Am 13. Dezember vergangenen Jahres versuchte Post-Generaldirektor Georg Pölzl in einem Interview in den Vorarlberger Nachrichten ein letztes Mal, die verheerenden Zustände bei der Vorarlberger Post mit einer ganzen Reihe schamloser Lügen schönzureden. Die Dreistigkeit seiner Behauptungen ist kaum zu überbieten, beispielsweise sprach er trotz permanenter Zustellausfälle im ganzen Land von lediglich einem einzigen nicht besetzten Zustellbezirk.

Diese Aussagen provozierten bereits am Tag darauf eine ganze Welle wutentbrannter Entgegnungen der Bevölkerung (Leserbriefe), des ÖGB Vorarlberg und der politischen Parteien des „Ländle“ – kein Wunder, verbreitete Pölzl sein Märchen einer „gut aufgestellten“ Vorarlberger Post doch tatsächlich einen Tag vor der Behandlung der ganzen Misere im Vorarlberger Landtag.

Angesichts der verbreiteten Wut der Bevölkerung über die Zustellausfälle, beschossen die Parteien des Landtags das Management der Post mit massiver Kritik. Von allen Parteien wurden höhere Löhne und kleinere Zustellbezirke gefordert, Michaela Auer (SPÖ) forderte den Rücktritt Pölzls. Zeitgleich sprach ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker in einer medialen Antwort auf Pölzls Interview von „Lügen, dass sich die Balken biegen“, und brach endlich auch von gewerkschaftlicher Seite das Schweigen bezüglich der massiven Repressionen der Post gegenüber Belegschaft und Personalvertretung (wir berichteten). Die Post habe ein „System der Angst“ geschaffen, mit dem Mitarbeiter klein gehalten und Gewerkschafter unter Druck gesetzt würden.

Die „SoKo Post“

So viel Realität ließ Pölzl kurz zurückrudern, sofort darauf aber in die Offensive gehen – gegen sein eigenes Management. Pölzl beschuldigt nun die regionalen Leiter der Post, ihm die Informationen über die Situation vor Ort vorenthalten zu haben. Noch im Dezember wurde eine hauseigene Sonderkommission beschickt, um mit verdeckten Ermittlern tagelang alle Vorarlberger Zustellbasen zu durchleuchten und die Rückstände festzustellen. Einige leitende Personen der mittleren Ebene wurden als Sündenböcke gekündigt: Ein unerträglich theatralischer und lächerlicher Versuch Pölzls, die eigene verdreckte Weste reinzuwaschen, denn in Wahrheit glaubt ihm niemand, dass er nichts vom Zusammenbuch der Zustellung, der Personalnot, den massiven Burnout-Raten und den Repressionen gegen Personalvertretung und Belegschaft gewusst hätte. Die Leserbriefe und einschlägigen Postings der Vorarlberger Bevölkerung sind ein wahres Wutkonzert gegen Pölzl als Sinnbild des profitgierigen Managers.

SPÖ und ÖGB: Worte oder Taten?

Durch ihre mediale Kampagne haben einige Personen aus SPÖ und ÖGB Vorarlberg zentrale Schritte gesetzt, um endlich öffentlichen Druck gegen das Unternehmen aufzubauen. Ihr Umgang mit der besagten Sonderkommission Pölzls hingegen ist falsch! Ohne die Scheinheiligkeit der Aktion zu entlarven, wird die Kommission von SPÖ und ÖGB gutgeheißen. Sogar Post-Personalvertreter Franz Mähr, bis vor kurzem noch persönlich von der Post (also von Pölzl) mit einem Medienkontaktverbot beschlagen, begrüßt den Schritt.

Eine zusätzliche Erhebung der Situation ist aber nicht notwendig, da sie sich völlig klar darstellt. Erstens presst die Post ihre ArbeiterInnen bis zum letzten Tropfen aus. Das Resultat sind kranke Briefträger und ein völliger Bruch des Zustellgesetzes. Zweitens sind die verdeckten Ermittler die „Kavallerie“ des „Postgenerals“, wie sich Pölzl gern in den Medien nennen lässt, und dienen ihm lediglich dazu, die Schuld für die Auswirkungen seiner Profitgier seinen Untergebenen in die Schuhe zu schieben. Klarerweise werden die verdeckten Ermittler von den BriefträgerInnen auch als Bedrohung wahrgenommen, da sie durch sie Gefahr laufen, für unverschuldete Zustellverfehlungen noch haftbar gemacht zu werden. Drittens muss keine Lösung für das Problem „gesucht“ werden, denn auch diese liegt klar auf der Hand. Was es braucht, sind gute Löhne, realistische Zustellbezirke und genügend Personal. Punkt.

Die besagten VertreterInnen von SPÖ und ÖGB stellen genau diese Forderungen auch öffentlich auf. Es kann aber nicht angehen, dass die Organisationen der Arbeiterklasse Pölzl nach all den begangenen Schweinereien nun in seinem Manöver unterstützen, und es bei der „Anregung“ zu mehr Personal belassen. Die Postgewerkschaft muss aus ihrer Passivität heraus, der Fokus gehört weg vom Abwarten auf „Verständnis“ des Managements, und hin zur Lösung des Problems. Betriebsversammlungen zur Vorbereitung von Streiks, um dem Unternehmen die Mittel für kleinere Bezirke und höhere Löhne abzuringen. So und nur so werden neu Eingestellte bleiben und nur so kann sich die Situation normalisieren.
„in einigen Wochen erledigt“

In den Zustellbasen herrscht unglaubliche Frustration über den Alltag und das Zögern der Gewerkschaften. Doch die Bedingungen für Gegenwehr und Mobilisierung der eigenen Personalvertretung durch die Postler sind ausgesprochen gut. Durch den Personalmangel braucht das Unternehmen derzeit jeden und jede. Die Belegschaften in den anderen Bundesländern ächzen genauso unter Niedriglohn und Überarbeitung und können gewonnen werden. Alle politischen Parteien Vorarlbergs sind zur Forderung nach besserer Bezahlung genötigt. Und um die Tatsache, dass die Solidarität der geplagten Bevölkerung in diesem Konflikt bei den Postlern liegt, kommt auch Pölzl nicht mehr herum.
Die Probleme bei der Post seien „in einigen Wochen erledigt“ – solche Lügen hörte man immer wieder von Seiten des Managements. Wenn sich aber die Postler zusammenschließen und der Profitgier der Aktionäre einen Riegel vorschieben, können sie der Post-Misere mit Sicherheit in absehbarer Zeit ein Ende setzen.


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