Vor kurzem fand in Wien ein bundesweites Treffen der UnterstützerInnen der marxistischen Funke-Strömung statt. Über zwei Tage diskutierten an die 70 SJlerInnen, JugendaktivistInnen und GewerkschafterInnen die Perspektiven des internationalen und österreichischen Klassenkampfs. Außerdem wurde Bilanz über die Arbeit im letzten Jahr gezogen und die künftigen Schritte zum Aufbau einer starken marxistischen Strömung in der ArbeiterInnenbewegung und der Jugend diskutiert.

Den Beginn machte Jordi Martorell, der als Vertreter der International Marxist Tendency (IMT) an dem Treffen teilnahm. Er referierte über Weltperspektiven mit einem speziellen Schwerpunkt auf die revolutionären Prozesse in Lateinamerika.

Er zeigte wie im „Hinterhof“ der stärksten imperialistischen Macht eine neue politische Alternative entsteht. Die USA sind derzeit außerstande dem Linksruck in Lateinamerika Einhalt zu gebieten. Frei nach Trotzki ist der US-Imperialismus ein Riese, der auf tönernen Beinen steht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass die Bush-Administration den „Krieg gegen den Terror“ nicht gewinnen kann. Ähnlich wie Präsident Nixon am Ende seiner Amtszeit auch gegen die Interessen der herrschenden Klasse in den USA gehandelt und somit eine schwere Niederlage in Südostasien zu verantworten hatte, so manövriert Bush derzeit die USA durch sein Beharren auf seinem "Antiterrorkurs" in eine Krise, deren Ausmaß derzeit noch gar nicht abzuschätzen ist. Dies gilt für den Konflikt im Irak, der zusehends die gesamte Region einschließlich Teile Afrikas destabilisiert. Dies gilt auch für den Krieg in Afghanistan. Dazu kommt, dass über der Weltwirtschaft, angesichts der Erschütterungen an den internationalen Börsen, so wie der Krisenerscheinungen am US-Immobilienmarkt und auch in der chinesischen Ökonomie, ein Damoklesschwert hängt.

Jordi zeichnete ein sehr anschauliches Bild, wie der gesamte lateinamerikanische Kontinent mehr und mehr von einem revolutionären Prozess erfasst wird. Zentral für den weiteren Verlauf dieses Prozesses ist aber die Entwicklung in Venezuela, wo sich die Revolution in den letzten Wochen und Monaten enorm radikalisiert hat und die Überwindung des Kapitalismus möglich ist.

In der folgenden Diskussion gab es neben Fragen zu Lateinamerika vor allem Wortbeiträge zur Klassenkampfsituation in Europa und zum Zustand der europäischen ArbeiterInnenbewegung.

Den nächsten Tagesordnungspunkt zu den Perspektiven des österreichischen Klassenkampfs leitete Gernot Trausmuth von der Funke-Redaktion ein. Er konzentrierte sich vor allem auf die Lage der ArbeiterInnenbewegung nach der Nationalratswahl im Oktober 2006 und der Bildung einer Großen Koalition und stellte das neue Perspektivendokument der Funke-Strömung vor.

In der Diskussion gab es eine Reihe von vertiefenden Wortmeldungen zur Rolle des österreichischen Imperialismus, zur Position der SJ, zum Zustand der Gewerkschaftsbewegung nach dem ÖGB-„Reformprozess“ und allgemein den Charakter des Prozesses, in dem wir uns nun befinden.

Aufbauend darauf zog Josef Falkinger Bilanz über das letzte Jahr und legte die Schwerpunkte unserer Arbeit in der kommenden Periode dar. Das letzte Jahr stellte in vielerlei Hinsicht einen Durchbruch für die Entwicklung unserer Strömung dar. Die Zahl unserer UnterstützerInnen ist heute deutlich höher als noch vor einem Jahr, wir konnten eine Reihe wichtiger Arbeitsbereiche entwickeln und wir haben es geschafft in neuen Regionen den Keim einer marxistischen Strömung zu legen. Ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit war im letzten Jahr die Solidaritätskampagne mit der lateinamerikanischen Revolution. Höhepunkt dieser Arbeit war unsere Veranstaltungsreihe mit revolutionären Gewerkschafts- und JugendaktivistInnen aus Venezuela sowie die Großveranstaltung in der Arena mit Hugo Chávez rund um den Alternativas-Gipfel. Vor allem die Veranstaltung mit Chávez ist als gewaltiger politischer Sieg zu werten, weil die Organisierung dieses Events nur gegen den erbitterten Widerstand aller nur erdenklichen politischen Gegner möglich war.

Weit weniger spektakulär, aber ebenfalls von großem politischem Wert, war die Tatsache, dass wir unsere Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit wieder auf eine solide Basis gestellt haben. Vor allem mit der Initiative zur Gründung von Betriebsgruppen, zur Demokratisierung von Gewerkschaftsgruppen und Belegschaftsvertretungen, in denen wir präsent sind, und zur Vernetzung klassenkämpferischer BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen rund um die Kampagne „Wir sind ÖGB“ haben wir die Basis gelegt für eine erste Verankerung in wichtigen Bereichen der ArbeiterInnenklasse.

