Bundesheer. Das Bundesheer gerät derzeit immer wieder ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Ein Hintergrundbericht von Patrick Mellacher.
Als an einem der heißesten Tage im Jahr am Truppenübungsplatz in Horn ein Stationsmarsch stattfand, kamen nicht alle zurück. Der 19-jährige Rekrut im ersten Ausbildungsmonat Toni P. brach zusammen, wurde ins Krankenhaus eingeliefert und verstarb dort. Nach Bekanntwerden der Tragödie hagelte es Kritik in den sozialen Medien, weitere schwere Vorwürfe wurden vom Vater eines Kameraden des verstorbenen Rekruten erhoben. So seien die Rekruten vom ersten Tag an eingeschüchtert und gepeinigt worden und bei der besagten Übung 20 Soldaten in Ohnmacht gefallen. Im Standard wurden weitere Vorwürfe ehemaliger Grundwehrdiener laut. Neben Beleidigungen und Demütigungen berichteten diese, dass die Rekruten dazu gezwungen wurden, sich selbst zu verletzen. An anderer Stelle langten die „Ausbilder“ selbst zu und schlugen ihre Untergebenen. Es ist zwar der unappetitlichste, nicht aber der erste Skandal, der das österreichische Bundesheer erschüttert. Erst im Juli verkündete Verteidigungsminister Doskozil das geplante Aus für die Eurofighter, die vor nur wenigen Jahren teuer gekauft wurden. Stattdessen sollen neue Kampfflugzeuge erworben werden, auch neue Helikopter stehen am Programm. Auch in punkto Generalstab lässt sich Österreich nicht lumpen, leistet sich das Bundesheer doch beinahe so viele Generäle wie das zehn Mal so große Deutschland. Für Grundwehrdiener bleiben freilich gerade einmal 321 Euro pro Monat übrig.
Das Bundesheer ist wie der österreichische Kapitalismus als Ganzes ein zu kleiner Fisch, um bei den Großen mitzuspielen. Dennoch hat das österreichische Kapital für seine Armee große Pläne: In der traditionellen Einflusszone des österreichischen Imperialismus, dem Balkan, spielt es schon länger wieder eine Rolle – wie etwa 2014 in Bosnien deutlich wurde. Als Großdemonstrationen gegen die völlig korrupte politische Kaste ausbrachen, drohte der mit diktatorischen Vollmachten ausgestattete „Hohe Repräsentant“ Valentin Inzko (ein Österreicher) mit einem Einsatz der für „Frieden“ und „Menschenrechte“ stationierten UN-Blauhelmsoldaten. Diese wurden und werden von einem österreichischen Oberbefehlshaber vor Ort kommandiert und das Hauptkontingent kommt ebenfalls vom Bundesheer. So viel zur „Neutralität“ in der Praxis!
Doch Einsätze im Tschad und in Mali bewiesen, dass das Bundesheer auch in entfernteren Gebieten aktiv werden kann. Im Rahmen eines sogenannten Assistenzeinsatzes werden Soldaten des Bundesheeres außerdem an österreichischen Grenzen eingesetzt, erst im August wurde der Einsatz auf die Grenze am Brenner erweitert. Im Bereich des Bundesheeres folgt nun, was im Sozialbereich vorexerziert wurde: Zunächst werden Geschütze für den Krieg gegen die Geflüchteten in Stellung gebracht, da die „Sozialschmarotzer“, dort gegen die „illegale Migration“. Wenn die Bevölkerung sich erst an die neue Situation gewöhnt hat – die Infragestellung eines Überlebensminimums und Soldaten auf den Straßen – nutzt man die Mobilisierung für eine allgemeine Offensive. Bereits im vergangenen Jahr wurde angekündigt, dass das Bundesheer neue sogenannte „minderlethale Wirkmittel“ kaufen will. Mit Impulsgeschossmunition, Gummigeschossen, Tränengasgranaten etc. soll das Bundesheer künftig gegen DemonstrantInnen vorgehen können. Bis 2020 sollen rund 5500 derartige „Crowd and Riot Control“-Ausrüstungen beschafft werden.
Minister Doskozil versicherte zwar, dass diese „Investitionen“ für Auslandseinsätze gedacht seien – im Interesse des österreichischen Imperialismus sollen also Aufstände und Demonstrationen im Ausland mit Hilfe des Bundesheeres niedergeschlagen werden. Nur 1240 der Ausrüstungen werden allerdings explizit als für den Auslandseinsatz geplant ausgewiesen.
Von einem Einsatz gegen Demonstrationen auch in Österreich träumt wohl nicht nur Brigadier-General Harald Pöcher, der diesen in der Zeitschrift „Der Offizier“ forderte. Ein Hindernis auf diesem Weg bleibt die Wehrpflicht: In Zeiten des Kalten Krieges als Kanonenfutter in einem möglichen Krieg gegen die Sowjetunion notwendig, werden die übers Jahr verteilt rund 26.000 Grundwehrdiener jetzt zu einem Klotz am Bein des österreichischen Kapitals. Sie hätten wohl innerhalb des Heeres die meisten Hemmungen, wenn es darum geht, auf ihre auf der Straße stehenden FreundInnen und Verwandten zu schießen. Um die nötige „Disziplin“ herzustellen wird, und hier schließt sich der Kreis zum toten Rekruten in Horn, im Rahmen der Ausbildung je nach Kaserne auch schon mal zu allen menschlichen und unmenschlichen Mitteln gegriffen. Solche Vorfälle sind nur die Spitze des Eisberges. Es ist die Pflicht der Arbeiterbewegung, für maximale Demokratie innerhalb des Heeres zu kämpfen und sich gegen jeden Militäreinsatz zu stellen, allen voran gegen Militäreinsätze bei Demonstrationen. Dass das dem reinen Selbstschutz dient, beweist nicht zuletzt der Februar 1934, in dem das Bundesheer das Feuer auf österreichische ArbeiterInnen eröffnete.
- Einen kollektivvertraglichen Lohn und volle demokratische Rechte für Grundwehrdiener!
- Nein zu allen Auslandseinsätzen des Bundesheeres, auch unter dem Deckmantel der „Friedensmissionen“!
- Nein zur Aufrüstung, nein zum Einsatz des Bundesheeres im Inneren!