Die Burschenschafterherrlichkeit hat durch die großen Proteste gegen den „Akademikerball“ tiefere Schrammen erlitten, als es ein Säbel je verursachen könnte. Nur 400 Altherrn, Füchse und weiblicher Aufputz müssen in den großen Hallen der Hofburg ihre gesellschaftliche Isolation als bedrückend empfunden haben.
Dies ist ein Erfolg der antifaschistischen Mobilisierung, insbesondere des Bündnisses „Offensive gegen rechts“, das auch heuer wieder mit dem militanten Mittel von Blockaden versucht hat den Ball der rechtsextremen Burschenschaften zu verhindern. Über 8000 DemonstratInnen haben die Wiener Innenstadt, trotz großflächiger Absperrungen, in ständiger Unruhe gehalten und den Ballbesuch zum Spießrutenlauf gemacht.
Das ganze Aufgebot des bürgerlichen Staats
Eine besondere Aufmerksamkeit erregte der Ball heuer bereits im Vorfeld aufgrund der massiven polizeistaatlichen Maßnahmen. So war es bisher kaum jemand bewusst, dass eine Polizeidirektion befugt ist Bekleidungsordnungen zu erlassen und die Berichterstattung von Medien zu unterbinden. Dies führte zu einem öffentlichen Aufschrei in den sozialen Medien, aber auch von JournalistInnen. Sogar die Kundgebung des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Jetzt zeichen setzen!“, das auch von KZ-Überlebenden unterstützt wurde, wurde polizeilich untersagt. Alles zum Schutz einer rechtsextremen Versammlung. Anstatt die Proteste zu schwächen und zu isolieren, wurden sie durch diese Strategie der Polizei aber erst befeuert.
Die Exekutivorgane haben alles mobilisiert, was der Rechtsstaat heute aufzubieten hat: modernst ausgerüstete Robocops, Tränengas, Wasserwerfer, Handyüberwachung und kolportierter Assistenzeinsatz von Bundesheertechnik. Nicht nur der technische Aufwand war groß, der Einsatz wurde brutal durchgeführt. Durch Tränengas und Schlagstöcke wurde dutzende DemonstrantInnen verletzt. Der heutige Tag hat gezeigt, dass es rechtsstaatlich möglich ist, demokratische Rechte im Interesse der Herrschenden jederzeit aussetzen zu können.
Diese Situation verlangte nach Legitimation. Insofern war es klar, dass Scheiben zu Bruch gehen werden, vielleicht werden sogar noch verletzte Polizisten präsentiert werden. Es würde uns nicht wundern, wenn dieser Vandalismus das Werk staatlich inszenierter Provokation war.
Jedenfalls werden diese Akte zur Kriminalisierung antifaschistischen Protestes herangezogen. Die FPÖ spielt auf dieser Geige, die Polizei ebenso. Auch die Wiener ÖVP glaubt so Antifaschismus mit Gewalt gleichsetzen zu können. Um hier aus der Isolation auszubrechen, wird von HC abwärts versucht mit gefälschten Fotos Stimmung zu machen. Der ORF gibt dieser Strategie Vorschub, indem er in der ZIB 2 nur Mölzer und die Wiener Polizeiführung zu Wort kommen lässt. Die bürgerliche Zeitungslandschaft tat das Ihre und beschrieb die Proteste skandalträchtig als „Randale“.
Die Kommunalisierung der Polizei war einst eine zentrale sozialdemokratische Forderung. Heute haben sozialdemokratische Polizeioffiziere und die zahlreiche, aufmüpfige, blaue Basis in der Wiener Polizei für einen martialischen Polizeieinsatz zum Schutz von Reaktionären gesorgt. Die KZ-Verbände und die wenigen noch lebenden Zeitzeugen faschistischen Massenterrors standen auf der anderen Seite der Barrikade. Sozialdemokratische oder grüne Spitzenpolitiker haben zum Thema geschwiegen. Einzig NR-Präsidentin Prammer meldete sich zu Wort. Wenige Tage vor dem 80. Jahrestag des 12. Februar 1934, als Arbeiter gegen den Faschismus Widerstand leisteten, gibt sie zu Protokoll „dass Auseinandersetzungen auf der Straße demokratischen Prinzipien widersprechen“. Welch hohle Worte.
Zurück in die lebendige Welt. Der heutige Tag war ein Erfolg der antifaschistischen Kräfte, wie auch schon die Demo in Innsbruck gegen den Burschikommers ein Erfolg war. Die Demo in Linz gegen den Burschenbundball am 8. Februar muss ebenfalls ein Erfolg werden. Bleiben wir am Ball, nächstes Jahr wird das reaktionäre Fest noch isolierter und noch kleiner ausfallen.