Post. Das Weihnachtsgeschäft ist im vollen Schwung und die Kolleginnen und
Kollegen bei der Post kommen mit der Arbeit nicht mehr hinterher.
Während in den Zeitungen über Schwierigkeiten bei der Zustellung von Wahlkarten im Ausland berichtet wurde, schrieben in den sozialen Medien viele WählerInnen darüber, dass ihre bestellten Wahlkarten auch im Inland gar nicht oder beschädigt angekommen sind. Im Sinne der Stabilität des politischen Systems fallen diese Umstände diesmal unter die Wahrnehmungsschwelle der Medienkonzerne. Dieses Postversagen hat jedoch mittlerweile System, ihm liegen permanente Profitmaximierungsprozesse im Unternehmen Post AG zu Lasten der Zustellsicherheit und der Arbeitsbedingungen zugrunde.
Die Salzburger Nachrichten berichteten am 18.11.: „Die SN erreichten Meldungen aus mehreren Bezirken. Parten für Begräbnisse würden schon lange nicht mehr mit der Post zugestellt, heißt es. Bei einer Zustellfrist von fünf Tagen sei das Begräbnis oft schon vorbei. (…) In Bad Vigaun sei über Wochen wegen Krankenständen keine Post zugestellt worden. Manche Vorfälle sind besonders ärgerlich. Dem Skiclub Dienten blieben Anfang November bei der wichtigsten Veranstaltung des Vereins die Besucher aus einigen Nachbargemeinden aus. ‚In St. Veit und Teilen von Goldegg ist unser Postwurf erst in der Woche nach unserer Veranstaltung zugestellt worden‘, sagt Obmann Sepp Burgschwaiger.“
Weiters heißt es im Lokalteil der Zeitung: „Kritiker sehen einen Zusammenhang zwischen den Sparplänen und den Problemen bei der Zustellung. Briefträger dürfen nicht mit Medien reden, wenn sie ihre Jobs behalten wollen.“ Dies entspricht auch unserer Erfahrung. Umso mehr freut es uns, dass Postler auf unseren Artikel in der letzten Nummer reagiert und die geschilderten Zustände bestätigt haben. Dabei wurden wir auf folgende Umstände hingewiesen: Zur ganz aktuellen Entwicklung berichtete uns eine Kollegin, dass zur Weihnachtszeit jede einzelne Arbeitskraft dringendst gebraucht wird, dass aber viele Zustellbasen durch die Verschlechterung der Bedingungen sogar massive Personalabgänge zu verzeichnen haben. Gleichzeitig finden kaum Neueinstellungen statt, da die meisten Neueinsteiger durch die miesen Löhne und den extremem Arbeitsdruck nach wenigen Tagen kündigen. Aus diesem Arbeitskräftemangel schließt die Kollegin, dass momentan eine ausgesprochen gute Gelegenheit für ein gemeinsames Einfordern besserer Bedingungen wäre – dass die KollegInnen aber sehr isoliert sind und keine Vertretung existiert, die solchen Widerstand organisieren würde. Deshalb überwiegt auch jetzt die Angst vor konkreten Schritten, gerade bei älteren KollegInnen.
Viele Postler, die trotzdem aktiv werden wollen, sehen die Sache deshalb trotz der günstigen Situation längerfristig. Die Neueinteilung der Zustellbezirke (Systemisierung) ist ein permanenter Prozess, der an gewissen Stichtagen im Jahr umgesetzt wird. Bei diesen Veränderungen gibt es immer weniger Mitsprache und Kontrolle durch die Beschäftigten, und immer mehr Bezirke, die in ihrer Größe geradezu explodieren – nie als „Gesamtpaket“, sondern Bezirk für Bezirk, um die Empörung darüber nicht zu verallgemeinern. Ein Kollege drückte uns seine und die Meinung mehrerer KollegInnen aus, dass es nach der Erfahrung der letzten Jahre nun endlich gelte, sich auf die nächste Vergrößerung kommenden Frühling vorzubereiten und den anstehenden Verschlechterungen durch eine gemeinsame Antwort der Belegschaft etwas entgegen zu setzen.
Bei solchen Schritten ist die Haltung der Personalvertretung bzw. der Gewerkschaft von zentraler Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind auch kritische Bemerkungen an unserem letzten Artikel zu sehen, die bemängelten, dass wir das momentane Desinteresse der Gewerkschaften nicht ausreichend thematisiert hätten. Dazu wollen wir also Stellung beziehen: Die Gewerkschaft und das gesetzlich verankerte Betriebsrats- und Personalvertretungswesen sind historische Errungenschaften der Arbeiterbewegung. Auf Ebene der Personalvertretung gibt es sogar die Möglichkeit, dass KollegInnen teilweise sogar von der Arbeit freigestellt sich voll der Vertretung der gemeinsamen und individuellen Bedürfnisse der Kollegenschaft widmen können.
Doch ohne Kontrolle von unten sind diese Vertretungen nur dem Druck und den Wünschen der Geschäftsleitung ausgesetzt. Letztendlich müssen aber die zuständigen VertreterInnen offen mit der Kritik und den Wünschen der Belegschaft konfrontiert werden. Wenn dies wirkungslos bleibt (und diese Erfahrung machen derzeit leider sehr viele Postler), ist eine Neubesetzung dieser Positionen durch KollegInnen, die sich nicht verbiegen lassen, der einzig mögliche Schritt, um eine feste, eigenständige Stimme der Belegschaft sicherzustellen.
Das setzt aber voraus, dass wir die Einsicht haben, dass ohne uns das Unternehmen nicht funktioniert: Ohne Postler gibt’s keine Post! Der Druck auf das Unternehmen ist sehr groß, die Personalsituation teils desaströs und die Bedingungen, um die weitere Erosion der Arbeitsbedingungen durch einen entschlossenen Arbeitskampf bei der Post zu stoppen oder sogar umzukehren, wären ausgesprochen gut. In der Vergangenheit gab es schon vereinzelt Versuche, den Angriffen auch ohne Rückendeckung durch die Personalvertretung etwas entgegenzusetzen, weil diese kein offenes Ohr für die Probleme zeigte. Die wichtigste Zutat, die es dazu braucht, ist letztlich allein das Vertrauen in die eigene Kraft, gemeinsam etwas erreichen zu können.
Wir werden euch auf dem Laufenden halten und freuen uns über weitere Zuschriften und Kommentare, die wir nützen werden, um diesen Meinungsaustausch unter kämpferischen Postlern aufrechtzuerhalten und voranzutreiben.