiele Telekom, BVG und Deutsche Bahn, dass nur durch Vergesellschaftung unter Kontrolle von Beschäftigten und Bevölkerung die Grundversorgung erhalten und ausgebaut werden kann. Marxistische Ideen und ihre konkrete Anwendung kamen auch deutlich zum Ausdruck in den Workshops der Genossen Pal Rana von der pakistanischen Sektion der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT), „The Struggle“, und Victor Taibo von der spanischen Schülergewerkschaft („Sindicato de Estudiantes“, SE) sowie in der Rede von Karin Schnetzinger, Bundessprecherin der Linksjugend [’solid], zum Abschluss des Kongresses (siehe unten).
Victor berichtete von den Erfahrungen der SE seit ihrer Gründung 1986 und betonte die Notwendigkeit, Bewegungen an den Schulen und Unis mit Arbeitskämpfen in den Betrieben zu verbinden. Nur gemeinsam mit den ArbeiterInnen können große Veränderungen im Bildungsbereich erkämpft werden, wie etwa in Spanien 1987 das Streikrecht für SchülerInnen. Zum Beispiel solidarisiert sich die SE aktuell mit streikenden Busfahrern in Barcelona und am ersten Streiktag war eine Delegation der Schüler- und Studierendengewerkschaft um vier Uhr morgens noch vor dem Betriebsrat im Busdepot, um eine Solidaritätserklärung zu überbringen und mit den Arbeitern zu diskutieren. Victor erklärte, dass die eigenen Forderungen und Ideen der SE, aufgrund der konsequenten Solidarität, in der Arbeiterbewegung sehr ernst genommen werden. Im April 2007, als ein großes Automobilzulieferwerk im Süden Spaniens geschlossen werden sollte, organisierten sie ein Treffen mit über 600 ArbeiterInnen und Studierenden der Region unter der Parole der Verstaatlichung des Werks unter ArbeiterInnenkontrolle. 2003 führte die SE eine riesige Demonstration gegen den Irakkrieg an, mit über einer Million Teilnehmern in 70 Städten.
Im Workshop zu Pakistan schilderte Pal die pakistanische Geschichte seit der Teilung Indiens im Jahr 1947. Er ging besonders auf die Revolution von 1968 und die Regierung der PPP (Pakistanische Volkspartei) ein, die zwar wichtige Reformen durchführte, aber den Staatsapparat unangetastet ließ. Der damalige Führer der PPP, Zulfiqar Ali Bhutto, erkannte selbst, allerdings zu spät, dass es notwendig gewesen wäre, die Revolution zu Ende zu führen und den Kapitalismus endgültig zu stürzen. Paul erklärte, dass Pakistan heute vor einem ähnlichen Ausbruch wie 1968 stehe. Nach der Ermordung von Benazir Bhutto, auf der die Hoffnungen der pakistanischen Massen ruhten, geriet das ganze Land außer Kontrolle. Millionen Menschen demonstrierten spontan auf den Straßen. Momentan hat sich die Lage beruhigt, weil die Leute abwarten, was die neue Regierung bringt. Die sozialen Widersprüche verschärfen sich jedoch ständig weiter und die Lebensmittelpreise sind auf einem Rekordhoch angelangt. Dazu kommen der Krieg in Afghanistan und der Druck der USA auf Pakistan, gegen die Taliban vorzugehen. Am Schluss berichtete Pal von der Arbeit der pakistanischen IMT-Sektion „The Struggle“, die in drei wichtigen Regionen mit einem revolutionären Programm mit eigenen Kandidaten zu den jüngsten Parlamentswahlen antrat.
Im Web:http://www.1968kongress.de