Ein Krankenpfleger bezieht Stellung zum versprochenen „Corona-Bonus“ und zeigt, was es für die Branche eigentlich bräuchte.

Kommt er? Kommt er nicht? 500€? 1000€? Bar oder als Konsumgutschein? Vielleicht doch als Pratermünzen, dazu ein Eis und Selfie mit Kanzler? Dürfen da dann alle mit? Oder doch nur jene, die aber ganz wirklich mit dem Corona-Virus arbeiten mussten, da alle anderen ja eh davon unberührt waren (nicht)?

Nach meiner Erinnerung ist dieser „Corona-Bonus“ als Idee schon seit ungefähr 14 der 16 Monate Pandemie im Gespräch. Um ehrlich zu sein tu ich mir sogar wirklich schwer zuzuordnen, ob diese Bonuszahlung eigentlich von den Arbeitenden gefordert wurde oder irgendwo während eines „Koste es was es wolle!“ vom Balkon geklatscht wurde. Jedenfalls ist diese Bonuszahlung Thema und meiner Meinung nach viel präsenter, als sie es sein dürfte.

Seit Jahren fordern Pflegende eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen, wie etwa Verbesserung des Personalschlüssels, Senkung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, Erhöhung der Dienstpräsenz, um etwaige Ausfälle wie Krankenstände, Karenzen und Kündigungen nicht mittels Überstunden kompensieren zu müssen. Dies sind substanzielle Forderungen, die auch zu einer Attraktivierung des Berufes und somit letztendlich zu einer Entschärfung des ewigen Personalmangels führen würden. Viele KollegInnen „pfeifen aus dem letzten Loch“ und überlegen, den Beruf gänzlich zu verlassen. Vor diesem Hintergrund eine einmalige Bonuszahlung für eine selektierte Menge an Pflegenden zu „erkämpfen“ ist nicht nur zynisch, sondern auch gefährlich. Nicht nur geht dieses „Zuckerl“ komplett am Thema vorbei, auch birgt es das Potenzial unsere Berufsgruppe weiter zu spalten, erst Recht wenn die einzelnen Gewerkschaften auch noch unterschiedliche Auszahlungs-Modi in Umlauf bringen. Es wurde zwar ein „Bonus für Alle“ gefordert, wobei dieses „Alle“ noch immer recht unklar ist und in einigen Häusern spalterisch eingesetzt wird: eine Station ja, andere Nein…

Seitens aller Gewerkschaften wäre ein entschiedenes Zurückweisen einer solch frechen Bonus-Zahlung, welche unsere Probleme vollends ignoriert, ein wichtiges Symbol zur Wahrung unseres Berufsstolzes gewesen. Letzten Endes braucht es nämlich auch genau diesen Berufsstolz als Treibstoff, um uns gemeinsam für den Kampf für dauerhaft (!) bessere Arbeitsbedingungen mobilisieren zu können. Abseits davon könnte sich eine angenommene Bonuszahlung für zukünftige Verhandlungen auch negativ auswirken, schließlich wurde die Mehrbelastung ja bereits mittels Bonuszahlung „ausreichend“ entlohnt.

Jetzt steht dieser Elefant jedoch im Raum. Die Gewerkschaften machten aus den 500 € ihre wichtigste Forderung, und mittlerweile wurde dieser Bonus vom Parlament beschlossen. Geld stinkt nicht, jedoch sollten sich die entscheidenden Leute an der Spitze unserer Interessensvertreter fragen, zu welchem Preis sie diese Bonuszahlung „erkämpften“.

Roman Mayrhofer ist diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger und arbeitet auf einer Wiener Intensivstation, wurde im Pandemieverlauf auch auf einer Corona-Intensiv eingesetzt.

(Funke Nr. 195/1.7.2021)


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