Nach dem brutalen Vorgehen der Polizei bei Cipla (Brasilien) kommt nun die Solidaritätskampagne in Schwung. Am 13. Juni fand eine Kundgebung vor der Fabrik statt, an der sich viele Gewerkschaftsdelegation aus Brasilien sowie VertreterInnen von besetzten Betrieben aus Argentinien, Paraguay und Venezuela beteiligten.
Seit Juni ist das Unternehmen Cipla in Joinville im Bundesstaat Santa Catarina wieder dem Privatkapital unterstellt. Fast fünf Jahre lang war es unter der Kontrolle seiner etwa 1.000 Beschäftigten gestanden. Vier Märsche nach Brasilia und mehrere Mobilisierungen gegen die drohende Schließung hatten sie organisiert. Es hatte Versuche gegeben, eine Verhandlungslösung hinsichtlich der von den ehemaligen Unternehmern angehäuften Schulden zu finden. Selbst die Nationale Entwicklungsbank BNDES/BADESC hatte erklärt, dass „das Unternehmen lebensfähig sei, wenn die Schulden durch eine staatliche Intervention in Anteile am Unternehmen umgewandelt werden.“ Genau das war die Forderung der Belegschaft seit Beginn der Besetzung gewesen.
Dessen ungeachtet hatte der Bundesrichter Dr. Oziel Francisco de Souza entschieden, einen Administrator einzusetzen, der das auf Belegschaftsversammlungen gewählte Fabrikkomitee ersetzen soll. Er stützt sich dabei auf einen Gerichtsbeschluss, der von vom Nationalen Sozialversicherungsinstitut (das mit dem Justizministerium in Verbindung steht) angestrengt worden war.
Die Mitglieder des gesamten Fabrikkomitees und eine Reihe von anderen ArbeiterInnen, die willkürlich ausgewählt worden waren, haben vor kurzem ihren Entlassungsbescheid durch den neuen Administrator Rainoldo Uessler erhalten und werden am Betreten des Firmengeländes gehindert. Innerhalb des Betriebs wurde die restliche Belegschaft einem Terrorregime unterworfen. Bewaffnetes Sicherheitspersonal patrolliert im Unternehmen und beaufsichtigt die ArbeiterInnen, die nun um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen. Gleichzeitig wurde innerhalb weniger als einer Woche auf Anordnung des Administrators der Achtstundentag und die 40-Stunden-Woche wieder eingeführt, nachdem die ArbeiterInnen zuvor die 30-Stunden-Woche etabliert hatten – ein historischer Kollektivvertrag war im vergangenen Jahr mit der Nationalen Föderation der Chemiearbeiter (CUT) abgeschlossen worden. Der richterliche Beschluss ermöglicht nun „Rationalisierungen“, was effektiv die Schließung des Werks bedeuten könnte.
Als unmittelbare Antwort errichteten die entlassenen ArbeiterInnen und die UnterstützerInnen der Bewegung der besetzten Betriebe ein Zeltlager vor CIPLA. Eine wachsende landesweite und internationale Kampagne namens „Hände weg von CIPLA“, die die Forderung nach dem sofortigen Ende der militärischen und gerichtlichen Handlungen sowie der Wiedereinstellung der Entlassenen vertritt, verbucht immer mehr Zustimmung.
Kundgebung vor der Fabrik und internationale Kampagne
Zusätzlich versammelten sich am 13. Juni vor der Fabrik hunderte Menschen während des Schichtwechsels. Sie repräsentierten verschiedene Organisationen und soziale Bewegungen, auch eine internationale Delegation war anwesend. Unter den brasilianischen Organisationen befanden sich u.a. die EisenbahnerInnenföderation (und ihre Gewerkschaften in Bauru, MT, MS, SE, BA, Tubaro und PR), die Santa Catarina CUT, Sintrasem, die Textil- und BusfahrerInnengewerkschaften aus Blumenau, die ChemiearbeiterInnengewerkschaft aus Vale dos Sinos (RS), die ArbeiterInnen von Ellen Metal (Caieriras, Sao Paulo), die Landlosenbewegung MST, die Bewegung der heimatlosen ArbeiterInnen MST, sowie StudentInnen und ArbeiterInnen des besetzten Rektorats der Sao Paolo Universität.
Auch die internationalen UnterstützerInnen waren anwesend. Aus Argentinien kam Eduardo Murua von der Bewegung der zurückeroberten Betriebe, und bekundete seine Solidarität. Aus Paraguay war Cesar Gonzalez anwesend, der zwei unter ArbeiterInnenkontrolle stehende Fabriken vertrat und auch Grüße und Unterstützungsschreiben der CUT-Auténtica überbrachte. Francisco Rivero aus Venezuela überreichte eine solidarische Grußbotschaft der FRETECO (Revolutionäre Front der besetzten Betriebe) und warnte, dass Hugo Chávez erklärt hat, die kommerziellen Vereinbarungen zwischen Pequiven (des staatseigenen Erdölkonzerns Venezuelas) und Cipla nicht einzuhalten, wenn Cipla weiterhin unter gerichtlicher Kontrolle stehen würde.
Die internationale Kampagne hat inzwischen auch Großbritannien, Dänemark, Griechenland, Mexiko, Spanien, Österreich, Belgien und Deutschland erreicht. In all diesen Ländern fanden Kundgebungen vor den brasilianischen Botschaften statt, um eine Lösung im Sinne der ArbeiterInnen zu fordern. Noch weitere Botschaften in der ganzen Welt sollen Ziel der Kampagne sein.
Weitere Informationen: In defence of marxism .
Tägliche Updates (portugisisch): Tirem as Mãos da Cipla
Bitte schickt auch weiterhin Resolutionen, die das Ende der Bedrohungen gegen die besetzen Betriebe fordern.
Joinville, Santa Catarina, 13. Juni, 2007