Noch knapp zwei Wochen dann ist der nächste Verhandlungstermin für Josef S, einem jungen Mann aus Jena, der sich bei den Roten Falken engagiert. Zu diesem Zeitpunkt sitzt er seit über 6 Monaten in Untersuchungshaft.
Josef S. wird vorgeworfen im Zuge der Proteste gegen den rechtsextremen Akademikerball am 24.01.2014 federführend gehandelt zu haben. Bereits während der ersten Verhandlung wurden Beweise widerlegt und die Aussagen des Hauptbelastungszeugen waren widersprüchlich.
Doch während die Justiz versucht, ein Exempel zu statuieren, reißen die Solidaritätsbekundungen mit Josef S. nicht ab. Veranstaltungen, um Geld zu sammeln, offene Briefe, Postkarten- und Fotoaktionen: Es ist den roten Jugendorganisationen und vielen ihrer Mitglieder ein großes Anliegen, sich solidarisch zu zeigen. Die Petition „Freiheit für Josef S.“, die Justizminister Dr. Wolfgang Brandstetter darauf hinweist, dass die Justiz in diesem Fall nicht verhältnismäßig handelt, wurde von über 1600 Menschen unterzeichnet.
Auch Daniela Holzinger, Abgeordnete zum Nationalrat (SPÖ), ist Josefs Schicksal ein Anliegen. „Wir haben Daniela von der unglaublichen Ungerechtigkeit erzählt, die da passiert, und sie hat begonnen sich zu informieren und steht nun gemeinsam mit den roten Jugendorganisationen hinter Josef S.“ so Sandra Promberger, Vorsitzende der Roten Falken Oberösterreich.
Die Aktion Kritischer Schüler_innen (AKS), die Jugend der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter_innen (FSG Jugend), die Junge Generation in der SPÖ (JG), die Sozialistische Jugend (SJ), der Verband Sozialistischer Student_innen in Österreich und die Roten Falken lassen sich von den Geschehnissen jedoch nicht einschüchtern: „Uns ist klar, dass an Stelle von Josef S. jede und jeder von uns in diese Situation kommen hätte können. Jedoch lassen wir uns nicht einschüchtern und gehen auch weiterhin für unsere Anliegen auf die Straße – kein Finger breit Faschismus.“, so Promberger abschließend.
Anschließend noch die Presseaussendung von NRin Daniela Holzinger:
Freiheit für Josef S.!
Antifaschismus ist kein Verbrechen – an Demonstrationen teilzunehmen, ein Grundrecht!
Josef S., Student aus dem deutschen Jena, ist ein freundlicher und etwas schüchtern wirkender junger Mann. In seiner Heimatstadt studiert der 23-jährige, der noch bei den Eltern lebt, Werkstoffwissenschaft und engagiert sich ehrenamtlich in der Jugendorganisation „Die Falken“.
Ziel dieser Falken ist es, für starke ArbeitnehmerInnenrechte und Demokratie wie auch gegen Rassismus und Neonazismus einzutreten und Zivilcourage vorzuleben.
Dass Josef diese Werte besonders wichtig sind, davon konnte ich mir bei meinem Besuch in einer Wiener Justizvollzugsanstalt persönlich ein Bild machen. Dort sitzt der überzeugte Antifaschist nämlich seit seiner Teilnahme an der Demonstration gegen den FPÖ „Akademikerball“ im Jänner des Jahres in Untersuchungshaft.
Grund dafür sind die Aussagen eines einzelnen von mehr als 2000, damals im Einsatz befindlichen, PolizistInnen. Dieser bezichtigt Josef der Rädelsführerschaft und gibt an, ihn beim Werfen von Pflastersteinen, Demolieren von Schaufenstern und eines Streifenwagens beobachtet zu haben.
Viele der angeblichen Beweise, wie Ton- oder Videoaufnahmen, konnten jedoch schon während des ersten Prozesstages am 6. Juni entkräftet werden. Sie zeigen Josef S. entweder nicht oder nicht bei den unterstellten Handlungen. So ist Josef, der sich in der Haftanstalt als Ministrant beim Gottesdienst engagiert, etwa beim Aufstellen einer herumliegenden Mülltonne zu sehen – nicht aber beim Werfen dieser, was ihm ebenfalls zur Last gelegt wird. Auch musste der Belastungszeuge seine Aussagen mehrfach abändern und teilweise eingestehen, sich geirrt zu haben.
Trotz allem wurde vom Gericht der Antrag auf Josefs Enthaftung, nach bereits mehr als vier monatiger Untersuchungshaft, abgelehnt. Unverständlicherweise wird dabei mit einer möglichen Tatbegehungsgefahr argumentiert, was schon alleine deshalb nicht nachzuvollziehen ist, da der nächste Akademikerball wahrscheinlich erst in etwa sieben Monaten stattfinden wird. Sollte mit Tatbegehungsgefahr hingegen der erneute Besuch einer Demonstration gemeint sein, so ist dies alleine aus dem Grund höchst kritisch zu sehen, da sowohl in Deutschland, wie auch in Österreich die Demonstrationsfreiheit ein Grundrecht ist.
Wie sich die aktuelle Situation nun darstellt, ist Josef – ein rechtlich unbeschriebenes Blatt, ohne Vorstrafen und Träger des Jenaer Preises für Zivilcourage – gezwungen, noch mindestens bis 21. Juli in U-Haft zu bleiben. Dann beginnen die nächsten zwei Verhandlungstage und Josef hofft, dass es hier zu einem guten Ende kommen wird.
Ein antiquierter Paragraph, der schon fast als „totes Recht“ gegolten hat, könnte ihm das Leben aber noch schwer machen. Denn auch wenn es der Anklage nicht gelingt Josef eines der unterstellten Delikte nachzuweisen, steht noch immer Landfriedensbruch im Raum.
Dieser Paragraph 247 StGB, der Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren vorsieht, ist jedoch ebenfalls sehr kritisch zu sehen. Bei „großzügiger“ Auslegung ermöglicht er die Kriminalisierung auch friedlicher DemonstrationsteilnehmerInnen und steht damit im Konflikt mit der Demonstrationsfreiheit.
Schlussendlich wird es am Gericht liegen, den Fall Josef S. zu bewerten und eine Entscheidung zu treffen wobei es mir fern liegt, mich hier einzumischen.
Mir ist es jedoch ein Anliegen auf die Unverhältnismäßigkeit einer fast sechs monatigen Untersuchungshaft in diesem Fall hinzuweisen. Für Josef S. gilt die Unschuldsvermutung und sein bisher makelloser Leumund und sein Hintergrund sollten genügen um einem jungen Menschen zumindest so weit Vertrauen entgegen zu bringen, dass man ihn bis zum Prozess nicht wie ein Tier wegsperren und ein halbes Jahr seines Lebens stehlen muss.
Meine Solidarität gilt daher Josef S. und seiner Familie und als Zeichen dafür werde ich in den kommenden Plenar-Sitzungstagen des Nationalrates vom 8. bis 10. Juli das Blauhemd der Roten Falken tragen. Ich fordere „Freiheit für Josef!“
Bild (v.l.): Bettina Schinninger (Sekretärin Rote Falken Österreich), Magdalena Trauner (Stv. Bundesvorsitzende AKS), Daniela Leßmann (Sekretärin Rote Falken Wien), Rasha Abd El Mawgoud (VSSTÖ Bundesvorsitzende), Sandra Kapuy (Vorsitzende Rote Falken Wien) Daniela Holzinger (Abgeordnete zum Nationalrat – SPÖ)