Standortlogik. Was haben Heimwerker und PilotInnen gemeinsam? Auf den zweiten Blick vielleicht mehr, als man meinen könnte, zeigt Yola Kipcak anhand der Beispiele AUA und bauMax.
Die imperialistische „Osteroberung“ in den 1990er Jahren nach dem Zerfall Jugoslawiens, die damals das Schlaraffenland für schnelle Profite war, ist heute die Achillesferse der österreichischen Wirtschaft. Auch die Fluggesellschaft AUA und die Heimwerkerkette bauMax „übernahmen“ sich in ihren Expansionsplänen. Mit der Finanzkrise 2008 gerieten beide ins Straucheln. BauMax musste nach und nach seine Filialen in den osteuropäischen Ländern verkaufen oder schließen. 2013 kam schließlich die Pleite, nachdem in demselben Jahr ein Verlust von 189 Mio. Euro eingefahren wurde. Jetzt soll ein Teil des Geschäfts unter OBI als neuem Besitzer weitergeführt werden. Die AUA, zunächst spezialisiert auf Osteuropaverbindungen, rang zwar schon vor der Krise mit Verlusten, geriet aber in ein Riesenschlamassel, das mit beinah 500 Mio. Schulden 2008 in der Privatisierung endete. Aufgekauft wurde die Fluglinie durch die deutsche Lufthansa.
Auf den durch die Krise schrumpfenden Märkten agiert das Kapital international. Im Kampf um Wettbewerbsfähigkeit sind Arbeitsplätze und -bedingungen Bauernopfer, die als erstes fallen müssen. OBI, der bereits die Reste der pleite gegangenen Kette Praktiker schluckte, übernimmt 49 der 65 bauMax Filialen und mausert sich langsam zum internationalen Marktführer.
Die Lufthansa setzt ihre Strategie seit Jahren unbeirrt fort: Die AUA 2008 als Schnäppchen aufgekauft, erzwangen sie 2012 die Auslagerung aller Angestellten auf die hauseigene Billigmarke Tyrolean, wodurch alle alten Kollektivverträge aufgelöst wurden. Dieser Vorgang wurde vom EuGH als rechtswidrig erklärt und somit als rückwirkend nichtig. Allerdings wurde 2014 seitens der Gewerkschaft eine Rückführung aller Angestellten zur AUA unter schlechteren KVs akzeptiert. Nach der „Tyroleanisierung“ der AUA steht nun die „AUAsierung“ der Lufthansa an. Um mit der Konkurrenz mithalten zu können, soll eine neue Billigfluglinie, „Eurowings“, gegründet werden. Die deutsche Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ (VC) führt seit Monaten einen Arbeitskampf gegen diesen Schachzug des Kapitals, im Zuge dessen sämtliche Arbeitsplätze ins Ausland ausgelagert werden sollen. Die VC hatte selbst einem „Bündnis für Wachstum und Beschäftigung“ zugestimmt und Einsparungen von 500 Mio. Euro vorgeschlagen, doch die Unternehmensführung verweigert jegliche Konzessionen. Sie ließ stattdessen AUA MitarbeiterInnen fliegen, um das „Chaos“ des Streiks zu beseitigen und ging juristisch gegen die PilotInnen vor (das Hessische Landesgericht verbot den Streik, der am 9. September abgebrochen werden musste).
Da hat es bauMax leichter, dessen Eigentümer der Familie Essl von Beginn an eine sehr gewerkschaftsfeindliche Politik fuhren und wo es im Großteil der Filialen keine Vertretung gab. Im Oktober können nun bis zu 1.250 der ca. 3700 bauMax-MitarbeiterInnen in Österreich ihren Job verlieren. Da es ohne Gewerkschaft auch keinen Sozialplan gibt, der den harten Schlag gegen die nun Arbeitslosen abfedern sollte, wählte GPA-djp Vorsitzender Katzian den Weg eines „Sozialpaktes“.
Während das österreichische Kapital Schritt für Schritt vom internationalen Wettbewerb verschluckt wird, beschert diese Tatsache den betroffenen Menschen sehr unterschiedliche Erfahrungen: EigentümerInnen und Management surfen in Saus und Braus auf den Wellen der Arbeitslosigkeit und des Lohndumpings, die sie verursachen. Die Manager-Boni bei der AUA etwa fraßen alleine alle gesteigerten Umsätze durch Einsparungen beim Personal auf. Das Privatvermögen der bauMax Gründerfamilie Essl beträgt laut trend-Magazin zwischen 100-300 Mio. Euro. Dies steht im krassen Gegensatz zu jenen ArbeiterInnen und Angestellten, die nun gänzlich ohne Job dastehen und sich in die stetig wachsende Zahl der Arbeitslosen in Österreich einreihen müssen.
Die Geschichte der AUA und von bauMax verbildlichen, was in der Krise die Logik des Kapitals ausmacht: Die „Kleinen“ werden geschluckt, während sich die Tendenz zur Monopolbildung rasant beschleunigt. Die Arbeitskraft wird ausgepresst, um die Profitrate zu erhalten. Trotz Pleiten von einzelnen Unternehmen ist die Zukunft der individuellen KapitalistInnen, wie der Essls, mehr als abgesichert. Die Antwort der ArbeiterInnen und Gewerkschaften muss ein Brechen mit der Logik des Kapitals sein. Es kann nicht mehr darum gehen, den Wirtschaftsstandort Österreich zu retten, indem die Arbeiterklasse Verschlechterungen ihres Lebensstandards hinnimmt und auf bessere Zeiten wartet. Die Zeit des Kuschelns ist eindeutig vorbei. Jetzt gilt es, die Kampfansage des Kapitals, das seinerseits den Krieg schon längst führt, offensiv zu beantworten und auch vor der Eigentumsfrage nicht zurückzuschrecken.