Bregenz. Lokale Medien berichten über den Personalabbau bei Wolford: 130 Mitarbeiter sollen bis 2027 gehen. Eine betroffene Textilarbeiterin berichtet.

Die Firma reagierte auf die Berichte über das interne Netzwerk mit einer Stellungnahme, in der geschrieben wurde, dass das alles nur Blödsinn sei, dass nur 10% der Personalkosten gesenkt werden, weil ein neuer Firmenstandort gesucht wird wo es für so viele Mitarbeiter keinen Platz gäbe. Auch unsere Zahlen seien phänomenal. Problematisch ist, dass viele Produktionsmitarbeiter keinen Zugang auf PCs und somit keinen Zugriff auf die internen Mails haben.

Die erneute Kündigungswelle schüchtert viele Mitarbeiter ein. Viele in der Produktion sprechen nicht Deutsch, meistens nur Türkisch, was nur funktioniert, weil auch beide Schichtleiter türkischsprachig sind. Auch sind viele schon im mittleren Alter, 45 aufwärts, und haben deswegen Angst, keine anderen Jobs mehr in der Produktion zu finden.

Der Betriebsratsvorsitzende ist vor einigen Wochen in die Pension gegangen und bis dato wurde uns kein neuer vorgestellt. Ebenso wenig gab es eine Betriebsversammlung anlässlich der Kündigungswelle.

Zudem sieht es für die Textilindustrie in Vorarlberg allgemein sehr schlecht aus und der überwiegende Teil der Produktionsmitarbeiter hat keine Ausbildung, weswegen beispielsweise die weiblichen Mitarbeiter sagen, dass sie dann halt putzen gehen.

Die Mitarbeiter fühlen sich nun auf Schritt und Tritt beobachtet, die Geschäftsleitung könnte überall Kündigungsgründe suchen. Nichtsdestotrotz sind auch einige „abgestumpft“, weil es die ungefähr 15te Kündigungswelle in den vergangenen 10 Jahren ist.

Die Stimmung im Betrieb ist sehr angespannt – in den Pausen tauschen sich die Mitarbeiter über Fortbildungen und Umschulungen aus, was eine große Solidarität zeigt und allgemein sind die Leute lieb zu einander und „konkurrieren“ nicht untereinander. Die erneute Kündigungswelle ist hauptsächlich das Thema der Pausen.

Die früher mächtige Textilindustrie in Vorarlberg steht damit einen Schritt näher am Abgrund. Die meisten Industriellen haben ihr Geld und ihre Immobilien noch in Sicherheit bringen können. Die Arbeitsplätze sind aber weg.

Ohne die Textilindustrie wären viele meiner Freunde und ich nicht auf der Welt. Sie ist unser aller Erbe.

(Funke Nr. 211/21.02.2023)


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