Metaller KV. Die Weigerung des FMMI Kollektivvertragsverhandlungen aufzunehmen wird von der Produktionsgewerkschaft als Generalangriff auf Arbeitnehmerrechte verstanden. Das Signal zum notwenigen radikalen Kurswechsel der Arbeiterbewegung blieb bisher aber aus. Von Emanuel Tomaselli.
Anlass für den KV-Eklat und damit der BR-Konferenz ist die Frage der 6. Urlaubswoche für ältere ArbeitnehmerInnen. Wenn die Gewerkschaft nicht die gesetzlich angepeilte Einführung der 6. Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren kippt, dann gibt es nach dem Willen der Arbeitgeber eben keinen Kollektivvertrag. Dahinter steckt folgender Kuhhandel: Die Sozialpartner haben sich auf Regierungsebene geeinigt im Abtausch für eine sechste Urlaubswoche für ältere Arbeitnehmer in allen Branchen die gesetzliche Möglichkeit der Einführung des 12-Stundentages zu schaffen.
Dieser Abtausch, der planmäßig nach den Wiener Wahlen an die Öffentlichkeit sollte, ist an sich bereits eine Konterrevolution unter Zustimmung der Gewerkschaftsspitze. Zwar wird beschwichtigt, dass der 12-Stundentag nur bei dementsprechenden Betriebsvereinbarungen möglich wird, aber das beruhigt die Arbeitnehmer nicht. Aus Erfahrung wissen die KollegInnen, dass gesetzliche Rahmen ausgeschöpft werden und de facto in vielen Betrieben auch illegaler Weise bereits viele Verschlechterungen durchgesetzt sind. Die gesetzliche Festlegung auf die 12-Stunden Option wird eine ruckartige Verschlechterung aller Arbeitsbedingungen bedeuten. Zur Erinnerung: der Acht-Stunden-Tag wurde nach 29 jährigen internationalen Kämpfen in Österreich im Jahr 1918 gesetzlich durchgesetzt. Eine Jahrhundert-Verschlechterung zugunsten einer Urlaubswoche für ältere Arbeitnehmer ist in unseren Augen kein guter Kompromiss, zumal dafür gar nichts getan wurde um die Arbeiterbewegung zu mobilisieren um etwas Besseres zu erreichen als einen sozialpolitischen Rückwärtssalto.
Den Unternehmern der Maschinen und Metallwarenindustrie (MMI) ist aber selbst dieser Tausch zulasten der ArbeitnehmerInnen zu wenig. Sie wollen nur den 12-Stundentag allein und sind mit bekannter Aggressivität bereit diesen Plan umzusetzen. Interessanter Seitenblick auf den Wirtschaftsminister Mitterlehner: Er sagt nun, dass er gegen die sechste Urlaubswoche sei, diese aber mittragen würde, wenn die Sozialpartner hier übereinkommen. Das Katz-und Mausspiel der Kapital-Fraktion wird unter dem Eindruck der angestrebten KV-Konterrevolution nun in die Regierung hinein getragen.
BR-Konferenz lässt vieles offen
Am 29.9.2015 wurde daher zu einer Betriebsrätekonferenz nach Wien geladen. 2000 KollegInnen folgten dieser Einladung. „Die haben für uns nie was auf der Seite. Freiwillig geben die nie was her“, so eröffnete Pro-Ge Vorsitzender Reiner Wimmer seine Ausführungen. Allein im Eröffnungsstatement wurde auch klar, dass dem Generalangriff keine Neuausrichtung der gewerkschaftlichen Strategie folgen würde. Die Grundprämisse lautet mit gelindestem möglichem Mittel die Unternehmer zu „Gesprächen auf Augenhöhe“ zu bewegen. Das „Zurückerkämpfen der Sozialpartnerschaft“ wurde von GPA-djp Vorsitzendem Katzian als oberstes Ziel ausgegeben. Man wolle nicht als Trottel behandelt werden und vermisse, dass die die Unternehmer die Zumutbarkeitsgrenzen des anderen nicht internalisiert hätten, so Katzian weiter. Solche Reden werden einmal radikaler, einmal sanfter und demütiger vorgetragen, immer jedoch gehen sie am Kern vorbei. Wer auch immer unser Verhandlungsteam in der Wirtschaftskammer empfängt oder nicht, wie auch immer das Buffet dort gestaltet ist und die Stühle aufgestellt sind: was zählt ist schlussendlich wie sich die Löhne und Arbeitsbedingungen entwickeln sollen und wie das dafür notwenige Instrument ein gemeinsamer starker Kollektivvertrag verteidigt wird. Und dazu schwieg man sich aus.
