Über 300 SJlerInnen und linke SozialdemokratInnen nahmen an der Auftaktveranstaltung zur „Denkfabrik“ statt. Ein starkes Zeichen, welches Potential es für den Aufbau einer starken SPÖ-Linken gibt.

Das Theater im Rabenhof war bis auf den letzten Platz gefüllt mit GenossInnen aus der SJ, von der ISP, der FSG und der SPÖ-Linke. Am Podium saß ein gutes Dutzend an „ProponentInnen“, die die einzelnen Denkfabriken zu Themen wie Soziales, Frauen, Internationales, Bildung usw. leiten werden. Darunter der ehemalige Sozialminister Erwin Buchinger, der in den letzten Wochen mehrfach in der Öffentlichkeit einen Linksruck der SPÖ gefordert und sich offen für die SPÖ-Linke positioniert hat, Barbara Blaha, die ehemalige VSStÖ-Vorsitzende, Kurt Flecker von der SPÖ Steiermark u.a.

SJÖ-Vorsitzende Moitzi legte in seinem Einleitungsstatement die Tiefe der Krise der Sozialdemokratie offen. Die „Denkfabrik“ sei der Versuch neue Ideen zu diskutieren, um die Zukunft der Sozialdemokratie zu sichern. Genosse Moitzi zitierte zum Abschluss seiner Rede noch den Gründervater des italienischen Kommunismus Antonio Gramsci: „Bildet Euch, denn wir brauchen all Eure Klugheit. Bewegt Euch, denn wir brauchen Eure ganze Begeisterung. Organisiert Euch, denn wir brauchen Eure ganze Kraft.“ Diesem Leitspruch der von Gramsci redigierten Zeitung Ordine Nuovo aus dem Jahr 1919 ist nicht viel hinzuzufügen. Dies ist sicher ein Fortschritt gegenüber der bisherigen Position der SJÖ-Spitze, die es bislang ablehnte die Linke in der SPÖ zu organisieren und dies sogar als Ding der Unmöglichkeit darzustellen versuchte. Was Genosse Moitzi jedoch schuldig blieb, war die Antwort, wie man sich in der „Denkfabrik“ organisieren könne und was das bedeute. Das ganze Konzept der „Denkfabrik“ reduziert sich bisweilen darauf, einen Diskussionsprozess in der SPÖ in Gang zu setzen, in dem linke Ideen in der Partei wieder mehrheitsfähig gemacht werden sollen. Das ist mal nicht schlecht, offen bleibt aber wie dies geschehen soll. Den Mangel an Antworten auf diese Frage bemängelten viele TeilnehmerInnen. Das Wort „Denkfabrik“ (engl. Thinktank) legt natürlich den Schluss nahe, dass es darum geht die jetzige Führung von linkeren Ideen zu überzeugen, weil diese doch auch ein Eigeninteresse an einem Kurswechsel haben müsste. Wären doch linke Ideen der Garant, um in Zukunft Wahlniederlagen zu verhindern.

Die Frage stellt sich natürlich, ob es tatsächlich erst eines langwierigen Diskussionsprozesses bedarf, um die „neuen Ideen“ zu entwickeln. Sehr leicht könnte solch ein Projekt Gefahr laufen, zu einer reinen Beschäftigungstherapie zu werden, wo Kräfte gebunden werden, die wir für den realen politischen Kampf in der Sozialdemokratie und vor allem gegen den Klassengegner brauchen. Aufgabe der SJ wäre es in der Situation vielmehr ein Aktionsprogramm gegen Sozialabbau und für Umverteilung, gegen Arbeitslosigkeit und Prekarisierung, für eine sozialistische Bildungsreform, gegen Rassismus vorzuschlagen, rund um das der politische Kampf geführt werden könnte. Da blieb Genosse Moitzi leider viel schuldig.

