Oberösterreich. Die oberösterreichische Landesregierung hat ein Sparpaket in der Höhe von 147 Mio. € präsentiert, 10% der Landesbudgets werden gestrichen. Die Kürzungen und Neueinahmen sind der finanzielle Ausdruck einer erzkonservativen politischen Haltung, argumentiert Stefanie Gschwendtner.
Leitmotiv der Einschnitte ist die „Eigenverantwortung“: wer Kinder hat, muss auch die Mittel haben diese aufzuziehen. Wer kulturell was anzubieten hat, muss dafür einen Markt finden. Wer soziale Hilfe braucht, muss diese erbetteln.
Familie
Viele Maßnahmen betreffen direkt Familien: es werden Kindergartengebühren und Studiengebühren für die FH eingeführt, Wohnbeihilfe für Alleinerziehende gekürzt, der Abbau des Kulturangebotes angegangen.
Der Zusammenhang zwischen gut ausgebauter Kinderbetreuungsinfrastruktur und der Erwerbsbeteiligung von Frauen ist offensichtlich. Mit der Einführung von Kindergartengebühren (zw. EUR 42-110 €/Monat) werden zusätzliche Hürden für die Beschäftigung von Frauen geschaffen und Familien finanziell belastet. Die Landesregierung rühmt sich mit der OÖ Familienkarte oder dem Schilift-Pass – in Wirklichkeit Förderung für lokale Unternehmen.
Die Einführung der Nachmittagsbeiträge gefährdet das generelle Zustandekommen der Betreuung vor allem in ländlichen Gebieten, wodurch die Berufstätigkeit von Müttern gefährdet wird. Dieses Problem führte zu einem Aufschrei einer betroffenen Mutter, die darauf hinwies, dass sie zwar die Gebühr bezahlen könne, aber im Kindergarten keine Nachmittagsbetreuung mehr zustande komme, da die Mindestteilnahmezahl aufgrund der Gebühren nunmehr unterschritten wird.
Das wahre Einsparungspotential ist weniger öffentliche Kinderbetreuung im Allgemeinen. Das Ziel hinter diesem Aushungern sind mehr private Träger, statt öffentlicher Verantwortung. Die Kinderbetreuung wird privatisiert werden, beziehungsweise in die Familien zurückgeschoben.
Bisher galten Familien nicht als Sozialschmarotzer, sondern als unterstützungswürdig. Nun werden sie öffentlich wegen ihrer „Gratismentalität“ bloßgestellt und attackiert. Familie sei kein politischer, sondern ein rein privater Ort, in den sich niemand einzumischen hat, so die Schwarz-Blauen. Die Verantwortung für den Nachwuchs liege keinesfalls beim Gemeinwesen, sondern im Privatbereich. In der ganzen Familiendebatte und den damit verbundenen Kürzungen wird klar, dass hier im Mittelpunkt der Bemühungen steht, die Frau wieder an die Kette der Familie zu legen. Frauenlandesrätin Haberlander sekundiert diese Haltung, indem sie in ihrer Antrittsrede die vermeintlich wichtigen Frauenthemen „Ernährung und Gesundheit“ betonte.
Gesundheit & Soziales
„Leistungsabstimmung“ und „Abbau von Doppelgleisigkeit“ sind auch in Oberösterreich Synonyme für Schließung und Auslagerungen von Abteilungen sowie Zukauf privater Leistungen. Die veranschlagten Mehrausgaben fließen primär in modernere Ausstattung für die Krankenhäuser, was prinzipiell gut ist, aber an der Unterversorgung nichts ändert.
Das gesamte Sozialbudget 2018 soll statt der bisher geplanten 5% nur um 3% angehoben werden. Damit fehlen nächstes Jahr knapp 20 Mio. €. Hinzu kommt die Kürzung der Ermessensausgaben um 10%, (ca. 9 Mio. €), was also insgesamt einen Abgang von 29 Mio. € bedeutet. Dem gegenüber steht ein wesentlich erhöhter Bedarf an Pflege und Betreuung aufgrund des Alterungsprozesses der Gesellschaft.
