Der Putschversuch Guaidós hat vorerst an Schwung verloren. Der von den USA unterstützte (Wirtschafts-)krieg aber geht weiter und die Massen kämpfen um Alltägliches. Stromausfälle und Wassermangel belasten nun den Alltag zusätzlich. Wie weiter? Eine Analyse von Vera Kis.
Das aggressive undemokratische Agieren der venezolanischen Opposition und die imperialistische Einmischung vonseiten der USA sind offensichtlich (der Funke berichtete). Hätte Präsident Maduro nicht die Unterstützung des Militärs und der arbeitenden und armen Bevölkerung mobilisieren können, wäre seine Regierung längst gefallen. Das Versprechen Guaidós an seine Herren in Washington, dass es sich um einen schnellen „regime change“ handeln werde, hat sich folglich nicht bestätigt.
Kann die Regierung in die Offensive gehen?
Die erste Reaktion der Regierung Maduro war wie immer defensiv. Dass aber die venezolanische Opposition nicht an Verhandlungen und demokratischen Prozessen interessiert ist, hat sie in den vergangenen 20 Jahren wiederholt gezeigt.
Seit dem großen Stromausfall Anfang März hat die Regierung Maduro (wohl auch unter dem Druck von unten) in einzelnen Fragen wieder die Initiative ergriffen: Juan Guaidó wurde das Innehaben politischer Ämter für die nächsten 15 Jahre verboten, sollte er nicht seine Geldquellen offenlegen. Seine parlamentarische Immunität wurde aufgehoben und russische Flugzeuge mit militärischem Equipment und Soldaten ins Land gelassen. Hilfslieferungen von China sollen durch das Rote Kreuz verteilt werden.
Und die Massen?
Für die ArbeiterInnen und Armen war bis zum erneuten Putschversuch die Hyperinflation die Hauptsorge, nun gesellten sich Stromausfälle und Probleme bei der Wasserversorgung hinzu. Letztere entstehen durch Stromausfälle, die dazu führen, dass etwa Wasserpumpen nicht funktionieren. Dadurch sind immer wieder ganze Viertel auf Wasserverteilung durch LKWs angewiesen.
Die wirtschaftspolitischen Mittel, die die Regierung Maduro zur Krisenbekämpfung eingesetzt hat, sind marktliberal inspiriert. Es wurde versucht die Inflation durch Lohndeckelungen zu bekämpfen und den Wechselkurs der Währung perspektivisch an den Dollar anzubinden. Solche kapitalistische Mittel übertragen die Hauptlast der Krise auf die arbeitenden und armen Massen, d.h. sie gefährden die soziale Lage und Existenz der Arbeiterklasse.
Der schlechte Zustand des Stromnetzes basiert auf fehlender Wartung aufgrund der Wirtschaftssanktionen und bürokratischem Missmanagement, was die Anfälligkeit für Angriffe aller Art (Cyberattacken, elektromagnetische und gewalttätige Angriffe) verstärkt hat. Um des Problems Herr zu werden, führte die Regierung Rationierungen ein.
Die USA enteignen venezolanisches Staatseigentum im Ausland (v.a. die Raffinerien und Tankstellenkette CITGO in den USA selbst) und führen einen erklärten Wirtschaftskrieg.
Worauf wartet die Regierung Maduro, um US-amerikanische Konzerne in Venezuela zu verstaatlichen? Wieso werden nicht die Volksmiliz und die Selbstorganisation der Massen in Stadtvierteln genützt, um die mit den Putschisten konspirierenden Unternehmen zu besetzen und die Wirtschaft unter Arbeiterkontrolle wieder in Gang zu bringen?
Die Wirtschaftskrise lässt sich im Interesse der Massen nur unter Kontrolle bringen, wenn die einheimische Oligarchie und die US-Konzerne enteignet werden und die Wirtschaft demokratisch geplant wird. Das würde die Kräfte der PutschistInnen in Venezuela sofort reduzieren. Um Korruption und Misswirtschaft Einhalt zu gebieten, gilt es die Arbeiterkontrolle in den Betrieben und Sozialprogrammen durchzusetzen. Dieser Weg nach vorne kann nur von den arbeitenden Massen selbst erkämpft werden. Die Werktätigen und die Jugend haben in den letzten zwanzig Jahren wiederholt ihr hohes politisches Bewusstsein unter Beweis gestellt. Die Hauptgefahr für die Revolution liegt in den Widersprüchen, die sich daraus ergeben, dass die Regierung Maduro nicht gewillt ist mit dem Kapitalismus zu brechen. Die Zeit für die rhetorische Verschleierung dieser Tatsache zerrinnt.
(Funke Nr. 173/Mai 2019)