Christoph Hinteregger, Chefverhandler der Arbeitgeber, hat in seinem Betrieb gut leben. Als Geschäftsführer kann er gelassen davon reden, dass die Löhne in der Metallindustrie ohnehin schon sehr hoch seien und 5,5% Lohnerhöhung sehr viel seien! Die Sozialistische Jugend Vorarlberg hat in Solidarität mit den Metallern eine Protestaktion vor Doppelmayr – „seinem“ Betrieb – abgehalten, bei der wir die zweifelhafte Ehre hatten mit ihm in ein direktes Gespräch zu treten.
Um 17:00 trafen die ersten Genossen der Sozialistischen Jugend beim Betrieb ein. Waren es aufgrund der frühen Uhrzeit leider nicht viele, so waren wir doch um so lauter. Lauthals skandierten wir die Forderungen der Metaller und machten unserem Unmut Luft. Denn die KV-Verhandlungen der Metaller sind maßgeblich für alle weiteren Abschlüsse, also Sache der ganzen Arbeiterklasse und der Jugend.
Mieten, Strom und Heizen werden wieder schmerzlich teurer, die Gebühren gehen rauf, eine Tankfüllung wird immer mehr zum Luxus, bei jedem Wocheneinkauf im Supermarkt kommt man drauf, dass fürs gleiche Geld immer weniger im Einkaufswagen liegt, und bei den Freizeitaktivitäten heißt es vor allem für Familien längst genau überlegen, was man sich noch leisten kann.
Das ist die Lebensrealität von tausenden Arbeiterfamilien. Gleichzeitig haben die Unternehmer fleißig Profite geschrieben – schon während der Krise und im letzten Jahr, wo die Auftragsbücher wieder voll waren, noch mehr.
Fast hätten wir, und so ehrlich müssen wir sein, uns diese Aktion ausreden lassen. Fast panisch versuchten Gewerkschaft und Betriebsrat um des „Betriebsklimas“ und der Verhandlungen willen dafür zu sorgen, dass unsere Aktion nicht stattfindet. Doch wenn dieser Kampf gewonnen werden soll, dürfen nur die Interessen der Metaller und aller Lohnabhängigen zählen!
Nachdem klar war, dass in ganz Vorarlberg gerade einmal ein Betrieb an den Warnstreiks teilnehmen wird, war es um so wichtiger zu zeigen, dass es in der Arbeiterbewegung durchaus den Willen gibt zu kämpfen!
Noch während der Aktion versuchte uns der führende FSGler des Betriebsrates davon zu überzeugen, diese abzubrechen, doch es war schon „zu spät“. Die Geschäftsführung war offenbar schon alarmiert.
Kurz darauf durften wir schon die Bekanntschaft mit der Betriebsratsvorsitzenden machen, die uns mitteilte, dass uns „Christoph“ schon erwartete. Da mussten wir erst mal staunen. Das Einvernehmen scheint in diesem Betrieb wirklich ausgezeichnet zu sein. Die Bedienstete (Betriebsratsvorsitzende!) wird losgeschickt, um uns zu einem Gespräch mit dem Herren (hier liebevoll Christoph) Hinteregger zu bringen!
Daraufhin durften wir eine halbe Stunde mit dem Chefverhandler der Arbeitgeber diskutieren. Viel Neues hatte er uns ja nicht zu sagen. Dass aus seiner Sicht 5,5% zu viel sind ist klar, denn er ist für den „Unternehmenserfolg“ zuständig – also dafür, dass diejenigen, die das Risiko tragen (er meint natürlich die Investoren, nicht die Arbeiter und Arbeiterinnen!) auch ihre Gewinnausschüttungen bekommen.
Im Übrigen wurden zwei Dinge ganz klar. Erstens, warum er Chefverhandler ist: Er hat eine außerordentliche Begabung nicht zuzuhören und ist von sich und seinem Stand äußerst überzeugt. Dementsprechend konsequent vertritt er Unternehmerinteressen.
Zweitens, warum in Vorarlberg nur ein Warnstreik stattfindet: Martin Sandholzer, der FSG-Frontmann im Betriebsrat, wohl der kämpferischere Betriebsrat, sagte während der Diskussion praktisch nichts, dem Hinteregger nicht zustimmen konnte. Von den bewusst überzogenen Forderungen war etwa die Rede, dass Vorarlberg deshalb kein Streikland sei, weil die Gewerkschaften hier vernünftiger seien. Das sind die Gemeinsamkeiten der beiden Verhandlungsseiten in Vorarlberg. Doch die tiefgreifendste Gemeinsamkeit besteht wohl darin, dass beide den Standort Vorarlberg verteidigen wollen. Für beide ist klar, dass mehr als 5,5% den Standort schwächen!
Bei solch einer Interessenvertretung der Arbeiter und Arbeiterinnen brauchen wir eigentlich keine Unternehmervertreter mehr!
Die Vorarlberger Betriebsräte und Gewerkschafter scheinen mit wenigen Ausnahmen nichts mehr zu wollen als mit den Unternehmern an einem Tisch zu sitzen und ihnen vielleicht noch den Kaffee zu servieren. Die Gewerkschaften müssen aber wieder ein Kampfinstrument der Arbeiterklasse werden! Wenn schon im Vorhinein faule Kompromisse und die bürgerliche (Standort-)Logik akzeptiert werden ist es kein Wunder, dass sich die Arbeiter nicht mobilisieren lassen. Ihre Aufgabe müsste es eigentlich sein zu erklären, dass es nicht um diesen oder jenen Standort, sondern um die eine (Arbeiter-) oder die andere (kapitalistische) Klasse geht! Wir dürfen uns nicht über regionale Grenzen hinweg gegeneinander ausspielen lassen, so werden letzten Endes nur überall die Löhne gedrückt!
Jetzt muss Schluss mit Lustig sein!
• Gemeinsam sind wir stark! Volle Solidarität mit den Metallerstreiks!
• Alle Räder stehen Still, wenn unser starker Arm es will!
• Für starke, demokratische und kämpferische Gewerkschaften!
• Her mit den 5,5%!