Finanziert wird dies durch die Streichung von Leistungen (z.B. Heizkostenzuschuss, Sozialarbeit an Schulen, Zuschüsse zum Familienurlaub, Elternbildung, …). Mit dem Streichen dieser Leistungen geht ein Verlust von Arbeitsplätzen einher, vor allem da 80% der Kosten im Sozialbereich Personalkosten sind.
Wie überall in Österreich wird der Sozialbereich hauptsächlich von privaten Vereinen getragen. Es zeichnet sich zunehmend ab, dass Vereine, die ein emanzipatives und solidarisches Menschenbild haben, aus diesem von der öffentlichen Hand finanzierten Markt gedrängt werden sollen. Nach dem Auslaufen der bisherigen Verträge, werden Vereine wie Kinderfreunde und Volkshilfe zurückgedrängt werden. Hier drohen massive Entlassungswellen. Demgegenüber werden karitative Vereine (z.B. „Abenteuer Familie“, ein neuer FPÖ-Verein in Wels, der nun Kindergärten anbietet) und vor allem profitorientierte Unternehmen den Sozialbereich ganz neu, im Sinne des Schwarz-blauen Menschenbildes gestalten.
Mindestsicherung & Wohnen
Für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte wurde bereits 2016 die monatliche Mindestsicherung um 43% gekürzt, auf monatlich 520 EUR. Während 2010 noch knapp 10.000 Alleinerziehende mit Kindern Wohnbeihilfe bezogen, waren es nach den schwarz-blauen Einschnitten 2015 knapp 3000 Haushalte weniger. Und obwohl die Mietpreise lt. Statistik Austria in Oberösterreich um 18% gestiegen sind, ist die Durchschnitts-Wohnbeihilfe für Alleinerziehende gesunken: 2010: 212,46 € im Monat; 2015: 200,52 €.
Zukünftige Wohnungen sollen „bedürfnisorientiert“ gebaut werden (d.h. ohne Lift, ohne Balkon, kleinere m²-Zahl), die soziale Spaltung der Gesellschaft soll also in Zukunft in der Architektur abgebildet werden: Wohnungen für Reiche und Wohnkäfige für Arme.
Bildung, Forschung, Kunst und Kultur
Um die Steigerung des Budgets in der Forschung zu finanzieren (+3%; 90 Mio) werden u.a. an den landeseigenen FHs Studiengebühren eingeführt. Dadurch muss ab dem Studienjahr 2018/2019 z.B. auch für die Krankenpflegeausbildung gezahlt werden. Musikpflege, Literaturförderung, Blasmusik und Filmförderung verlieren zwischen 30-40% ihrer Förderungen. Viele Vereine werden diese Einschnitte nicht überleben. Das führt zu einer Ausdünnung der Kulturszene in Oberösterreich. Das Budget für die Repräsentation der Mitglieder der Landesregierung hingegen wird von 370.100 auf 840.000 € angehoben, ebenso die freihändigen Verfügungsmittel der Regierungsmitglieder von 158.000 auf 299.300 EUR. Da kann man sich dann leichter als GönnerIn des heimatlichen Traditionsvereins feiern lassen.
Widerstand
Eine Welle des Widerstands und des Aufschreis geht durch Oberösterreich. Sichtbarster Ausdruck davon ist die Demo von FachhochschülerInnen und Kulturschaffenden am 4.12. und die Kundgebung der Gewerkschaften am 5. Dezember. Bei unseren öffentlichen Aktionen bekommen wir viel Zuspruch und Kontaktadressen. Dass sich Widerstand lohnt, zeigt die Mobilisierung des ÖBG: die angekündigte Mindervalorisierung der öffentlichen Bediensteten in Oberösterreich wurde unter dem Druck der Gewerkschaften zurückgenommen. Die Rückabwicklung der sozialen Rechte soll möglichst geräuschfrei passieren, denn die Bürgerlichen fürchten den sozialen Widerstand. Die MarxistInnen in Oberösterreich haben die Aufgabe, diesen aktiv (mit-)zuorganisieren, Klarheit über das Ausmaß der Angriffe zu schaffen und nicht zuletzt eine genaue Diskussion über die Unzulänglichkeiten der Taktik der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften zu führen. Der Bürgerblock kann besiegt werden, aber nur mit Entschlossenheit!