Ein Kommentar von Nicholas Hächl
Trotz des Erfolges der Gegendemonstration am 11. Juni, den aktiven Antifaschismus in Österreich auf die Straße zu bringen, müssen Ereignisse wie die Demo der Identitären weiterhin genau beobachtet und dürfen nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Die neofaschistische Identitäre Bewegung ist seit 2012 in Österreich aktiv. Sie ist in fast ganz Europa präsent und hat ihren Ursprung in der rechtsextremen „Génération identitaire“ Frankreichs. Jedes Jahr gewinnt die Bewegung auch in Österreich an Zuwachs. Sie tritt immer selbstbewusster mit Aktionen in die Öffentlichkeit. Dabei bedient sie sich gezielt einer ausgewählten Sprache und verwendet Symbole, die ein modernes, hippes Bild einer patriotischen und widerständischen Jugend vermitteln sollen. Inhalte werden nicht exakt formuliert, neue Begriffe kreiert, die nicht auf den ersten Blick offensichtlich machen sollen, dass hier altes rassistisches, nationalistisches, sexistisches, kurzum herkömmliches rechtsextremes Gedankengut in neuer Verpackung präsentiert wird.
Doch den Erfolg dieser neuen rechtsextremen Bewegung macht bei Weitem nicht nur ihr eigenes Auftreten aus. Sie stellen derzeit eine kleine Minderheit in der Gesellschaft dar, aber ihr Erstarken hat die gleichen Ursachen wie auch der Aufstieg der reaktionären FPÖ. Den richtigen Nährboden ihrer Ideologie liefert die rechte Politik der österreichischen Regierung. Diese rechtfertigt Sparprogramme und Bankenrettungen und lenkt die Aufmerksamkeit stattdessen auf die Flüchtlingskrise. Durch rassistische Gesetze in der Flüchtlingspolitik auf der einen Seite und Kürzungspolitik auf der anderen, werden soziale Konflikte geschaffen und Ängste geschürt. Anstatt der Herausforderung der Flüchtlingshilfe mit Besonnenheit zu begegnen, wird sie als unbezwingbare Katastrophe dargestellt. Dies spielt der FPÖ in die Hände, die im Gegenzug nur einige soziale Themen ansprechen muss, um WählerInnen für sich zu gewinnen. Viele ArbeiterInnen wählen aus Protest gegen die zunehmende Verschlechterung ihrer Lebensverhältnisse diese Partei, die sich scheinbar gegen die derzeitige Politik stellt.
Auch der Ausgang der letzten Bundespräsidentschaftswahlen löste keines der grundlegenden Probleme im Zusammenhang mit dem Erstarken der Rechten. Viele sahen in der Wahl Van der Bellens die einzige Möglichkeit, einen Präsidenten Hofer und eine FPÖ-Regierung zu verhindern. Jedoch wird auch der Sieg des neoliberalen Professors keinen Fortschritt im Kampf gegen den Rechtsruck in Österreich bringen, solange die herrschende Politik weiterhin der Logik des Kapitals unterliegt. Nur durch den aktiven Kampf in Betrieben, Universitäten und Schulen gegen jede Form der sozialen und finanziellen Verschlechterung, durch die Organisation der Arbeiterbewegung und durch ein klares Bekenntnis zu einem sozialistischen Programm, das deutlich mit den herrschenden Verhältnisse bricht, werden die FPÖ und die Identitären bezwungen werden.