Von 7.-11.12. sprach Hubert Prevaud (CGT Airbus Toulouse und Redakteur von La Riposte) bei Veranstaltungen in Wien, Bregenz, Graz, Wels, Linz und Franking über die Protestbewegung gegen die Pensionsreform in Frankreich.

Die erste Station der Tour war Wien. In der ÖGB-Fachbuchhandlung präsentierten wir die „Denkzettel“. Mit rund 60 TeilnehmerInnen war der Saal gut gefüllt. Moderiert wurde die Diskussion von Helmut Dahmer, dem Trotzki-Experten im deutschsprachigen Raum und Herausgeber des Buches. Nach dessen Einleitung über die Folgen der gegenwärtigen Krise argumentierte Gernot Trausmuth (Funke) warum diese Auswahl von Trotzki-Schriften ganz wichtige Ansatzpunkte für die Erarbeitung einer marxistischen Methode zur Analyse der bürgerlichen Gesellschaft und zu ihrer revolutionären Überwindung liefert. Höhepunkt des Abends war dann aber das Referat von Genossen Hubert Prevaud.

Hubert legte sehr viel darauf zu zeigen, dass die Krise und die damit verbundene Explosion der Staatsverschuldung den Spielraum für eine Politik des Klassenkompromisses enorm eingeengt haben. Die herrschende Klasse ist fest entschlossen die Kosten der Krise auf die Lohnabhängigen und die Jugend abzuwälzen. Die Strategie der Gewerkschaftsführung in Frankreich war es durch eintägige Aktionstage die Erhöhung des Pensionsantrittsalters zu verhindern. Sie hofften, dass durch solche Großmobilisierungen Sarkozy verstehen würde, dass er mit seiner Politik gegen die Mehrheit der Bevölkerung regiert. Und tatsächlich unterstützten bis zu 70 Prozent die Protestbewegung. Gerade die aktive Teilnahme der Jugend an den Protesten zeigt, dass es hier nicht nur um Widerstand gegen eine konkrete Maßnahme des Sozialabbaus ging. Der Mangel an Lebensperspektiven angesichts hoher Jugendarbeitslosigkeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen erklärt, warum immer mehr Jugendliche dieses System grundlegend in Frage stellen.

Hubert erklärte sehr gut, dass die Gewerkschaftsbasis erkennen musste, dass ihre Führung keine Antworten gab auf die Frage, wie die rechte Regierung gestoppt werden kann. Daraus entstand eine Situation, wo in einer Vielzahl von Belegschaftsversammlungen die Basis Schritte zur Blockade der Schlüsselbereiche der Wirtschaft (Raffinerien, Häfen,...) setzte. Eine Dynamik Richtung unbefristetem Generalstreik entwickelte sich gegen den Willen der Gewerkschaftsführung. Die GenossInnen von La Riposte erklärten, dass ein unbefristeter Generalstreik das einzige Mittel ist, um diesen Kampf zu gewinnen.

Darüber hinaus betonten die MarxistInnen in der Bewegung aber auch, dass die Verteidigung der Lebensinteressen der Lohnabhängigen und der Jugend nur gelingen kann, wenn wir den Kapitalismus überwinden. Deshalb sind Forderungen nach Verstaatlichung der Banken und Konzerne unter Kontrolle der ArbeiterInnenklasse zentral, wobei die ArbeiterInnenklasse auch im Staat die Macht erobern muss. Diese grundlegenden Ideen des Sozialismus gilt es heute wieder in den Massenorganisationen der ArbeiterInnenbewegung mehrheitsfähig zu machen. Darin sehen die MarxistInnen heute ihre zentrale Aufgabe.

Bei allen Veranstaltungen im Laufe der Woche lösten diese Analysen eine Debatte über die Rolle der Gewerkschaft und die Methoden des Klassenkampfes aus.

Weiter ging es in Bregenz, wo die SJ Vorarlberg am Feiertag im ÖGB-Saal eine Veranstaltung zu Frankreich organisierte. 30 SJlerInnen, davon die Hälfte Lehrlinge, PolyschülerInnen und junge ArbeiterInnen, diskutierten mit Hubert über die Lehren des Klassenkampfs in Frankreich. Für alle war klar, dass diese internationalen Erfahrungen entscheidend sind für den Aufbau einer starken klassenkämpferischen Linken in Österreich. In der Diskussion ging es nicht zuletzt um die Frage, wie wir in Österreich uns verstärkt in Betrieben verankern können.

