Am 3. September erging an die Belegschaft des Krankenhaus Hietzing eine polarisierende E-Mail von der kollegialen Führung (KoFü) des Krankenhauses. Vorgesetzte in allen Spitalsbereichen werden sinngemäß dazu aufgefordert, ihre ungeimpften MitarbeiterInnen auf COVID-Stationen einzusetzen, da von ihnen ein epidemiologisch zu hohes Risiko für PatientInnen in Non-COVID Bereichen ausgeht. Eine Pflegerin bezieht Stellung.

Diese Begründung ist fadenscheinig, da der Kontakt von ungeimpften Angestellten mit COVID-PatientInnen das Personal sofort zu Kontaktpersonen macht, also eine Quarantäne bedeutet. Die Reaktionen der Belegschaft waren erwartungsgemäß widersprüchlich. Die geimpften MitarbeiterInnen, oft von Zusatzdiensten überschwemmt, da die ungeimpften KollegInnen in Quarantäne oder Krankenstand gehen, fühlten sich von der Krankenhausführung unterstützt. Bei den ungeimpften KollegInnen wurde die Ablehnung der Impfung, jetzt wo sie defacto erzwungen wird, noch größer.

Nach einer Anfrage des Kuriers vom 11.9. wurde mittlerweile von Seiten des Wiener Gesundheitsverbunds zurückgerudert. Ob die Geschäftsführung davon wusste oder nicht ist unerheblich. Was wir deutlich sehen, ist einen Versuch, einen Keil zwischen geimpfte und ungeimpfte KollegInnen zu treiben und die Spaltung aller gegen alle als Managementmethode zu etablieren. Diese Spaltung wird aus Sicht der Spitalsführungen immer wichtiger, da die allgemeine Unzufriedenheit und die Bereitschaft für Kampfmaßnahmen seit Beginn der Pandemie schneller als zuvor zunehmen. Der Personalmangel macht die Arbeit seit Jahren unerträglich, Corona Boni werden versprochen, aber nicht oder äußerst intransparent an Einzelne ausbezahlt, KollegInnen werden wie Schachfiguren in andere Abteilungen und Stationen versetzt. Gemeinschaftlicher Widerstand gegen diese Bedingungen ist, was internationale Beispiele uns bereits vor Augen führen, eine Notwendigkeit.

Was es braucht ist kollegiale Solidarität. Die Regierungsmaßnahmen sind widersprüchlich wie auch die Informationslage. Klar ist jedoch, dass das öffentliche Gesundheitswesen krankt, und seine Beschäftigten unwürdig behandelt werden.

Gewerkschaften und Personalvertretungen sind gefordert hier endlich wieder ihre Vertretungsarbeit aufzunehmen. Kollegial organisierte Debatten zur Impfung können helfen, hier die richtige individuelle Entscheidung zu treffen. Die Argumente sich impfen zu lassen, um einen schweren Krankheitsverlauf für einige Zeit zu verhindern, überwiegen in meinen Augen. Was aber gar nicht geht, ist die Diskriminierung von Nicht-Geimpften und die bewusst vorangetriebene Spaltung der Kollegenschaft – weil hier jedenfalls alle verlieren. Ein Ansatz die gegebenen Widersprüche zu lösen, und generell bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen, wäre es, dass die Arbeitseinteilung kollegial im Team vorgenommen wird. Nur gemeinsame Aktionen werden die Spaltung nachhaltig überwinden. Die Krankenhausführungen können uns nicht ewig ruhig halten.

(Funke Nr. 197/30.9.2021)


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