Seit fast genau einem Jahr liefert „Der Funke“ Analysen zu den katastrophalen Arbeitsbedingungen bei der Österreichischen Post-AG, speziell zu den chronischen Zustell-Ausfällen in Vorarlberg. Erst mit August 2017 erhielten diese Probleme erstmals breitere Öffentlichkeit durch Medienberichte der Vorarlberger Post-Personalvertretung, die aber vom Management mittels eines medialen Maulkorbes unterdrückt wurden.
Ende November 2017 bricht sich der Skandal Bahn und wird von mehreren politischen Parteien aus Vorarlberg aufgegriffen. Er kann damit definitiv nicht mehr totgeschwiegen werden. Wir wiederholen noch einmal alle Aussagen der Vorarlberger Personalvertretung, gegen die die Post noch im August ihr gesamtes Arsenal an Unterdrückungsmaßnahmen (bis hin zur Kündigungsdrohung für Personalvertreter!) auffahren ließ:
Die Post leidet unter selbstorganisiertem massivem, chronischem Personalmangel. Das Unternehmen weiß aufgrund ständiger Beschwerden seitens von Privat- und Geschäftskunden, sowie aufgrund der laufenden Medienberichterstattung genau über dieses Problem Bescheid. Wenn überhaupt, beantwortet sie Beschwerden seit Jahren mit fadenscheinigen Erklärungen, etwa mit „kurzzeitig erhöhten Postmengen“, „plötzlichen Krankenständen“, „unvorhersehbaren Paketmengen“. Statt Aufstockung des Personals werden die Zustellbezirke endlos vergrößert, statt die Zustellung zu garantieren, nur die Profite erhöht.
Derweil verkaufen die Pressesprecher der Post die Menschen mit eingeübten Phrasen für dumm: Probleme gäbe es höchstens „da und dort““, man sei „noch nicht da, wo man hin will“, „in einigen Tagen“ sei alles geregelt. Ohnehin wird das ganze Problem auf die Beschäftigten abgewälzt: öffentlich werden Postler angeprangert, schlampig zu arbeiten, etwa durch den Pressesprecher Homola in „Neues bei Neustädter“ in Radio Vorarlberg. Und bei überdurchschnittlich hohen (und natürlich unvorhersehbaren) Abgängen von neu eingestellten Kräften sei trotz „Personaloffensive“ eben nichts zu machen. Schuld am Desaster sind also unwillige Ferialkräfte oder neu Eingestellte, die sich an 12 oder 14-Stunden-Tage nicht gewöhnen wollen.
Der allgemein bekannte Zusammenhang zwischen diesem drastischen Personalschwund und den miesen Arbeitsbedingungen bei der Post wurde nun durch die Vorarlberger SPÖ in einer Pressekonferenz endgültig klargestellt: die Gründe für den Abgang so vieler Postler sind laut den Landtagsabgeordneten Manuela Auer und Michael Ritsch die niedrigen Löhne und die dauernde Überbelastung, die Verantwortung für die Misere verorten sie klar beim Personalmanagement des Konzerns. Das Post-Gesetz, das die flächendeckende Zustellung sichern soll, würde vom Management bewusst missachtet; den Beschwichtigungen der Pressesprecher könne kein Glauben mehr geschenkt werden.
Die ganze Problematik wird gerade in Form einer parlamentarischen Anfrage im Vorarlberger Landtag behandelt. Bemerkenswert: der Antrag stammt ursprünglich von der FPÖ, die SPÖ-Fraktion erweiterte ihn nun um den Aspekt der Arbeitsbedingungen und fordert höhere Löhne und kleinere Bezirke. Die Dimension des Problems zwingt sogar die Vorarlberger ÖVP zu einer Stellungnahme!
Wir sehen damit unsere gesamte letztjährige Berichterstattung zum Post-Skandal durch den Vorarlberger Landtag in allen Punkten bestätigt. Ist damit wieder alles eitel Wonne? Keineswegs! Die mediale und politische Initiative der Vorarlberger SPÖ ist ein erster richtiger Schritt. Was hinter den Aussagen steht, bleibt allerdings abzuwarten: bei voller Unterstützung des Vorstoßes von Auer und Ritsch möchten wir zu bedenken geben, dass die Probleme bisher nur kommentiert wurden; es gilt aber, sie zu ändern! Die SPÖ steht kurz vor dem Seitenwechsel in die Opposition, kämpferische Aussagen fallen in so einer Situation bedeutend leichter. Und wir wären naiv, wenn wir glaubten, dass sich die kommende schwarz-blaue Regierung von Medienberichten und parlamentarischen Anfragen beeindrucken lässt. Eine Gewähr für die Verwirklichung der Forderungen der zwei SPÖ-Abgeordneten gibt nur ihre Einbindung in eine Initiative von Gewerkschaft und Personalvertretung. Daher fordern wir:
- Neue Bezirkseinteilung nach einem Plan der Personalvertretung: Arbeit darf nicht krank machen, die Zustell-Qualität muss gesichert sein!
- Betriebsversammlungen zur Ausarbeitung und Kontrolle dieses Plans: die Postler wissen am besten Bescheid, welche Bezirksgrößen bewältigbar sind; die Umsetzung des Plans muss durch die Belegschaft kontrollierbar sein!
- Weniger Profite, mehr Konsumentenorientierung und massive Aufstockung des Personals: die verantwortungslosen Kürzungen der letzten Jahre müssen zurückgenommen werden! Gewerkschaftliche Maßnahmen sind unausweichlich, wenn die Personalsituation nicht endlich der anfallenden Arbeit angepasst wird!
- Rückverstaatlichung der öffentlichen Dienstleistungen! Belegschaft und Bevölkerung wurden lange genug für die Aktienkurse und Ausschüttungen geplagt; das Profitprinzip beweist täglich, dass es sich einen feuchten Kehricht um Arbeitsbedingungen und Zustellsicherheit schert.