Banken. Mitte November wurde vom Management der Uni-Credit bekanntgegeben, dass die Bank Austria zerschlagen wird. Was ist los am österreichischen Finanzsektor? Unsere Bankenexpertin analysiert.

Die Ankündigung von UniCredit-Chef Federico Ghizzonide, den Konzern zu verschlanken und eine effizientere Struktur zu schaffen, kommt nicht überraschend. Die UniCredit galt als eine jener europäischen Großbanken, die Anpassungen an die schrumpfenden Märkte noch vor sich haben. Dies soll nun rasch und hart erfolgen: 14% aller Jobs sollen gestrichen werden, das sind 18.200 Beschäftigte, die abgebaut werden sollen. Besonders hart trifft es dabei die Bank Austria, die im Zuge der Restrukturierung des italienischen Konzerns völlig zerschlagen werden soll: Das Osteuropageschäft wird in Zukunft in Mailand gebündelt, das Privatkundengeschäft soll abgestoßen oder radikal heruntergefahren werden. Zwischen 1.500 und 4.400 Arbeitsplätze an österreichischen Standorten, besonders in Wien, drohen vernichtet zu werden.
Dieser Traum ist ausgeträumt. Die Bank Austria war einst führende Bank Österreichs, die politisch der SPÖ zugerechnet wurde. Um die neuen Märkte im Osten kräftig penetrieren zu können (Bank Austria ist heute die Nummer eins in Osteuropa) wurde die einstig biedere Sparkassa der Gemeinde Wien in ein Expansionsvehikel für Ost-Phantasien umfunktioniert. Für diesen Expansionskurs brauchte man einen ausländischen Partner. So kam die Bank zuerst in die Hände der bayrischen HVB und landete über diese im UniCredit Konzern.
Für die WienerInnen entwertete sich die ehemalige Z-Sparkasse durch Aktientäusche im Zuge dieses Expansions- und Konzentrationsprozess um Milliarden, Haftungen der Gemeinde Wien bestehen aber bis heute. Man sieht, der Neoliberalismus wurde nicht am Wörthersee erfunden, lediglich dort besonders mafiös umgesetzt.
Unter den gegebenen kapitalistischen Bedingungen musste Österreich ab den 1980iger Jahre von einem binnenmarktorientierten zu einem auf Modernisierung ausgerichteten Wirtschaftsmodell umorientieren. In der Periode des langen Nachkriegsaufschwunges nach 1947 finanzierten die Banken zunächst die Expansion eines hochprofitablen Produktionssektors.
Eine wichtige finanzielle Basis dafür waren die Sparguthaben der ÖsterreicherInnen. Der Sparefroh und der Weltspartag wurden so zum nationalen Symbol von Zukunftsoptimismus auf Basis von produktiven Investitionen, die die Modernisierung Österreichs ermöglichten. Die relative Stabilität des Lebens für die Arbeiterklasse wurde durch die ersten globalen Nachkriegskrisen von 1973/74 und 1980/81 erschüttert. Dies führte zu ersten Zurücknahmen von öffentlichen sozialen Leistungen und zur Zerschlagung der verstaatlichen Industrie und dem Verlust 10.000er Arbeitsplätze.
Die kapitalistische Konterrevolution in Osteuropa eröffnete dem österreichischen Kapital enorme Expansionsmöglichkeiten: zum Spottpreis wurden neue Produktionsstandorte in den Nachbarländern erworben, bald stießen die Banken und Versicherungen in die neuen Märkte vor und eroberten dort führende Marktpositionen. Trotz Sparpaketen und der jahrelangen Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften stabilisierte sich so der Lebensstandard in Österreich: dem Export von Kapital folgte der Import von Extra-Profit aus Osteuropa. 2008 wurden 59% der Profite der im ATX gelisteten Konzerne in Osteuropa erwirtschaftet.