Am darauf folgenden Tag lud der Bildungsverein der KPÖ Steiermark in Graz zu einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung mit Hubert Prevaud, Klaus Breuss (ÖGB Steiermark) und Robert Krotzer (KJÖ). Rund 25 GenossInnen v.a. aus der KPÖ/KJÖ Graz waren ins Volkshaus gekommen um an dieser äußerst spannenden Debatte teilzunehmen. Über drei Stunden dauerte die Diskussion und drehte sich v.a. um die Frage, welche Rolle die Gewerkschaften im Kampf gegen Sparpakete spielen sollten. Kollege Breuss sprach sich zwar auch für einen kämpferischeren Kurs aus, warb jedoch auch um Verständnis für die Sozialpartnerschaft, weil diese jene KollegInnen, die nicht so leicht kämpfen können, zugute käme. Dafür erntete er heftige Kritik aus dem Publikum. Ein Kollege wollte von Hubert wissen, warum er in der KPF aktiv sei, obwohl diese doch in einer schweren Krise sei. Hubert erklärte sehr treffend, dass die KPF noch immer über große Reserven in der Gesellschaft im Allgemeinen und unter den GewerkschaftsaktivistInnen (v.a. der CGT) im Besonderen verfügt. Die französische Geschichte hat mehrfach schon gezeigt, dass in revolutionären Aufschwüngen die KP aus dem Nichts wieder zu einer Massenpartei werden konnte. Dem gegenüber hat sich schon in der jüngsten Bewegung gezeigt, dass kleinere, linke Organisationen wie die NPA oder Lutte Ouvriere, die über eine geringere Verankerung in der Klasse verfügen, keine Rolle spielen konnten. Auf die Frage, ob wir in Österreich nicht auch Richtungsgewerkschaften statt einer Einheitsgewerkschaft bräuchten, meinte Hubert, dass wir nicht den Fehler machen sollten die Gewerkschaften in Ländern wie Frankreich zu idealisieren. Auch dort existiert eine Gewerkschaftsbürokratie, die voll auf Verhandlungen mit Regierung und Kapital setzt und nicht kämpfen will. Der Schlüssel zur Lösung der Gewerkschaftsfrage liege nicht in der Spaltung der Gewerkschaften sondern im Kampf um die Demokratisierung der Gewerkschaften.
Die Diskussion wurde mit dem Singen der „Internationale“ beschlossen. Nachher wurde noch bis tief in die Nacht weiter diskutiert. Diese Veranstaltung war ein wichtiger Schritt zum Aufbau einer marxistischen Strömung in der steirischen ArbeiterInnenbewegung.

Am folgenden Tag ging es weiter nach Oberösterreich. Kurzfristig erhielten wir noch die Möglichkeit auf Einladung der SJ auch in Wels eine kleinere Veranstaltung abzuhalten. Anwesend waren neben Aktivisten der AKS, die am 19.11. einen sehr erfolgreichen Schulstreik gegen das Sparpaket der Bundesregierung organisiert hatten, auch der Zentralbetriebsrat bei der ÖBB in Wels und der Sekretär des ÖGB. Leider war die Zeit zu knapp, um alle Fragen nach dem Referat von Hubert ausführlich zu diskutieren. Aber wir hoffen, dass durch diese Veranstaltung ein kleiner Beitrag geleistet wurde, um in dieser wichtigen Industriestaat eine starke Linke in der ArbeiterInnenbewegung aufzubauen.

In Linz organisierte der „Funke“ eine Veranstaltung mit Genossen Prevaud. Über 20 GenossInnen kamen in das Funke-Büro in der Rudolfstraße, das bis auf den letzten Platz gefüllt war. Darunter auch AktivistInnen aus der SJ, der SPÖ-Linke und eine Betriebsrätin von Promente. Eine perfekte politische Vorbereitung auf den Arbeitskampf der Belegschaften von Promente und Exit Sozial gegen Budgetkürzungen und Kündigungen.

Die Tour endete mit einem Referat im Rahmen des Seminars der GPA-djp-Jugend Salzburg im oberösterreichischen Franking. Auch hier löste der Vortrag von Genossen Hubert eine rege Diskussion über Gewerkschaftsarbeit in der Krise aus.

Wir möchten uns auf diesem Weg bei allen Mitveranstaltern und unterstützenden Organisationen für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ein weiteres Danke gilt den ÜbersetzerInnen, die einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Veranstaltungen leisteten.

Die Erfahrungen unserer KollegInnen in anderen Ländern wie Frankreich in den Klassenkämpfen der vergangenen Monate liefern wertvolle Ansätze für all jene von uns, die ihre Aufgabe darin sehen die österreichische ArbeiterInnenbewegung angesichts der aktuellen und in den letzten Jahren noch drohenden Spar- und Belastungspakete wieder zu einem Kampfinstrument zu machen. Die Debatten mit Genossen Hubert Prevaud brachten uns dabei einen großen Schritt weiter.


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