Systematische Behinderung gewerkschaftlicher Arbeit, der 20%ige Lohnraub bei der AUA und der Tod zweiter Metaller - dafür steht das Spitzenverhandlerteam des Arbeitgeberfachverbandes für die Maschinen- & Metallwaren-Industrie (FMMI). Von Emanuel Tomaselli.

Johannes Collini (Fa. Collini), Veit Schmid-Schmidsfelden (Rupert Fertinger GmbH), Karin Exner-Wöhrer (SAG AG) - so lautet das Spitzenverhandlungsteam der Unternehmer. Alle drei sind gut in der Industriellenvereinigung verankert und haben dort eine steile Karriere hingelegt. Ihre Unternehmen sind auf Expansionskurs (Zukäufe und aktuelle Neubauten am Stammwerk), sie sind regionalpolitisch (Hohenems, Wolkersdorf, Lend) gut vernetzt und haben Grundstücks- und Ansiedlungsdeals mit der Gemeinde geschlossen. Karin Exner-Wöhner gilt zudem als Vorzeige-Frau und wurde 2011 mit dem „Bussiness Woman of the Year Award“ einer französischen Champagnermarke ausgezeichnet.

Ein Argument der FMMI für die Aufspaltung des Metaller-KVs lautet, dass es sich in ihrer Branche v.a. um Familienbetriebe handeln würde, die eine besondere Rücksichtsnahme verdienen. Die durchschnittliche Beschäftigtenanzahl der Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes beträgt jedoch 1200 ArbeiterInnen und Angestellte. Auch die drei Spitzenverhandler haben stolze Firmen hinter sich. Insgesamt repräsentieren sie 24 Produktionsstandorte in 10 Ländern (Österreich, Deutschland, Schweiz, Italien, Rumänien, Niederlande, Russland, Schweden, Oman und Mexiko). Durchaus also Konzerne, die kaum jemand als bemitleidenswerte „Familienbetriebe“ einstufen würde. Was weiter auffällt: Die ausländischen Betriebsansiedlungen und Zukäufe zielen in ihrer großen Mehrheit auf eine Verbesserung der Weltmarktposition ab und sind kaum als Fluchtstrategie aus dem „Hochlohnland“ Österreich zu verstehen. Aktuelle Betriebserweiterungen an den Stammwerken von Collini in Hohenems und Rupert Fertinger in Wolkersdorf sprechen dafür, dass der Industriestandort Österreich noch immer die attraktivsten Investitionsbedingungen bietet.

Ein weiteres Argument der Unternehmer für die Aufspaltung des Metall-KV ist die ökonomische Konkurrenzsituation unterschiedlicher Mitgliedsbetriebe im großen KV. Dieses Argument wird dadurch konterkariert, dass mit der SAG AG und der Rupert Fertinger Gmgb im Spitzenverhandlungsteam der FMMI gleich zwei direkte Konkurrenten im Alubereich in trauter Eintracht ans Zerstörungswerk gehen.
Der Verband bezeichnet sein Spitzenverhandlerteam als „engagiert“ und damit ist keineswegs nur die wirtschaftliche Performance gemeint. Alle drei kann man sorglos als Gewerkschaftshasser bezeichnen.

Wie es einem engagierten Betriebsrat bei Collini ergeht, kann man in der Reportage (S. 5) nachlesen. Die Behinderung gewerkschaftlicher und betriebsrätlicher Interessensvertretung hat bei Collini Tradition. Als im Mai 2003 der ÖGB Vorarlberg aus Protest gegen die Pensionsreform die Dornbirner Messe-Kreuzung blockierte, bedrohten die Schichtleiter Kollegen in Einzelgesprächen mit „Konsequenzen“ falls sie nach Schichtende, also in ihrer Freizeit, an dieser Kundgebung teilnehmen würden.

Ein besonders schillerndes öffentliches Leben bestreitet die Champagner-Königin Exner-Wöhner. Neben dem Rotari Club Wien Stephanplatz gehört sie dem Vorstand der IV und zwei Aufsichtsräten an, darunter der LPC Capital Partners, die Investoren jährliche Renditen zwischen 10 % und 20 % (!) verspricht. Hauptberuflich ist sie die Vorstandsvorsitzende aller drei Dachfirmen der SAG AG. In ihrem Hobby Golf hat sie Handicap 4. Vorträge auf wissenschaftlichem Niveau (WU Wien) oder im informellen Rahmen bei den Kamingesprächen der Industriellenvereinigung im abgelaufenen August gehören in ihr Repertoire. Sie ist gerngesehener Gast bei Diskussionsveranstaltungen zum Thema Frauen. Dabei spricht sie sich gegen Quoten aus und plädiert dafür dass „Männer Vorbilder benötigen, um den Mehrwert weiblicher Führungskräfte zu erleben und zu respektieren - und nicht nur zu akzeptieren, um dadurch die Bereicherung gegengeschlechtlicher Perspektiven und Diskussionen zu fordern und zu fördern“. Ihr selbst dürfte es freilich recht einfach gefallen sein ihren „Mehrwert“ ins beste Licht zu rücken, da sie ihren gesamten Karriereweg ausnahmslos im väterlichen Unternehmen bestritt.

