Ein Interview mit Karin Schnetzinger, Mitglied des neuen BundessprecherInnenrates der Linksjugend ['solid]. Karin Schnetzinger war früher in Linz in der SJ Römerberg aktiv und lebt nun in Berlin. Sie ist außerdem eine Unterstützerin der marxistischen Funke-Strömung in Deutschland.

Funke: Vom 18. -20. Mai hat sich der neue Jugendverband der Linkspartei aus ['solid], der WASG Jugend Links!WASGeht und der Jungen Linken gegründet. Was sind deiner Meinung nach die Perspektiven eines gemeinsamen linken Jugendverbandes?

Karin: Diese Vereinigung ist auf jeden Fall positiv zu bewerten. Der Jugendverband ist damit bundesweit aktiv und kann auf einen Mitgliederstamm von ca. 8000 jungen Menschen verweisen, sowie geschätzte 3000 AktivistInnen. Besonders im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Linkspartei eröffnen sich da Möglichkeiten, die keine der drei sogenannten Quellorganisationen vorher hatte. Es besteht die Perspektive, dass dieser Verband zu einem Massenjugendverband wird und tatsächlich etwas bewegen können wird.

F.: Welche politische Rolle spielen die einzelnen Quellströmungen im neuen Jugendverband?

K.: Es gibt da zum einen die Junge Linke, die bisher das Modell eines Parteijugendverbandes darstellte. In ihren Reihen gibt es antideutsche und auch klare reformistische Positionen. Die AktivistInnen der bisherigen WASG-Strukturen haben ihre Wurzeln vor allem auch in der Gewerkschaftsjugend und bringen damit eine klare gewerkschaftliche Perspektive und die meines Erachtens wichtige Orientierung auf ArbeiterInnenjugendliche mit. Die größte Quellströmung stellt ['solid] dar, die einen großen AktivistInnenstamm hat und klar antikapitalistisch ausgerichtet ist. Diese Struktur sieht sich als bewegungsorientiert und bringt aus dieser Ausrichtung wichtige und sehr demokratische Strukturen mit ein. Der Parteienbezug ist weniger klar. Große Teile von ['solid] haben zwar eine sozialistische Perspektive, doch sind diese Ideen wenig ausdifferenziert.

F.: Wie ist das Verhältnis des Jugendverbandes zur Linkspartei?

K.: Das war einer der am umstrittensten Punkte an diesem Wochenende. Im Endeffekt hat man sich auf eine Kompromisslösung einigen können, die zwar einen Parteienbezug beinhaltet, aber klarstellt, dass die Linksjugend ['solid] keine Parteijugend ist. Alle Mitglieder der künftigen Linkspartei unter 35 sind zwar automatisch Mitglieder des Jugendverbandes, allerdings nur passiv. Diese passive Mitgliedschaft kann jedoch jederzeit in eine aktive umgewandelt werden.

F.: Was sind die Perspektiven des Protests gegen den bevorstehenden G8-Gipfel und wie beteiligt sich der Jugendverband daran?

K.: Es wird eine breite Mobilisierung gegen diesen Gipfel stattfinden. Nicht zuletzt durch die Razzien Anfang Mai und die Diskussion um die möglichen Festnahmen „auf Verdacht“ bzw. von Gipfelgegnern genommene Geruchsproben gibt es eine breite Stimmung in Deutschland für die Verteidigung des Demonstrationsrechts und gegen dieses Treffen der mächtigsten Politiker der Erde. Der neue Jugendverband wird sich an der internationalen Demonstration in Rostock am 2. Juni beteiligen, und auch am Barrio Junirevolte die ganze darauffolgende Woche. Außerdem gab es eine breit angelegte Mobilisierungskampagne mit CDs „Mucke gegen G8“. Die Linksjugend ['solid] wird sich auch an den Gipfelblockaden beteiligen.

F.: Siehst du eine Möglichkeit den G8-Gipfel wirklich zu verhindern oder zumindest massiv zu stören?

K.: Die Möglichkeiten der Blockaden werden gerade aufgrund des fast schon militärisch geplanten Polizeiaufgebots wenig Chancen haben tatsächlich etwas auszurichten. Aber sie zeigen dennoch, genauso wie die Großdemonstration den Widerstand einer großen Masse gegen die Politik der G8. Eine tatsächliche Chance massiv zu stören haben allerdings z.B. die streikenden Kolleginnen und Kollegen der Telekom, die seit Beginn des Streiks auch keine Telefonkabel in Heiligendamm mehr verlegen. Hier versucht die Konzernleitung gerade die MitarbeiterInnen dazu zu bringen aufgrund von Notdienstvereinbarungen doch weiterzuarbeiten. Ein solcher Gipfel stellt jedoch keinesfalls eine Notsituation dar.
Zum Telekomstreik gab es auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Berlin auch einen Dringlichkeitsantrag, in dem sich die Delegierten solidarisch mit den Streikenden erklärten. Wir bereiten als BundessprecherInnenrat gerade eine Solidaritätserklärung und mögliche Aktivitäten in dieser Frage vor.

F.: Was sind deine Ziele als neue Bundessprecherin des Jugendverbandes? Wie wirst du dich programmatisch einbringen?

K.: Mein wichtigstes Ziel wird sein, die linke Mehrheit dieses Verbandes zu verteidigen und auch programmatisch zu stärken. Es wird notwendig sein klare sozialistische Perspektiven und Forderungen aufzustellen.
Daneben werde ich mich vor allem auch auf dem Gebiet von Arbeitskämpfen und Internationalismus einbringen, da bin ich allerdings nicht die Einzige, die das vor hat, was dafür spricht, dass wir in diesen Bereichen äußerst aktiv sein werden.


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