In der Kampfstrategie formal ein Schritt nach vorne getan: im Gegensatz zum letzten Jahr wird zu Betriebsversammlungen in allen Metaller-Sparten aufgerufen. Diese sollen am Montag, den 7. Oktober abgehalten werden. Das Kleingedruckte wurde aber sofort mitgeliefert und vermittelt das Gegenteil einer geeinten Metaller-Front: Falls andere Unternehmerverbände der Metallindustrie (Stahl-Bergbau, Buntmetall und Automobil) kundtun, dass sie die Erpressung der MMI-Arbeitgeber nicht unterstützen, dann können in diesen Sparten die Betriebsversammlungen auch wieder abgesagt werden. Auch Sparten-Verhandlungen können dann vorbehaltlos begonnen werden, auch ungeachtet des Umstandes, dass in der MMI-Sparte die Verhandlungen nicht beginnen. Sollte dies eintreffen, werden die zentrifugalen Kräfte in der Gewerkschaftsbewegung gewaltig zunehmen und das Ziel der endgültigen Zerschlagung des Metall-KV liegt greifbar in der Luft.
Wie man es besser macht
Aus praktischer Erfahrung wissen wir: die KollegInnen sind dann bereit zu kämpfen wenn konkrete Ziele genannt werden. Durch das Ziel der 5,5% Lohnerhöhung in der Herbstlohnrunde 2012, ist eine gewaltige Dynamik entfacht worden. Solche konkrete Ansagen wurden auf der jetzigen BR-Konferenz peinlichst vermieden, als Ziel werden schlicht „Lohnerhöhungen“ und „Sozialpartnerschaft“ genannt.
Schwäche lädt zu Aggression ein, und dieses Spiel erleben wir jetzt permanent. Immer wenn die Unternehmer mit einem unzumutbaren Angriff kommen, müssten wir unsererseits unsere Forderungen strafweise raufschrauben und Kampfmaßnahmen verschärfen. Heuer gingen die Betriebsräte aber wie auch in den letzten Jahren mit wenig Konkretem in die Betriebe zurück. Diese Konkretheit einzufordern und gleichzeitig volle Betriebsversammlungen zu garantieren ist das, was jede und jeder Arbeiterin und Arbeiter jetzt machen kann und soll. In diesem Herbst und in kommenden wird es nicht reichen, dass der oder die Vorsitzende ein Gespräch mit der Geschäftsleitung sucht, um für die Verhandlungsexperten den Weg frei zu machen. Füllen wir die Halle, machen wir die Räume eng und stellen uns so dicht hinter den Betriebsrat, dass dieser sicher nicht umfallen kann.
Anstatt die Dynamik in die Hand der Unternehmer zu spielen, wäre es notwendig gewesen eine geeinte Kampfront herzustellen. Nach Abbruch der MMI-Verhandlungen argumentierten wir:
„Was es jetzt braucht ist, dass die Betriebsräte aller Metallbranchen ihrerseits die Verhandlungen mit ihren Arbeitgeberverbänden aufkündigen und sich voll hinter die MMI-Verhandlungen stellen. Besondere Signalwirkung haben hier die Körperschaften der großen Betriebe, jene des voestalpine Konzerns, die Steyrer Motorenwerke, Magna, Liebherr, Andritz etc.: Zeigt euch auf der Höhe der Zeit und stellt die praktische Einheit der ArbeitnehmerInnen der gesamten Branche her!“
Dieses Signal blieb aus und dies legt die Existenz einheitlicher Metall-Kollektivverträge vorerst wieder in die Hand der Unternehmer. An dieser Stelle bleibt uns nur an die verantwortlichen KollegInnen nochmals zu appellieren sich den Sparten-Verhandlungen zu verweigern, solange nicht zumindest ein Kollektivvertrag für alle Metaller-Sparten gesichert ist.
Was alle Metaller und Metallerinnen weitergebracht hätte wäre, dass jemand auf die Bühne geht, die Auswirkungen folgendes Absatzes der verabschiedeten Resolution hinterfragt und zur Diskussion und Abstimmung gestellt hätte: „Sollten sich die Verantwortlichen der Wirtschaftskammer und der anderen Fachverbände des Metallbereiches von der Vorgangsweise des FMMI distanzieren, werden wir das bei unseren weiteren Aktivitäten selbstverständlich berücksichtigen.“
Hören wir auf ständig die Logik der Unternehmer zu bedienen und bedacht darauf zu sein möglichst wenig Porzellan in der Wirtschaftskammer zu zerschlagen. Wir müssen auf die eigene Kraft setzen und verstehen diese zu entwickeln. Organisieren wir den Abwehrkampf ohne Angst. Auf gut informierte Kollegen und Kolleginnen in den Betrieben ist Verlass.