Ein Großteil unserer UnterstützerInnen ist heute in der Sozialistischen Jugend (SJ) aktiv. In Vorarlberg haben wir es ausgehend von der Antifa-Kampagne vor zwei Jahren geschafft eine starke, lebendige und in der Öffentlichkeit extrem präsente Landesorganisation aufzubauen. Auf dieser Basis gelang es auch die politische Linie der SJ im letzten Jahr maßgeblich mitzugestalten. Die Kampagne der SJ für eine SP-Minderheitsregierung und gegen die Bildung einer Großen Koalition sind nicht zuletzt auf unsere Initiative zurückzuführen. Die vereinzelten bürokratischen Angriffe auf unsere Strömung (wie im Falle des Putschs in der SJ Wien/Floridsdorf) haben ihr Ziel jedenfalls verfehlt. Solange sich unsere Ideen, Perspektiven und Methoden als korrekt erweisen, kann man die Funke-Strömung nicht aus der SJ eliminieren – schon gar nicht mit bürokratischen Mitteln. Dass bei diesem Treffen auch SJ-AktivistInnen aus Gruppen, wo wir bisher nicht präsent waren, anwesend waren, hat gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir werden in der kommenden Periode mehr denn je unseren Beitrag zum Aufbau einer starken marxistischen SJ mit lebendigen, politisch aktiven Basisstrukturen leisten. Die derzeitige Antifa-Kampagne in Oberösterreich und Vorarlberg ist ein Beispiel dafür. Die Arbeit der SJ Alsergrund auf der Uni Wien rund um das Thema der lateinamerikanischen Revolution ein anderes.

Auch in Floridsdorf haben die GenossInnen ein intensives Programm, mit dem wir uns in diesem wichtigen Wiener Arbeiterbezirk als die politische Kraft in der Jugend etablieren wollen. Volle Unterstützung gibt es auch für den Aufbau der SJ Favoriten und anderer SJ-Gruppen, in denen AktivistInnen des Funke aktiv sind. In diesen SJ-Gruppen wollen wir auch ein Beispiel dafür liefern, wie Lehrlinge und junge ArbeitnehmerInnen organisiert werden können.

Bei unserem letztjährigen bundesweiten Treffen haben wir die Devise ausgegeben alle Bereiche unserer Arbeit zu systematisieren. Angesichts der Größe unserer Strömung kommen wir mit Handwerklerei nicht mehr weiter. Kampagnen und Veranstaltungen von der Dimension der Veranstaltung mit Hugo Chávez oder unsere bundesweiten Seminare sowie unsere gesamte Publikationstätigkeit sind nur durchführbar und finanzierbar, wenn es uns gelingt professionell und strukturiert zu arbeiten. Die Tatsache, dass wir nun in Wien über eigene Räumlichkeiten verfügen und ein Team von GenossInnen haben, die sich voll auf die politische Arbeit konzentrieren können, erleichtern diese Arbeit enorm.
Wie ein Aktivist in der Diskussion richtig meinte, wird die gemeinsame Klammer unserer Arbeit als Strömung in diesem Jahr hauptsächlich „die Revolution“ sein. In Österreich ist diese zwar nicht zu erwarten (siehe unser Perspektiv-Dokument), doch wir wollen mit unseren Publikationen und Veranstaltungen diesen Prozess möglichst gut verfolgen und darüber in Österreich berichten. Gleichzeitig jährt sich heuer zum 90. Mal die Russische Revolution von 1917. Rund um dieses Thema soll es im Herbst eine Reihe von politischen und kulturellen Veranstaltungen geben, bei denen wir die enorme Bedeutung der Russischen Revolution herausstreichen wollen.

Abgerundet wird unsere Publikationstätigkeit durch einen neuen Titel aus unserer Theoriereihe „Aufstand der Vernunft“ zum Thema Geschlechterverhältnis – Frauenunterdrückung - Frauenbefreiung sowie durch die Weiterführung unserer „Marxistischen Bildungsreihe“, von der im Monatsrhythmus neue Broschüren erscheinen werden, mit denen unsere Schulungstätigkeit angekurbelt werden wird.

Besonders Augenmerk wollen wir in den nächsten Monat vor allem auf die Schulung der Genossinnen in unserer Strömung legen. Zur Erreichung dieses Ziels wurde ein eigener Maßnahmenkatalog beschlossen.

Ein Höhepunkt des Treffens war mit Sicherheit der Bericht von Jordi Martorell über die Arbeit der marxistischen Strömung in anderen Ländern. Gleichzeitig zu unserem Treffen hielten die pakistanischen MarxistInnen von „The Struggle“ ihren Kongress ab. „The Struggle“ spielt heute in allen wichtigen Bewegungen und Arbeitskämpfen eine wichtige Rolle – egal ob es gegen Jugendarbeitslosigkeit, gegen die Privatisierung der Stahlindustrie, gegen nationale Unterdrückung oder gegen das politische Versagen des Regimes nach dem Erdbeben 2005 geht. Vor allem im Kashmir, einer traditionellen Hochburg islamisch-fundamentalistischer und nationalistischer Gruppen, haben diese GenossInnen es geschafft zu einer Kraft mit Masseneinfluss zu werden.

