Die Postgewerkschaft bezieht Stellung zu den unhaltbar gewordenen Arbeitsbedingungen im Unternehmen. In Fortführung der Diskussion um die Betriebsräte in Österreich ist dies die Stellungnahme eines Briefträgers zur aktuellen Situation.

Mit dem explodierenden sogenannten „Weihnachtsgeschäft“ erlebten die MitarbeiterInnen der Österreichischen Post nochmal eine unfassbare Zuspitzung des Arbeitsdrucks. „Weihnachten“ dauert anscheinend ein halbes Jahr, die Brief- und Paketmengen sind nach wie vor fast dieselben wie im Dezember. Krankenstände durch Überbelastung schnellen in die Höhe und treiben die Situation vollends ins Chaos. Wir erleben dieses Chaos jeden Tag am Arbeitsplatz – die Bevölkerung durch teils wochenlange Ausfälle der Zustellung. Trotz der Empörung darüber wissen erfreulicherweise viele KundInnen, dass das nicht den „Postlern“, sondern der Sparpolitik des Unternehmens geschuldet ist!

Die Vertretungen haben in den letzten Wochen öffentlichkeitswirksam auf die Wut der Belegschaft reagiert. Der Ton in den Aussendungen hat sich merklich verschärft und wird auch auf allen Ebenen artikuliert (Presseaussendungen der ÖGB-Spitze, Protestbriefe verschiedener Landesvertretungen usw.). Inhaltlich entsprechen die Forderungen in den Stellungnahmen meist tatsächlich vielen Forderungen der Belegschaft: Schluss mit der Ausweitung der Belastung, Schluss mit Einsparungen beim Personal, Kontrolle der Rationsplanung durch die Basis! Darüber hinaus ist allseits das Bekenntnis zu „gewerkschaftlichen Maßnahmen“ hörbar, sollte sich der Kurs des Unternehmens nicht ändern, auch seitens des Vorsitzenden der GPF Köstinger.

Diese Schritte sind zu begrüßen und zeigen die Krisenhaftigkeit der Arbeitsbedingungen bei der Post auf. Seit diesen Stellungnahmen herrscht aber häufig plötzlich wieder Funkstille. Wir als „Postler“ sollten uns daran erinnern, dass ähnlich kämpferische Aussagen seit den Verschlechterungen ab der Privatisierung immer wieder zu hören waren. Die Bemühungen der Vertretung bei den abgeschotteten Verhandlungen führten manchmal zu kleinen Verbesserungen beim Lohn, meist aber nur zu einer „gerechteren“ Verteilung der Verschlechterung; oft wurden diese Ergebnisse in kitschig-triumphalem Ton als große „Erfolge“ kundgetan. Das „Gesamt-Verhandlungsergebnis“ der letzten zehn Jahre ist aber das, was wir heute tagtäglich erleben: ein konkurrenz- und profitgetriebener Logistiksektor, Arbeit unter Hochdruck, niedrige Löhne.

Die unhaltbare aktuelle Situation hat aufgezeigt: es ist an der Zeit, sich als Belegschaft endlich einzumischen und die Aussagen beim Wort zu nehmen. Die Forderungen der Gewerkschaft und der PV sind ein guter Ansatz – aber es sind bisher nur Forderungen und wir sollten deutlich machen, dass wir als Belegschaft weitere Einsparungen und Bezirksvergrößerungen nicht mehr akzeptieren. In Wien finden bereits Infoveranstaltungen zum Verhandlungsprozess statt. Das Einfordern von solchen Veranstaltungen oder Betriebsversammlungen ist das Mittel, um als Belegschaft Einblick in die gewerkschaftliche Diskussion zu bekommen, und um einen Fahrplan zu unseren Bedingungen zu erstellen, wie wir in Zukunft gemeinsam auf weitere Angriffe des Unternehmens antworten.


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