Bei der heutigen Betriebsrätekonferenz der Druckergewerkschaft verteilten wir folgendes Flugblatt.
In den letzten Wochen haben wir den Arbeitgebern gezeigt, dass sie mit uns doch nicht machen können was sie wollen, und wir sehr wohl kampfbereit sind. Die Demo in Wien mit 2000 DruckerInnen, die Kundgebungen in Götzis und Mauerbach, die gelungene Aktion vor dem Burgtheater haben diesen Damen und Herren gezeigt, dass sie sich mit uns nicht spielen brauchen. Das erklärt auch, warum sie plötzlich wieder gesprächsbereit sind und die Gewerkschaft wieder an den Verhandlungstisch lassen. Offensichtlich haben sie doch Angst vor einer weiteren Eskalation des Arbeitskampfes.
Und nebst der Einladung wird auch gleich ein unmoralisches Angebot mitgeliefert. Nachdem es ja am Verhandlungstisch bereits im Sommer einen „Kompromiss“ gegeben hat, könnte dieser nun einfach von beiden Seiten unterschrieben werden. Damals wollte die Mehrheit der Arbeitgeber trotz weitrechender Zugeständnisse von Seiten unseres Verhandlungsteams noch mehr kürzen bzw. den Kollektivvertrag ganz entsorgen, um die Gewerkschaft in die Knie zwingen zu können. Jetzt machen sie einen Schritt zurück. Nicht weil sie plötzlich zur Vernunft gekommen sind, sondern weil sie zu dem Entschluss gekommen sind, dass der richtige Zeitpunkt für eine Frontalattacke gegen die Gewerkschaft noch nicht da ist. Und schlussendlich trägt ja der Kompromissvorschlag selbst zur Schwächung der Gewerkschaft bei, indem bereits eine differenzierte Bewertung der Bereiche Bogen-, Rollen- und Zeitungsdruck zugelassen wird.
Das ist ein gefährlich trügerischer Kompromiss welcher gegenwärtig in gewisser Hinsicht natürlich verlockend ist. Der KV scheint dadurch gerettet, und wir ersparen uns einen weiteren Kampf, wo unsicher ist, der bitter werden könnte und dessen Ausgang unklar ist. Nach dem Motto „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube am Dach“ werden viele KollegInnen jetzt für einen solchen Kompromiss offen sein. Wer kann es ihnen übel nehmen? Die Krise wiegt schwer, viele haben Angst um den Job und ihre Zukunft.
Trotzdem: die Chancen für einen erfolgreichen Arbeitskampf sind gerade jetzt gegeben. In der Metallindustrie und im Handel stehen bei den KV-Verhandlungen ebenfalls alle Zeichen auf Sturm. Bald schon könnte es einen verallgemeinerten Lohnkampf in mehreren Branchen geben. Außerdem haben die Studentenproteste an den Unis gezeigt, wie man in diesem Land etwas bewegen kann.
Der Kampf für einen KV im grafischen Gewerbe und gegen Einkommensverluste kann gewonnen werden. Aber nur, wenn wir auf die Stärke unserer Gewerkschaft, auf die Stärke der KollegInnen in den Betrieben bauen. Wie es auf einem Transparent bei der Demo in Wien stand: „Druck – mehr Druck – kollektiver Druck“ – das ist die einzige Antwort, die die Arbeitgeber verstehen. Sie reichen uns jetzt einen kleinen Finger, nur um uns bei bester Gelegenheit mit der anderen Hand wieder was wegzunehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Arbeitgeber wieder in die Offensive gehen werden. Darauf müssen wir uns vorbereiten und unsere Gewerkschaft kampfbereit halten.
Was die Unternehmer jetzt anbieten, ist ein fauler Kompromiss, der unterm Strich Verschlechterungen bringen würde. Unsere Devise für bevorstehende Verhandlungen muss sein, dass wir unsere Haut, d.h. unsere Arbeitskraft, so teuer wie nur möglich verkaufen. Indem wir lebendige Gewerkschaftsgruppen in den Druckereien aufbauen, welche den Arbeitskampf auf betrieblicher Ebene vorbereiten, können wir eine flächendeckende Kampffähigkeit herstellen. Das letzte Wort muss in Form von Urabstimmungen fallen. Jedes Verhandlungsergebnis sollte in den Betrieben zur Diskussion gestellt und einer Urabstimmung unterzogen werden. Diese Urform der Gewerkschaftsdemokratie ist auch der beste Garant, um uns kampfbereit zu halten.