Das Referendum zur Änderung der venezolanischen Verfassung endete mit einem deutlichen Sieg für die revolutionären Kräfte. Diese Änderung gestattet es dem Präsidenten/der Präsidentin, den Gouverneuren, BürgermeisterInnen etc. nach zwei aufeinanderfolgenden Amtszeiten erneut zu kandidieren. Bei einer Wahlbeteiligung von 67% stimmten 54,36% der Wahlberechtigten mit Ja, 45,64% mit Nein. Von Patrick Larsen, CMR

Im Vorfeld zu dieser Volksabstimmung hatten die bürgerlichen Medien weltweit eine Lügenkampagne gegen Präsident Chávez und die Bolivarische Revolution lanciert und u.a. behauptet, Chávez strebe mit dem Referendum eine lebenslange Amtszeit an. Ein Anschlag auf die Hauptsynagoge von Caracas, der, wie sich herausstellte, ausschließlich finanzielle Hintergründe hatte, wurde der Regierung zugeschrieben und ihr eine antisemitisches Haltung vorgeworfen.
Der Sieg in diesem Referendum ist der zweithöchste in den letzten zehn Jahren, nur bei der Präsidentschaftswahl 2006 erreichte Chávez ein besseres Ergebnis. Gegenüber den Regionalwahlen im November 2008 gewann die Bolivarische Bewegung mehr als 500.000 Stimmen hinzu. Aber auch die Opposition konnte sich um 700.000 Stimmen steigern.

Die Straßen gehören der Revolution

Die Mobilsierung der Massen spielte, anders als beim verlorenen Referendum vom Dezember 2007, eine ausschlaggebende Rolle. Die Massen sahen die Abstimmung als Klassenfrage, als Kampf zwischen Revolution und Konterrevolution. Trotz aller Schwierigkeiten und Probleme in der venezolanischen Gesellschaft sind die bisher durchgesetzten Errungenschaften, vor allem im sozialen Sektor, von großer Bedeutung. Wir dürfen die Bedeutung dieser Errungenschaften, wie die kostenlose Gesundheitsvorsorge in den Armenvierteln, den kostenlosen Zugang zu Bildungs- und Sozialeinrichtungen, die Bolivarischen Universitäten, die jungen Menschen ein Hochschulstudium ermöglichen etc. nicht unterschätzen. Für die Massen bedeuten sie konkrete Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen, Resultate eines zehnjährigen revolutionären Kampfes. Sie wollen, dass diese nicht von reaktionären und faschistischen Banden zerschlagen werden. Nach den Regionalwahlen setzten oppositionelle Gouverneure diese Kräfte ein, um z.B. eine Klinik in Los Taladors abzufackeln, kubanische Ärzte anzugreifen, einen Bolivarischen Radiosender zu bedrohen etc.
Die Massen reagierten auf diese konterrevolutionären Machenschaften mit spontanen Demonstrationen, an den Zehntausende teilnahmen. Das beweist, dass die Massen, immer wenn sie die Peitsche der Konterrevolution spüren, in Aktion treten und die Revolution verteidigen und vertiefen.

Die Zahlen sagen nicht alles über das wahre Kräfteverhältnis innerhalb der venezolanischen Gesellschaft aus. In diesem Wahlkampf kam es zu einer enormen Massenmobilisierung. Hunderte von Kampfgruppen wurden gegründet, um die Kampagne zu organisieren. Die militantesten Gruppen der Arbeiterklasse organisierten sich in der „Front der ArbeiterInnen für ein JA“ und führten im gesamten Land Veranstaltungen durch Am 12. Februar marschierten eine Million Menschen zur Unterstützung von Chávez durch die Straßen von Caracas. Das gleiche Bild konnte man am Abend des Referendums wahrnehmen. Hunderte Motorräder mit roten Fahnen fuhren durch die Stadt. Hunderttausende warteten in der Nähe des Präsidentenpalastes auf das Endergebnis und feierten dann mit Sprechchören und Liedern den Sieg. All dies zeigt uns, dass die Massen auch nach zehn Jahren immer noch fest hinter Chávez stehen. Mit der Unterstützung dieser Massen wäre es ein Leichtes, der Oligarchie einen endgültigen Schlag zu versetzen und die Revolution mit der Enteignung der Banken, der Ländereien und der Industriebetriebe zu Ende zu führen.

