Bereits vor einem Jahr haben die Druckerei-Unternehmer klar gemacht, dass sie keinen Kollektivertrag mehr abschließen werden. Seither ist es der Gewerkschaft GPA-djp nicht gelungen, eine erfolgversprechende Strategie zu entwickeln. Diese läge jedoch auf der Hand, argumentiert Emanuel Tomaselli.

 Der Kollektivvertrag, der am längsten bestanden hatte, ist nicht mehr. Das Bundeseinigungsamt akzeptierte den Beschloss des Unternehmerverbandes vom September 2016, die Kollektivvertragsfähigkeit niederzulegen. Damit wird nicht nur kein neuer Kollektivvertrag mehr verhandelt werden, sondern auch der alte verliert seine Gültigkeit. Kein Problem, glaubten die FunktionärInnen und Hauptamtlichen der GPA-djp, dann gehe die Kollektivvertragsfähigkeit eben auf die entsprechende Sparte in der Wirtschaftskammer über. Doch was von der GPA-djp Führung für unmöglich gehalten wurde, geschah: die im Unternehmerverband „Druck und Medientechnik“ organisierten Unternehmer wollen selbst im Anzug des Wirtschaftskämmerers keinen Kollektivvertrag verhandeln. Es handelt sich tatsächlich um den gleichen Personenkreis. Die UnternehmerInnen im Drucker-Gewerbe wollen keine solidarischen, überbetrieblichen Verträge mehr akzeptieren.

Dieser Konflikt ist nicht neu. Auch der im Jahr 2009 durch Kampfmaßnahmen erzwungene KV-Abschluss blieb weit unter den Möglichkeiten. Gehaltseinbußen von 5 % wurden nach lebhaften Demonstrationen, Versammlungen und einem Streik der BogendruckerInnen ausverhandelt. Im Jahr 2012 kam dann ein vierjähriger KV zustande. Ein Fehler, wie ein Betriebsrat einschätzt. In dieser Zeit schlief die anhaltende Kampfbereitschaft in den Betrieben ein und setzte Rost an. Das Erwachen im Frühsommer 2016 war bitter. Es zeichnete sich ab, dass die UnternehmerInnen gar keinen Vertrag mehr ausverhandeln wollten.

Seither ist viel Zeit verstrichen. Erst auf Initiative des Betriebsrates des Druckzentrums der Oberösterreichischen Nachrichten wurde im Mai eine erste lokale öffentliche Protestkundgebung abgehalten, am 16. Juni dann rief die Gewerkschaft endlich zu einem zentralisierten Protest auf. 400 KollegInnen folgten diesem Aufruf, vor der Wiener Wirtschaftskammer zu demonstrieren. Der Funke war an beiden Versammlungen aktiv beteiligt.

Bei der Wiener Versammlung war die Freude spürbar, endlich wieder gemeinsam zu kämpfen. Es wurde viel geredet und skandiert. Eine Abteilung der Drucker ließ es sich nicht nehmen, unaufgefordert die Chefverhandler in die Wirtschaftskammer zu begleiten.

Diese Stimmung wurde vom Podium permanent gedämpft. Anstatt zu den KollegInnen zu sprechen, wendeten sich viele führende FunktionärInnen an die Wirtschaftskämmerer, die vielleicht hinter den verdunkelten Scheiben zuschauten. An keinem durchschnittlichen Trauungstag an einem Standesamt wurde sooft von Partnerschaft geredet wie hier. Sinnbefreite Analogien wurden bemüht: „Was ist das für eine Partnerschaft, wo ein Partner nicht mehr reden will? Sowas gibt’s nicht.“ Es werden am Standesamt schließlich nicht nur Ehen getraut, sondern beinahe ebenso viele geschieden. Diesen Lebensumstand wollen die FührerInnen der Drucker schlicht nicht akzeptieren.

Anders die Stimmung auf dem Platz. KollegInnen in vielen Betrieben fühlen sich schwach. Die Belegschaften sind geschwächt von der jahrelangen gewerkschaftlichen Inaktivität und stehen unter dem Druck des technologischen Wandels und den Neuinvestionen im benachbarten Ausland. Ein Sektor der Drucker aber brennt nur darauf, losschlagen zu können: Die ZeitungsdruckerInnen. Und sie sind bereit, Verantwortung für alle 9.500 DruckerInnen zu übernehmen. Wie es ein Kollege von Mediaprint ausdrückte: „Jeder weiß, wie wir wieder zu einem Kollektivvertrag kommen: an einem Freitagabend treffen wir uns nicht in der Halle, sondern am Parkplatz, und es werden keine 30 Minuten vergehen, bis die UnternehmerInnen uns ein Verhandlungsteam schicken.“

Dies ist kein Geheimnis. Der einzige Grund dafür, dass diese Strategie nicht eingeschlagen wird, ist die unternehmerfreundliche Haltung der Gewerkschaftsspitze. Dem Gewerkschaftsapparat ist die Aufrechterhaltung einer Scheinehe wichtiger als die sozialen Forderungen der KollegInnen. Dies ist nicht neu. Die jüngste Presseaussendung vom GPA-djp-Vorsitzenden Katzian unterstreicht diese Haltung: „Die Stimmung in den Bertrieben ist aufgrund des kollektivvertragslosen Zustandes in der Brache sehr aufgeheizt. Die Beschäftigten können nicht verstehen, dass sich von Seiten der Arbeitgeber niemand für ihren Kollektivvertrag zuständig erklärt. Der Fachverband „Druck in der Wirtschaftskammer“ ist gut beraten, sich rasch mit der GPA-djp an den Verhandlungstisch zu setzen, um rasch eine Lösung für einen bundesweit einheitlichen Kollektivvertrag für die Druckereibranche zu finden. Ansonsten droht eine Eskalation auf betrieblicher Ebene, die wir nicht anstreben.“

Anstatt den Kampf zu organisieren, werden Bettelbriefe ausgeschickt: „Gebt uns doch etwas in die Hand, um die Betriebe ruhig zu halten!“ So kann man nur verlieren. Es liegt an den Belegschaften und den kämpferischen Betriebsratskörperschaften, den Kampf zu erzwingen. Die heroische Geschichte der DruckerInnen ist voll von solchen Beispielen. Zeit, sich daran zu erinnern.


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