Ich arbeite seit 2008 in der Voest auf 4-er Schicht. Das bedeutet mein Schichtrad beginnt mit 3 Frühschichten mit Arbeitsbeginn um 5 Uhr, 3 Mittelschichten mit Beginn um 13 Uhr und 3 Nachtschichten ab 21 Uhr. Danach habe ich 3 Tage frei. Faktisch sind es aber nur 2 Tage, da der letzte Tag eine Nachtschicht ist, die um 5 Uhr früh endet und 48 h später beginnt mein Arbeitsrad mit der Frühschicht um 5 Uhr von neuem. Dieses Schichtmodel besteht aus 4 Gruppen, sodass rund um die Uhr das ganze Jahr produziert wird.
Produziert werden sogenannte „plattierte“ Bleche, d.h. diese Bleche werden für die weitere Verarbeitung vorgefertigt. Kurz zusammengefasst werden im Produktionsprozess Bleche zusammengeschweißt, mit einer schweren Eisenflex geschliffen, sandgestrahlt und danach chemisch mit Aluminiumoxid behandelt. Endprodukte von solchen Blechen sind etwa Rohre für Gas-Pipelines.
Ich arbeite zumeist als Kranführer. Des Öfteren muss ich aber auch beim Blechschleifen mit der Flex aushelfen. Diese Arbeit ist insofern mühsam, als auf den Blechen jeder kleine Fehler weggeschliffen werden muss. Solch ein Fehler kann eine Luftblase, die durch das Schweißen entstanden ist, sein. Durch die starken Vibrationen der 20 kg schweren Flex fühlen sich meine Hände und Arme nach einem Tag flexen wie taub an.
Zu Beginn bekam ich dazu immer starke Gelenksschmerzen und meine Hände waren nach der Arbeit komplett verkrampft. Mittlerweile hat sich mein Körper daran gewöhnt, die Schmerzen stellen sich nur am Anfang ein. Gesund ist das sicher nicht.
Im letzten Jahr hatten wir in den jeweiligen Schichtgruppen immer mit einer starken Unterbesetzung zu kämpfen. 2018 waren wir in meiner Gruppe noch über 20 Kollegen, jetzt stehen wir bei 12 Arbeitern. In den anderen Schichtgruppen wurde das Personal ebenso stark reduziert. Circa 2/3 der Belegschaft bestand aus Leasingarbeitern. Viele von ihnen wurden entweder gekündigt oder in die Abteilung der Endfertigung verschoben. Diese Verschiebung kommt fast einer Kündigung gleich, da es sich dort im wahrsten Sinn des Wortes um eine „Drecksarbeit“ handelt. Dort werden etwa große Bleche mit der Flex entgratet. Aufgrund der Anstrengung kündigen die meisten von selbst.
Die Geschäftsleitung der Abteilung Grobblech argumentiert die Reduktion des Personals mit einem starken Rückgang eingehender Aufträge. Gleichzeitig wurde die Arbeit im letzten Jahr für uns Arbeiter trotzdem nicht weniger. Für uns ist diese Behauptung daher unverständlich. Erschwerend kam noch hinzu, dass aufgrund der niedrigen Mitarbeiteranzahl im letzten Jahr kein Urlaub mehr freigegeben wurde, obwohl allen Arbeitern in meiner Abteilung sehr viele Urlaubstage zustehen (sollten). Ich selbst stehe momentan bei 23 „verfügbaren“ Urlaubstagen. Vom Betriebsrat hörte man diesbezüglich nichts, geschweige denn Einwände.
Meiner Einschätzung nach wird auf Lager produziert und sollte die Anzahl der eingehenden Aufträge tatsächlich einbrechen, werden die Leasingarbeiter, so wie ich einer bin, gekündigt.
Von David
Im Juli folgte Herbert Eibensteiner dem langjährigen betriebsintern als „Napoleon“ verschrienen Vorstandsvorsitzenden Hannes Eder. Eibensteiner berichtete im August, dass bereits ein neues Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramm laufe, das noch heuer 50 Mio. € einbringen soll, und im nächsten Jahr mehr als 100 Mio. Euro. „Das haben wir immer gut gemacht, das ist nichts Neues für uns“, wird er in den OÖN zitiert. In Kindberg werde eine Schicht mit 150 Arbeitern eingespart, wie viele der 1500 an österreichischen Standorten arbeitenden Leasingarbeitern gehen müssen sei noch nicht klar, so der neue Geschäftsführer.
Der Gewinn des Konzerns im letzten Geschäftsjahr betrug 1,6 Mrd. €, 48 % des erarbeiteten Profits wurde an die Aktionäre ausbezahlt, was einer Steigerung um 50 % innerhalb eines Jahres entspricht.
Der sechsköpfige Vorstand der voestalpine zahlte sich im Geschäftsjahr 2018/2019 15,33 Mio. Euro aus, das sind 19 % mehr als in der vorangegangen Geschäftsperiode. Zwei Drittel des Betrages machen Erfolgsprämien aus.
(Redaktion)
(Funke Nr. 176/28.8.2019)