Am 21. August stimmte der 14-köpfige Vorstand der Allgemeinen Unfallkrankenversicherungsanstalt (AUVA) dem von der Regierung aufgebrummten Sparpaket zu. Über dessen Bedeutung, von Yola Kipcak.


Nachdem die Regierung im Frühjahr mit der möglichen Abschaffung der AUVA eine Bombe platzen ließ, erpresste sie diese stattdessen mit Sparauflagen, die ursprünglich 500 Mio. € betragen sollten. Die sieben Wirtschaftskammervertreter (WKO) im AUVA-Vorstand, sowie zwei „schwarze“ Gewerkschafter von der Arbeiterkammer (AK) gaben nun Einsparungen von 428,8 Mio. € jährlich ihr „ja“. Per Salamitaktik werden die verschiedenen Einsparungen bis 2029 eingeführt.

Wo wird gespart?

Argumentiert wurden die Einsparungen vor allem mit zu hohen Verwaltungskosten, die mit nur etwa 7% oder 92,3 Mio. € (2016) des Jahresbudgets (ca. 1,4 Mrd. €) jedoch sofort als vorgeschobener Grund entlarvt werden. Die wahren Interessen, denen die Einsparungen dienen, liegen bei den Unternehmern, deren Beitragszahlung zur Unfallversicherung von 1,3% (des Lohns pro ArbeiterIn) auf 0,8% gesenkt werden sollen, in einem ersten Schritt nun auf 1,2% ab 2019 verringert wurden. Richtigerweise bezeichnet die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter dies als „Geschenk an die Großindustrie“. Auch die Art, wie die Einsparungen nun erfolgen sollen, zeichnet ein deutliches Bild:
'Bei sich selbst' spart die AUVA nur 74 der 428,8 Mio. ein, nämlich 25,5 Mio. in der „Verwaltung“ (wie, ist noch unklar – zunächst war von Nicht-Nachbesetzung von Posten die Rede), 33 Mio. durch „Betriebsführung“, indem die Krankenhäuser und Reha-Zentren der AUVA nun in eine Betriebs GmbH ausgelagert werden. Trotz Dementi der Regierung kann dies als erster Schritt Richtung Privatisierung dienen. Vorerst werden den Angestellten der „Betriebs GmbH“ gleiche Löhne und Verträge wie bisher versprochen – was die Betriebsgründung zunächst wirkungslos (und die 33 Mio. Einsparungen völlig unklar) macht. Die Hintertür für einfache Verschlechterungen in Zukunft ist aber damit eingebaut. Schließlich werden 16,3 Mio. weniger in IT, „Subventionsreduktion“ u.ä. eingeplant.
60 Mio. sollen durch „Kooperationen“ wettgemacht werden, d.h. Kostenabwälzung auf Landeskrankenhäuser (32 Mio. bis 2029), das AKH Wien (welches von Bund und Wien finanziert wird, 4 Mio. ab 2019) und die Pensionsversicherung (24 Mio. bis 2020).


Der große Rest beträgt stattliche 294 Mio. €, und die sollen die ArbeiterInnen in Zukunft durch Gesetzesänderungen selbst berappen, wenn es nach FPÖVP geht. Die AUVA zahlt anderen Krankenhäusern, die Arbeitsunfälle behandeln, einen Pauschalbeitrag, den sie selbst für zu hoch befinden. Bisher wurde „sozialpartnerschaftlich“ verhindert, dass dieser verringert wird. Jetzt soll dem stattgegeben werden – 156 Mio. Umverteilung von der rein Unternehmer-finanzierten AUVA auf die Krankenkassen, die zu fast 50% von Löhnen der ArbeiterInnen finanziert wird. Weiters sollen die Zuschüsse an Klein- und Mittelbetriebe (KMU) im Krankheitsfall an „einen anderen Kostenträger“ (der noch nicht definiert ist) übertragen werden – 111 Mio bis 2023. Außerdem wird Gesundheitsprävention in KMUs (27 Mio.) ab 2021 nicht mehr unterstützt. Insgesamt ergeben sich so die ca. 430 Mio. Einsparungen.

Die Bedeutung der Einsparungen

Wie man es dreht und wendet, Einsparungen von einer halben Milliarde € müssen irgendwo – nun, eingespart werden. Mit geübten Taschenspielertricks wird von Verwaltung und Kooperationen geredet, doch am Ende muss dieses Geschenk an die Unternehmer jemand zahlen. Dafür gibt es drei Optionen: Erstens, die Krankenkassen nehmen keine Leistungskürzungen vor und die ArbeiterInnen müssen dafür höhere Beiträge zahlen. Zweitens, ArbeiterInnen müssen sich künftig eben selbst, also privat, unfallversichern. Die ÖVP-nahen Versicherungen UNIQA und Wüstenrot reiben sich schon die Hände und der Tiroler Wirtschaftskammerpräsident Bodenseer ist nur einer von Vielen, wenn er sagt: „Die Einführung einer Pflichtversicherung für Freizeitunfälle seitens der Arbeitnehmer ist längst überfällig und die einzig faire Lösung in dieser Frage“ (TT, 21.8.).

Drittens: es wird an Leistungen gespart, und dann wohl nicht bei der Krankenversicherung der Unternehmer und Bauern, sondern bei jenen Krankenkassen, die für Arbeiter und Angestellte zuständig sind, und die noch in dieser Regierungsperiode zusammengelegt werden sollen. Praktischerweise fallen die Kürzungsentscheidungen erst an, wenn – so der Plan von Schwarz-Blau – die Vorstandsgremien der zusammengelegten Krankenkassen von Gewerkschaftern ‚gesäubert‘ wurde. Wie im Funke Nr. 164 beschrieben haben dort die von der Arbeiterkammer geschickten VertreterInnen eine 4/5 Mehrheit gegenüber WKO-VertreterInnen. Künftig soll es 50:50 sein und der Staat soll zudem zwei „Kommissare“ in die eigentlich selbstverwalteten (d.h. ohne staatlichen Eingriff) Krankenkassen schicken.
Egal welche der Optionen gewählt wird, oder ob es eine Kombination aus allen drei wird, draufzahlen müssen die Versicherten, die ArbeiterInnen.

Schwarz-Blau hat einen Schlachtplan, der von Arbeitszeit über Bildung bis zu Gesundheit reicht und exerziert ihn bisher ohne ernsten Widerstand durch. Jeder kleine Schritt, der zurückgemacht wird, wird uns in Zukunft teuer zu stehen kommen. Wie die Abstimmung im Vorstand der AUVA gezeigt hat, ist auf ‚Verhandlungsstrategie‘ kein Verlass und auch die beste ‚Öffentlichkeitsarbeit‘ und PR-Taktik ist wie weiche Butter, durch die die Unternehmer mit ihren Handlangern in die Regierung schneiden. Verlass ist nur auf die ArbeiterInnen selbst – die KrankenpflegerInnen und Angestellten in Krankenhäusern, die ArbeiterInnen in Betrieben und Fabriken, die EisenbahnerInnen – sie haben die Macht, die Regierung tatsächlich zu stoppen.

(Funke Nr. 166/August 2018)


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