Jordi konzentrierte sich jedoch vor allem auf die Arbeit der IMT in Lateinamerika. In Mexiko haben die GenossInnen von „El Militante“ eine beispielhafte Arbeit in den Massenprotesten gegen den Wahlbetrug und in der Kommune von Oaxaca an den Tag gelegt. Es ist kein Zufall, dass die „El Militante“-Strömung heute sowohl in Oaxaca wie auch an den Unis in Mexico City Zielscheibe schwerer staatlicher Repression sind. Während die IMT vor einige Jahren in Lateinamerika außerhalb Mexikos keine Basis hatte, so konnten mittlerweile in Argentinien, Peru, Ekuador und in Venezuela Gruppen aufgebaut werden. In Brasilien und mehreren mittel- und südamerikanischen Ländern gibt es die Chance ganze Gruppen, die teilweise über sehr großen politischen Einfluss in der ArbeiterInnen- und Jugendbewegung verfügen, in die IMT zu integrieren. In Venezuela ist die CMR zwar noch immer eine relativ kleine Organisation von mehreren dutzend AktivistInnen, die jedoch vor allem in der Bewegung der besetzten Betrieben über eine enorme politische Autorität verfügen. Überhaupt muss gesagt werden, dass durch die Arbeit der von der IMT initiierten Kampagne „Hände weg von Venezuela“ in vielen Ländern (USA, Kanada, Britannien, Belgien usw.) wichtige Schritte zum Aufbau einer starken internationalen marxistischen Tendenz gelegt werden konnten.

Dieser Bericht machte den TeilnehmerInnen an dem Treffen deutlich, dass wir alle einen gemeinsamen Kampf führen – egal ob in Wien oder Vorarlberg, ob in Mailand, in Oaxaca oder in Lahore. Große Begeisterung lösten auch die Berichte von anwesenden Gästen aus der Schweiz und aus Kroatien aus. In den kommenden Wochen werden wir nach einem langen Diskussionsprozess sogar die Grundlage für den Aufbau des Funke in der Schweiz gelegt haben. Zum 1. Mai wird die erste Ausgabe einer Schweizer Ausgabe des „Funke“ erscheinen.

Ein wichtiges Element unserer Arbeit ist, dass wir uns selbst finanzieren. Diese gute Tradition der ArbeiterInnenbewegung ist heute kaum noch wo anzutreffen. Umso stolzer sind wir auf unsere Methoden zur Finanzierung unserer Strömung, welche die einzige Garantie für unsere politische Unabhängigkeit darstellen.

Am zweiten Tag wurde noch die Arbeit der Redaktion und die Zukunft unseres Zeitungsprojekts besprochen. Auch in diesem Bereich sind wir gerade dabei die Arbeit zu professionalisieren. Dies gilt sowohl für das Vertriebswesen, das vor allem von der politischen Aktivität unserer UnterstützerInnen abhängig ist, wie auch für die Arbeitsweise der Redaktion und die technische Produktion der Zeitung. In Zukunft sollen noch mehr GenossInnen als bisher in die inhaltliche Arbeit an der Zeitung eingebunden werden, ein eigenes Team erstellt derzeit ein neues Layout, das bei der nächsten Ausgabe zum 1. Mai eingesetzt werden soll.

Zum Abschluss gab es einen ausführlichen Finanzbericht unseres Finanzverantwortlichen und eine Diskussion über die Methoden der Selbstfinanzierung. Auf dem Treffen wurde auch ein neues Redaktionskomitee gewählt.

Dieses Treffen war der abschließende Höhepunkt einer breiten, demokratischen und kollektiven Debatte zu den politischen Perspektiven und zentralen organisatorischen Fragen. Die Diskussionen und Beschlüsse dieses Treffens legen die Basis für den weiteren Aufbau einer starken marxistischen Strömung in der ArbeiterInnen- und Jugendbewegung in Österreich und international. Das Motto des Treffens lautete „Auf den Schultern von GigantInnen“. Gemeint sind damit jene Genossinnen und Genossen, jene marxistischen KlassikerInnen, die mit ihren Beiträgen in Theorie und Praxis den Marxismus zu einem unerlässlichen Instrument für alle jene gemacht haben, um diese Welt zu verstehen und vor allem um sie zu verändern. Die TeilnehmerInnen an diesem Treffen haben dieses Wochenende genutzt um auf der Grundlage dieser marxistischen Methoden eine über den eigenen Bereich hinausgehende Perspektive und ein Verständnis von der eigenen politischen Arbeit als Teil eines gemeinsamen Projekts, das in seiner Gesamtheit weit mehr als seine Einzelteile ist, zu entwickeln. Dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass der „Funke“ auch in Zukunft mehr bleibt als nur eine linke Zeitung.

Wir laden alle unsere LeserInnen aktiv zu werden uns mit uns eine starke marxistische Strömung aufzubauen.


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