Der Widerstand gegen das Murkraftwerk geht ungebrochen weiter. Am 23. Juni fand wieder eine Groß-Demo der Bewegung gegen dieses Kraftwerk statt. Der Funke in Graz ist als Teil von Gegenstrom in dieser Bewegung aktiv. Dominik Pavlicek berichtet.

Seit Jahren kämpfen engagierte AktivistInnen gegen die Errichtung des Murkraftwerks. Dabei wird vor den negativen Auswirkungen für die Tier- und Pflanzenwelt gewarnt, die dieser Bau bringen würde. Die bereits abgeschlossenen Baumrodungen auf beiden Seiten des Murufers im Süden von Graz sind nur die Spitze des Eisbergs: Im Zuge der Errichtung des Murkraftwerks kommt es notwendigerweise zu einer Beeinträchtigung des bestehenden Mischwasserentlastungssystems. Durch den Aufstau der Mur – und ohne Setzung entsprechender baulicher Maßnahmen – würde es in der bestehenden Form seine Funktion verlieren und sich die Wasserqualität verschlechtern. Es wird behauptet, dass der sich im Bau befindliche Zentrale Speicherkanal dagegen Abhilfe schaffen könnte. In Wahrheit wird der mindestens 60 Mio. Euro teure Kanal (der zur Gänze von der Gemeinde Graz finanziert wird) nur deshalb benötigt, damit die vorhandenen Entlastungskanäle, die sich unter Wasser im Staubecken vor dem Murkraftwerk entleeren, sich bei Starkregen nicht auf die Straße zurückstauen. Der Kanal muss also zwingend für dieses Kraftwerk gebaut werden. Dass die Sorge um die Wasserqualität nur ein Vorwand ist, zeigt auch die Tatsache, dass der Zentrale Speicherkanal nur bis zur Radetzkybrücke reichen wird und der Norden der Stadt bei Starkregen weiterhin mit verschmutztem Mischwasser belastet wird.

Bei diesem Projekt geht es aber schon längst nicht mehr nur um Natur- und Tierschutz, sondern auch um Demokratie (trotz Petition mit 16.000 UnterzeichnerInnen gibt es keine Volksbefragung) und vor allem um die Soziale Frage. Diese Aspekte zu betonen und sichtbar zu machen, ist das Ziel des in diesem Jahr gegründeten Bündnisses „Gegenstrom“, an dem sich Funke, Aufbruch Graz, Interventionistische Linke, SLP und System Change not Climate Change beteiligen.

Das Stadtbudget wird durch dieses Kraftwerk und den Speicherkanal mit mindestens 78 Mio. Euro belastet, was bedeutet, dass es empfindliche Einsparungen und Belastungen für die GrazerInnen geben wird. Den ersten Vorgeschmack darauf bekamen bereits die BewohnerInnen der Grazer Gemeindebaubauten. Dort wurden die Richtwertmieten von der schwarz-blauen Stadtregierung um 3,5 % erhöht, obwohl Wohnungskosten der größte Preistreiber in Graz und ganz Österreich sind. Nur in Vorarlberg und Salzburg sind die Richtwertmieten noch höher als in der Steiermark. Weitere geplante Kürzungen im Sozialbereich, automatische Tarif- und Gebührenerhöhungen und Einsparungen im öffentlichen Verkehr runden das schwarz-blaue Regierungsprogramm „Agenda 2022“ ab. Die VerliererInnen sind die lohnabhängigen Menschen in Graz, die Profiteure sind EStAG, Hedgefonds, diverse Bauunternehmen wie Porr, Siemens oder Andritz AG.

Dass im bürgerlichen Staat Profitinteressen mehr wert sind als Interessen, Lebensqualität und Gesundheit der Bevölkerungsmehrheit, zeigen auch die vergeblichen juristischen Kämpfe der AktivistInnen rund um die Bewegung gegen das Murkraftwerk, die bisher immer zugunsten des Kapitals ausgegangen sind. So wurde z. B. die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das Kraftwerk durchgeboxt und jeder Einspruch abgewiesen. Man begründete dies durch das „überwiegende öffentliche Interesse“ – trotz negativer Umweltverträglichkeit, hoher Kosten und geringen Nutzens. Die Profitinteressen von EStAG & Co. sind für die Behörden offensichtlich von überwiegendem öffentlichem Interesse! Eine wirkliche Veränderung wird es daher nur durch einen massiven Druck der Bevölkerung auf der Straße geben. Der Funke und Gegenstrom wollen dazu beitragen. Gelegenheit dazu gab es am 23. Juni auf der Mur-Demo, auf der Funke-UnterstützerInnen und Gegenstrom einen eigenen lautstarken und kämpferischen Block bildeten. Während der Demonstration verteilten die AktivistInnen unermüdlich Flyer, um den PassantInnen die wirtschafts- und sozialpolitischen Folgen des Kraftwerkbaus näher zu bringen. Diese Demonstration war mit rund 2000 TeilnehmerInnen für Grazer Verhältnisse beachtenswert. Gegenstrom organisierte im Vorfeld einen Aktionstag am 22. Juni, auf dem mit diversen Aktionen in der ganzen Stadt und einem Flash-Mob vor dem Rathaus gegen das Kraftwerk und für die Mur-Demo mobilisiert wurde. Funke-UnterstützerInnen waren mit einem gut besuchten Infotisch in der Grazer Innenstadt äußerst aktiv dabei. 

Wie muss es nun weitergehen? Die Bewegung gegen das Murkraftwerk und somit auch Gegenstrom müssen die Dynamik nützen und weiterhin dafür sorgen, dass Menschen bereit sind, gegen das Kraftwerk und den damit verbundenen Sozialabbau auf die Straße zu gehen. Denn sonst wird die herrschende Klasse von seiner Errichtung nicht ablassen. Die vor uns liegenden Sommermonate müssen zu weiteren Mobilisierungen genützt werden, da es ab Oktober zu erneuten Baumrodungen kommen und der Bau im Winter im hohen Tempo weitergehen wird. Der Widerstand muss bis dahin so groß sein, dass er die Betreiber dazu zwingt, die Bauarbeiten zu stoppen. Stuttgart 21 und die Proteste gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf können dabei eine Inspiration und Erfahrungsquelle für Graz sein.


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