Michael Meister, VPA 1190 Wien, sprach mit uns über die Situation bei der Post und seine Vorstellungen von einer demokratischen und kämpferischen Gewerkschaftsbewegung.
Funke: In vielen Betrieben in Österreich werden momentan Arbeitsplätze gestrichen, die Arbeit intensiviert. Auch die Post spielt dieses Spiel ja seit Jahren mit. Wie ist die Situation derzeit?
Michael: Wöchentlich, und ohne mit der Personalvertretung darüber zu verhandeln, erfinden die KapitalvertreterInnen der Österreichischen Post AG einen neuen Zeitwert, der jeder Argumentation entbehrt. Der Stellenabbau in einem ehemaligen österreichischen Vorzeigeunternehmen gefährdet heute schon die für die österreichische Bevölkerung zu erbringenden Dienstleistungen. Der Vorstand der österreichischen Post AG, dessen Aufgabe es sein sollte, das gesamte Land mit bestmöglichen Postdienstleistungen, die laufend verbessert und weiter entwickelt werden, zu versorgen, erfüllte seine Aufgabe bisher nur unzureichend.
Stattdessen werden mit im Inland erzielten Gewinnen, die nur möglich sind, weil den AktionärInnen ein ehemaliges verstaatlichtes Unternehmen zum Ausverkaufspreis nachgeworfen wurde und die Kollegen und Kolleginnen bei schlechten Arbeitsbedingungen Höchstleistungen erbringen, Unternehmen im Ausland erworben und diese auf minimale Personalkosten gedrückt. Dennoch ist der Gipfel noch nicht erreicht. Schon im kommenden Jahr kündigen sich wieder Personaleinsparungen in den Bereichen Briefpost und Schalter an, die den Leistungsdruck für uns Beschäftigte nur noch weiter erhöhen und die Qualität der Leistungen für die NutzerInnen nur noch weiter verschlechtern können.
F.: Wie sollte deiner Meinung nach auf diese unhaltbare Situation reagiert werden?
M.: Die Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) sollte sich im Sinne aller Mitglieder zur Solidarität bekennen und gemeinsam mit allen aktiven Gewerkschaftsmitgliedern, egal welcher politischen Zugehörigkeit, für unsere gemeinsamen Interessen kämpfen. Und die Mitglieder müssen auch das Recht auf einen regelmäßigen politischen Meinungsaustausch bekommen, etwa in Form monatlich stattfindender gewerkschaftlicher Betriebsgruppen in allen Dienststellen. Wir brauchen eine starke, demokratische und kämpferische GPF!
Konkret planen wir derzeit an unserer Dienststelle Dienst nach Vorschrift. Es geht dabei darum, dass die Arbeitszeitvorgaben nie und nimmer ausreichen, um mit der Arbeit fertig zu werden. Viele ZustellerInnen arbeiten daher viel Zeit um sonst. Daher sollen die KollegInnen in Zukunft zum offiziellen Dienstschluss ihre Vorgesetzten anrufen und fragen, ob sie jetzt Überstunden machen sollen. Sagen die Vorgesetzen Nein, kehren die BriefträgerInnen sofort in die Zustellbasen zurück und beenden die Arbeit, egal ob sie fertig sind oder nicht. Sagen die Vorgesetzten Ja, müssen die Überstunden in der Folge auch ausbezahlt werden.
F.: Reicht deiner Meinung nach ein Kampf, der sich ausschließlich auf die Post bezieht?
M.: Nein. Die Solidarität mit anderen im Arbeitskampf befindlichen Beschäftigte ist zur Stärkung der ArbeiterInnenbewegung dringend erforderlich, ist diese doch auch der Ursprung dieser Bewegung. Heute heißt das, dass wir uns aktiv mit dem Kampf aller KollegInnen, die gegen Werksschließungen und Stellenabbau kämpfen, solidarisieren sollten.
F.: Und wie sieht es mit den Kollektivvertragsverhandlungen aus?
M.: Da die Belegschaft der Österreichischen Post AG, seit 1993 jedes Jahr einen Nettoreallohnverlust zu verzeichnen hatte, ist ein KV-Abschluss unter 4% auch für alle Zulagen nicht annehmbar. Eine Einmalzahlung ist abzulehnen. Die tatsächliche Höhe der Lohnforderungen und auch deren Form (Fixbeträge, die die schlechter bezahlten Beschäftigten bevorzugen oder aber eine prozentuelle Forderung) müssen in Dienststellenversammlungen demokratisch bestimmt werden. Der 25%ige Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte im Angestelltenverhältnis ist in den KV aufzunehmen.
Es geht aber nicht nur um die Höhe und Inhalte des Abschlusses, sondern auch um die Form, wie dieser zu Stande kommt. Nur wenn dieser demokratisch durch die Belegschaft erfolgt, können wir in Zukunft auch das erreichen, was wir wirklich zum Leben brauchen. Während der Verhandlungen muss also die Belegschaft ständig über die laufende Entwicklung informiert werden. Auf dieser Basis muss das Verhandlungsergebnis vor Unterzeichnung einer Urabstimmung unterzogen werden.
F.:Danke für das Interview.