Polarisierung

Trotz dieser erfreulichen Ergebnisse können der Revolution in der jetzigen Situation Gefahren drohen. Der Stimmengewinn der Opposition, zeigt dass die konterrevolutionären Kräfte an Boden gewonnen haben. Das ist eine deutliche Warnung, die ernst genommen werden muss und beweist, dass es in der venezolanischen Gesellschaft zu einer Polarisierung zwischen links und rechts, zwischen Revolution und Konterrevolution gekommen ist. Es gibt jetzt sicherlich wieder Stimmen von Seiten der Reformisten, die von der Regierung verlangen, dass sie „moderater“ vorgehen soll und einen „Dialog“ mit der Opposition suchen muss.

Genau das aber ist falsch. Wenn die Kräfte, die der Revolution mit Vorbehalten gegenüberstehen, gewonnen werden sollen, müssen kühne und entschiedene Aktionen durchgeführt werden. Viele Menschen haben mit Nein gestimmt, weil ihnen das Tempo der Revolution zu langsam ist, sie sind es satt immer wieder die gleichen revolutionären Phrasen zu hören, ohne dass sich ihre tagtäglichen Probleme lösen.

Wirtschaftskrise

Die internationale Wirtschaftskrise hat ihre Auswirkungen auf Venezuela. Der gesunkene Ölpreis hat die Wirtschaft des Landes vollkommen unterminiert. Auch die Preise für Rohstoffe wie Aluminium und Stahl, die Venezuela in großen Mengen produziert, sind gefallen. Das hat zur Folge, dass der Haushalt um 40% gekürzt werden muss. Die Inflationsrate liegt bei 30% und die Lebensmittelpreise in Caracas sind in einem Jahr um 50% gestiegen.

Viele Arbeiterfamilien haben Probleme mit ihrem Einkommen über die Runden zu kommen. Wenn die bestehenden Schwierigkeiten nicht gelöst werden, könnte die Unterstützung für die Revolution in Gefahr geraten. Das Hauptproblem ist, dass die venezolanische Wirtschaft immer noch eine kapitalistische ist und deshalb den grundlegenden Gesetzen des Marktes unterliegt. Um dieses Problem zu lösen, ist es nötig einen sozialistischen Plan einzuführen, um die produktive Kapazität des Landes zu reaktivieren und zu sichern, dass die Wirtschaft problemlos abläuft. Um das umzusetzen, muss die ökonomische Macht der Oligarchie gebrochen werden, die immer noch die wichtigsten Schalthebel der Wirtschaft in ihren Händen hält.

Eine Idee, deren Zeit gekommen ist

Chávez sagte in seiner Siegesrede, dass 6 Millionen für den Sozialismus gestimmt haben. Das ist richtig. Aber damit der „Sozialismus“ keine Phrase bleibt, muss er in die Praxis umgesetzt werden. Trotz des beeindruckenden Sieges ist die Revolution nicht unumkehrbar. Das Anwachsen der Opposition und das Fernbleiben von 1 Million WählerInnen, die 2006 noch für Chávez stimmten, sind ein Zeichen deutlicher Gefahr.

Chávez zitierte in einem Pressekommuniqué den Dichter Victor Hugo, der einst schrieb: „Man kann eine Idee, deren Zeit gekommen ist, nicht aufhalten.“ Das ist absolut richtig. Aber wir müssen eins ergänzen: Die Idee ist die sozialistische Revolution. Man kann die Revolution nicht aufhalten, sobald sie in Gang gesetzt wurde. Die Revolution kann nicht auf halbem Weg stehen bleiben. Entweder die Revolution bewegt sich vorwärts und zerstört die ökonomische Macht der Bourgeoisie und des Imperialismus oder sie wird eine schreckliche Niederlage erleiden und untergehen.


Unsere Arbeit kostet Geld. Dabei sind wir exklusiv auf die Unterstützung unserer LeserInnen und UnterstützerInnen angewiesen. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, zögere nicht und lass uns deine Solidarität spüren. Ob groß oder klein, jeder Betrag hilft und wird wertgeschätzt.

Der Funke  |  IBAN: AT48 1513 3009 5102 5576  |  BIC: OBKLAT2L

Artikel aus der Kategorie