Was aber noch schlimmer wiegt, ist die Tatsache, dass dann einem Robert Misik die Bühne überlassen wird, um ein solches politisches Konzept in Grundzügen zu formulieren. Misik gilt als einer der linken Paradeintellektuellen, der auch mit viel Witz und Scharfsinn die Schwächen der Sozialdemokratie offenlegt. Das tat er in gekonnter Manier auch bei seinem Auftritt im Rabenhof. Die programmatische Alternative, die er präsentierte, ist aber alles andere als eine sozialistische. Er spricht gar nicht davon, dass die SPÖ ihr Programm großartig ändern müsse, vielmehr müsse sie in erster Linie wieder ihre Glaubwürdigkeit als Befürworterin des sozialen Ausgleichs in der Gesellschaft herstellen. Dabei könne sie durchaus darauf verweisen, dass die sozialdemokratische Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit und Bildungschancen für alle nicht nur aus ethischen Überlegungen von Wert ist sondern auch aus wirtschaftspolitischer Sicht wichtig sei. Denn soziale Gerechtigkeit und mehr Bildung erhöhen das wirtschaftliche Potential einer Gesellschaft. Die Aufgabe der Sozialdemokratie sieht er vor allem in der Überzeugung der Arbeiterschaft ihren Kindern Bildung angedeihen zu lassen, damit diese nicht ins Subproletariat absinken. Zum Abschluss warnte er vor der Forderung nach einem Linksruck, weil dies nur in die gesellschaftliche Isolation führe. Misik ist jedenfalls mit seinen Ausführungen Lichtjahre von den Analysen, Ideen und Methoden des Grundsatzprogramms der SJÖ entfernt und äußerst ungeeignet als Aushängeschild für dieses Projekt.

Die darauffolgende Beteiligung aus dem Publikum an der Diskussion war rege. In einer Wortmeldung wurde davor gewarnt, die Sozialdemokratie nur als Wahlverein mit einem etwas linkerem Programm optimieren zu wollen. Ein Genosse aus der SJ Niederösterreich verwies auf das Scheitern vorangegangener Projekte der Linken in der SPÖ (Hindels & Co.). Mehrere TeilnehmerInnen verwehrten sich gegen die Warnung Misiks ja nicht nach links zu gehen. Genosse Zuba von der Funke-Redaktion betonte in seiner Wortmeldung, dass es in diesem begrüßenswerten Projekt darum gehen muss, dass linke Ideen zu einer materiellen Kraft werden können. Dies wird aber nur möglich sein wenn sich die Linke in der Sozialdemokratie vernetzt und organisiert und in kommenden Klassenkämpfen und Protestbewegungen aktiv ist. Außerdem muss uns bewusst sein, wie undemokratisch die Strukturen in der SPÖ sind, und dass es daher organisierten Druck von unten braucht, um in der Sozialdemokratie etwas bewegen zu können. Auch andere GenossInnen wiesen darauf hin, dass es nicht nur darum gehen könne Ideen zu diskutieren sondern dass es vor allem auch um andere Methoden geht. Ein Genosse aus dem VSStÖ brachte es in einem Gespräch nach der Veranstaltung auf den Punkt: „Man muss in der SPÖ früher oder später die Machtfrage stellen.“

Genau darin liegt die zentrale Frage. Mit der SPÖ-Linke gibt es einen ersten konkreten Ansatz diese Aufgabe in Angriff zu nehmen. Die SPÖ-Linke nahm mit mehreren GenossInnen an der Denkfabrik teil und wird sich weiter an diesem Diskussionsprozess beteiligen. Es wurde ein Flugblatt verteilt, wo sich die SPÖ-Linke präsentierte und mit der die nächste Veranstaltung am 27. Jänner und die Konferenz der Linken am 10.4. in Linz beworben wurde. Eine Reihe von GenossInnen aus SJ und Partei zeigten Interesse an einer Mitarbeit in der SPÖ-Linke. Beim erweiterten Verbandsvorstand der SJÖ wird auf Initiative der SJ Vorarlberg ein Antrag zur Diskussion stehen, der von SJ-Strukturen und SJ-AktivistInnen aus 6 Bundesländern unterstützt wird und der die SJÖ auffordert die SPÖ-Linke aktiv zu unterstützen und in dieser eine führende Rolle einzunehmen.

Alles in allem war diese Auftaktveranstaltung ein erster Schritt. Es ist gelungen zu zeigen, welches Potential für eine starke, organisierte Linke in der Sozialdemokratie bestehen würde. Wofür wir jetzt sorgen müssen, ist, dass diese Initiative nicht zu einer Dampfablassaktion verkommt. Es besteht wohl kein Zweifel, dass die Parteiführung die Denkfabrik auf das reduzieren möchte, um die kritischen Geister ruhig zu stellen. Wenn die Denkfabrik mehr sein will, und tatsächlich der Kampf um die Mehrheit in der Partei beginnt, dann wird es zwangsläufig zu einem Konflikt mit der Parteispitze kommen. Diesen Konflikt werden wir nur gewinnen können, wenn wir rechtzeitig eine starke, organisierte SPÖ-Linke aufbauen.


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