Im März dieses Jahres verunglückten zwei Arbeiter der SAG im Lender Werk tödlich. Bei Wartungsarbeiten (die zuerst als Reparatur- dann als Routinewartung bezeichnet wurden) schloss sich die Vorwärmekammer des Hochofens und darin verbrannten zwei Arbeiter. Innerhalb weniger Tage stand fest, dass die Schuld gänzlich bei den Verunglückten sowie dem dritten Arbeiter – der den Hochofen mittels Fernbedienung anfuhr – lag. Der Sachverständige der Polizei sei zum Schluss gekommen, dass alle Sicherheitseinrichtungen funktionsfähig seien, gab Exner-Wöhner den „Salzburger Nachrichten“ zu Protokoll und hakte nach: „Wir sind ein zertifiziertes Unternehmen und halten permanent Sicherheitsschulungen ab. Wir werden in all unseren Betrieben auf diesen Arbeitsunfall aufmerksam machen.“ Sie beendete ihre Aussage: „Meine ganz persönliche Hochachtung gilt unserem betroffenen Mitarbeiter, der den Behörden alle Vorgänge im Detail geschildert hat.“

Zuviel Qualitätsjournalismus wäre es wohl gewesen, vor Ort die Frage zu stellen, wie ein 56jähriger Facharbeiter, der seit 42 (!) Jahren in der gleichen Firma schuftet, eines Tages mit seinem Kollegen (einem Leiharbeiter) plötzlich in den Hochofen steigt und ausgerechnet an diesem Tag auf jegliche Sicherheitsmaßnahmen vergisst. Man darf zumindest diese Vermutung äußeren: Wie in so vielen österreichischen Betrieben dürfte in der SAG eine Sicherheits-Kultur herrschen, die von der „Unnötigkeit“ zeitraubender und übertriebener Sicherheitsmaßnahmen geprägt ist.

Doch Exner-Wöhner ist nicht verlegen frisches Personal aufzustellen. Am 10. Juli gab sie der Öffentlichkeit preis, dass es kein Problem sei, im von Arbeitslosigkeit geplagten Spanien schnell „exzellent ausgebildete, junge und engagierte Fachkräfte“ zu rekrutieren. Ein Salzburger Headhunterteam screente vor Ort 150 topmotivierte Arbeitslose, von denen „drei oder vier“ den Hauptpreis – eine Anstellung in Salzburg – erhielten.

Der Dritte im Bunde, Veit Schmid-Schmidsfelden, stammt aus altem deutschem Adel, der frühzeitig auf Industrie umsattelte. Die wechselhafte Geschichte der Schmid-Schmidsfelden beinhaltet auch einen „kompletten Vermögensverlust und Gefängnisaufenthalt“ von August, Veits Vater, während der Entnazifizierung (August war sowohl austrofaschistischer Funktionär als auch ab 1933 gleichzeitig illegaler Nazi). Dieses Urteil wurde nach Abzug der Besatzungstruppen jedoch revidiert und das Vermögen der Familie wurde 1961 restituiert. Dies legte den Grundstein zum wirtschaftlichen Wiederaufstieg der Familie. Seine Haltung zu Löhnen, Gewerkschaft, sein Verständnis von Sozialpartnerschaft müsste zumindest in der Gewerkschaft vida wohlbekannt sein. Schmid-Schmidsfelden ist seit September 2009 Mitglied des Aufsichtsrates der AUA sowie im Beirat, der den Verkauf an die Lufthansa vorbereitete. Er war also direkt an der bisher brutalsten und schnellsten Vernichtung von Löhnen und Arbeitsbedingungen in der 2. Republik Österreichs beteiligt.

Sozialpartnerschaft?

„Geht es nach dem Willen einiger Arbeitgeber steht der Kollektivvertrag vor seiner Zerstörung“, so leitet die GPA-djp am 5. September ein Imagevideo zur kommenden Herbstrunde ein. Klingt ja nicht so schlimm. Das Problem ist, dass diese „einige“ die Mehrheit in ihrer Interessensvertretung haben und zu den Chefverhandlern bestimmt wurden.
Wir sollten davon ausgehen, dass der Mehrheit der friedlichen, sozialpartnerschaftlich orientierten Unternehmer hier kein Faux-pas passiert ist, sondern dass die Chefverhandler die Mehrheitsmeinung unter den Unternehmern abbildet.

Objektiv gesehen, müssen wir feststellen, dass die Unternehmer die wildeste Truppe zusammengestellt haben, die sie in petto haben. Diese Leute haben mit „Partnerschaft“ nichts am Hut. Ihren Mut wird man nur kühlen, wenn wir Stärke und Einigkeit zeigen, und alles an Kampffähigkeit mobilisieren, was wir aufbieten können. Eine solide Information der KollegInnen über den Charakter dieser Verhandlungen und unserer Gegner kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Die Verniedlichung der Motive auf Unternehmerseite in den offiziellen Darstellungen der Gewerkschaft hilft uns nicht, uns auf diesen entscheidenden Herbst vorzubereiten. KollegInnen könnten glauben, dass es sich hier um herbstliche Routine handelt. Unter einigen Betriebsräten könnte die Idee entstehen, dass die Anzahl der Verträge eine formale Frage ist, solange die Inhalte ident bleiben. Diese Annahme ist aber grundlegend falsch. Jetzt gilt es Einheit herzustellen und gemeinsam mit allen Mitteln den Metaller-KV zu verteidigen. Nur eine starke Gewerkschaft und ein gemeinsamer KV können uns von dieser neuen Unternehmergeneration schützen.


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