Die Gewerkschaftsspitze spricht von einer „deutlichen Lohn- bzw. Gehaltserhöhungen“ für die Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe. Das Ergebnis ist jedoch aufgrund der Ausgangslage nicht erfreulich. Noch dazu verweigerten zwei Bundesländer die Unterschrift unter dem Kollektivvertrag. Ein Kommentar von Nikolaus Lackner.
Es mag für viele im 21. Jahrhundert surreal und unvorstellbar wirken: In unserer Gesellschaft arbeiten hunderttausende ArbeiterInnen, denen die in anderen Branchen längst erkämpften Rechte wie geregelte Freizeit, leistungsgerechte Entlohnung, Möglichkeit der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben oft verwehrt bleibt. Das Gastgewerbe ist auch sonst anders als andere Branchen: Betriebsräte sind absolute Ausnahmeerscheinungen und der gewerkschaftliche Organisationsgrad tendiert gegen Null. Die Gründe dafür sind vielfältig und würden den Rahmen dieses kurzen Kommentars bei weitem sprengen.
Blickt man jedoch hinter die Kulissen der „Erfolgsmeldung“ der Gewerkschaftsspitze bezüglich dem Kollektivvertragsabschluss im Hotel- und Gastgewerbe bleibt kein Grund zum Jubeln. Zwei Bundesländer haben „dem Abschluss nicht zugestimmt“. Aus dem Verhandlungsdeutsch übersetzt: Die übermächtige Hotelierslobby in Tirol und Burgenland weiß um die Zahnlosigkeit der ArbeiterInnenvertretung und denkt gar nicht daran, sich die üppigen Gewinne durch eine geringfügige Anhebung des Mindestlohns beschneiden zu lassen. Zumal diese ja auch für die wachsende Anzahl an Saisoniers aus Deutschland gelten würde. Der Druck von „topmotovierten Fachkräften“ aus einem Land in denen noch weit niedrigere Löhne üblich sind sorgt schließlich seit Jahren für Profite.
Auch die Tatsache, dass der Tourismus eine Hauptsäule der österreichischen Exportwirtschaft ist – weil dadurch Geld aus dem Ausland ins Land fließt – wird traditionell wegnegiert. Die Anteile an dieser Wertschöpfung werden den ArbeiterInnen seit Jahrzehnten vorenthalten. Es wäre höchst an der Zeit, den Produktivitätszuwächsen im Gastgewerbe auch endlich angemessene Löhne folgen zu lassen.
Es gibt weiters keinen Sektor in unserer heimischen Arbeitswelt, in dem so viele (oft auch unbezahlte!) Überstunden geleistet werden. In vielen Betrieben geht es zu wie in der Zeit vor der Erkämpfung grundlegenster ArbeiterInnenrechte. In einer Zeit wachsender Arbeitslosenzahlen würde eine verstärkte Kontrolle der existierenden Arbeitszeitregelungen alleine in Österreich zu tausenden neuen Jobs führen, wenn statt einem Menschen mit 80 Stunden pro Woche je zwei mit vierzig Stunden in Lohn und Brot wären.
Das Fehlen von Kommunikation zwischen dem Verhandlungsteam und den Betroffenen in Verbindung mit dem Fehlen von organisierten Kampfmaßnahmen führte zum Einknicken vor dem scheinbar so übermächtigen Gegner. Ein erreichter Abschluss (3,45 %) von einem halben Prozent über der Inflationsrate ist angesichts der Ausgangslage keineswegs ein Erfolg sondern nichts als ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Es gilt nun das Bewusstsein innerhalb des Gastgewerbes dafür zu stärken, wie wichtig und notwendig es ist, sich zu engagieren und zu organisieren. Denn auf Dauer wird uns wohl beim Erreichen fairer, mit anderen Branchen vergleichbaren Löhnen niemand anderer helfen. Wir haben es also selbst in der Hand, die nächsten KV-Verhandlungen mit mehr Druck und Kampfbereitschaft zu führen. Denn von der Spitze der Gewerkschaft kam ein solches Signal diesmal sicher nicht.
Nikolaus Lackner ist Koch und Kandidat der Liste KLS (KommunistInnen und LinkssozialistInnen) für den Gemeinderat der Stadt Krems