2008 brach eine massive globale Überproduktionskrise aus, und zwar genau in jenem Sektor, der über Jahre am meisten Investments anzog: im Finanzsektor. Der Traum, aus Geld mehr Geld zu machen ohne in den langwierigen, störungsanfälligen und von niederer Rendite gekennzeichneten Prozess der Produktion und der Verteilung involviert zu werden, kippt nun in einen Alptraum fürs österreichische Kapital. Für den „Standort Österreich“ bedeutet dies, dass die enormen Risikopotentiale in Form von Verlusten und Pleiten (Hypo Alpe Adria) schlagend werden.
Zur Verdeutlichung: im Jahr 2008 erreichte die Bilanzsumme (Summe aller Vermögenspositionen, im hohen Ausmaß bestehend aus Krediten die in Osteuropa vergeben wurden) der österreichischen Banken 375 % des BIP. Österreich ist damit weltweit jenes Land, dessen Finanzsektor am extremsten Risikomärkten ausgesetzt ist. Seither geht’s bergab. Die markantesten Wegmarkierungen, die den Abstieg der Bank Austria begleiteten, sind: 2013: Rückzug aus Kasachstan mit aufgehäuften 2 Mrd. € Verlust, Bilanz 2013: Jahresverlust von 1,6 Mrd. € aufgrund von Abschreibungen von Beteiligungswerten um 2 Mrd., zu später Rückzug aus der Ukraine, wo die Bank jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag verbrennt. Probleme in Kroatien, Ungarn und Polen wegen drohender gesetzlicher Zwangsumwandlung von Eurokrediten. Insgesamt gelten aktuell 9 Prozent der Kredite der Bank Austria als wertlos, da sie von KreditnehmerInnen nicht mehr bedient werden.
Angesichts der Goldgräberstimmung in Osteuropa haben alle österreichischen Banken auch übersehen, dass der Heimmarkt unprofitabel geworden ist. Eine rasante technologische Entwicklung (Stichwort: Online Banking), die Schwierigkeit mit traditionellen Veranlagungen überhaupt noch Geld zu verdienen (Stichwort: Niedrigzinspolitik der EZB), zunehmende regulatorische Auflagen durch die Banken-Union (Stichwort: Stabilisierung des Sektors) sowie die heimische Bankensteuer sind weitere Faktoren, die belastend auf die Ertragskraft des Sektors wirken.
Wir MarxistInnen verteidigen alle bestehenden soziale Rechte der BankerInnen. Wir stehen generell auf dem Standpunkt, dass die Krise eines Unternehmens nicht zur sozialen Krise der Beschäftigten werden darf. In erster Linie kämpfen wir dafür, dass das gesamte Vermögen der EigentümerInnen zur Krisenbewältigung herangezogen wird. Deswegen verurteilen wir die in diesem Sektor besonders ausgeprägte gewerkschaftliche Kultur, sich auf die bessergestellten Schichten der BankerInnen zu stützen und exklusiv ihre Interessen zu verteidigen. Das Bank-Proletariat muss sich dieses historisch gewachsenen Umstandes bewusst sein und muss selbst aktiv werden, um die Wahrung ihrer Interessen einzufordern. Politisch stehen wir MarxistInnen für eine Enteignung der BankaktionärInnen. Im Rahmen der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft würden wir die Kreativität und das finanzpolitische Know-how des Sektors nützen, um eine rasche Vergesellschaftung der Produktion voranzutreiben. So wird es möglich eine Wirtschaft zu gestalten, die auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet ist.


Unsere Arbeit kostet Geld. Dabei sind wir exklusiv auf die Unterstützung unserer LeserInnen und UnterstützerInnen angewiesen. Wenn dir dieser Artikel gefallen hat, zögere nicht und lass uns deine Solidarität spüren. Ob groß oder klein, jeder Betrag hilft und wird wertgeschätzt.

Der Funke  |  IBAN: AT48 1513 3009 5102 5576  |  BIC: OBKLAT2L

Artikel aus der Kategorie