Der EuGH hat die Regelung, den Karfreitag nur als Feiertag für ProtestantInnen zu behandeln, aufgehoben. Alle Beschäftigten freuten sich auf einen zusätzlichen Feiertag. Doch Regierung und Unternehmen haben dies mit einer Gesetzesänderung verhindert und einen Halbfeiertag erfunden. Von Daniel Ghanimi.

Die vom ÖGB gestellte Forderung, den Karfreitag zu einem allgemeinen Feiertag zu machen, wurde von der Regierung unter Verweis auf Kosten von 600 Millionen Euro für die Wirtschaft sofort abgelehnt. Eine Mehrheit von 81 Prozent der befragten Lohnabhängigen will aber genau dies: mehr Freizeit und eben den vom Obersten Gericht zuerkannten Feiertag für alle, wie eine repräsentative Umfrage bestätigt. Arbeitsdruck, 12-Stundentag, mangelnde Freizeit …. die Arbeitenden in Österreich sehnen sich nach Ruhe und Erholung.

Gernot Blümel (ÖVP), die rechte Hand von Sebastian Kurz, hat derweil diskret an einer Lösung gearbeitet, um die Interessen der Kirchen, europäischer Rechtsprechung und des Profits in Einklang zu bringen. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker trat mit dem Kanzleramtsminister in eine theologisch-ökonomische Debatte, in der elf Möglichkeiten erörtert wurden: etwa ein flexibler Feiertag je nach Religionsbekenntnis oder die Einrichtung des Karfreitags als Feiertag für alle im Abtausch mit der Aberkennung eines katholischen Feiertags wie dem Ostermontag oder dem Stephanitag. Auch die Streichung der Zuschläge für ArbeiterInnen an diesem Feiertag war in Diskussion, aber rechtlich nicht haltbar.

Während sich die Nomenklatura des Katholizismus bedeckt hielt, zeigte sich die Laienorganisation Katholische Aktion (KA) scheinbar großherzig: Karfreitag als Feiertag für alle! Doch im gleichen Atemzug betont die KA, dass es auch wichtig sei, „die wirtschaftliche Seite zu sehen“. Wenn sich auch die christlichen Kirchen unflexibel zeigen, wenn es um ihre spezifische liturgische Rangordnung bei gesetzlichen Feiertagen geht („Ostermontag darf nicht Karfreitag werden“), so scheint sie doch ein Gedanke zu einen: eine Lösung muss es zulasten der ArbeitnehmerInnen geben, denn weder Liturgie noch Wirtschaft dürfen „leiden“.

Dass Gott und Kapital überhaupt eine ganz besondere Beziehung haben, vertritt der adelige Erbe Veit Schmid-Schmidsfelden. Er ist Unternehmer, Metaller-Verhandler bei KV-Verhandlungen und Präsident des Forums Christlicher Führungskräfte. Im Interview mit der Presse (23.12.2018) gibt er zu Protokoll, dass der Kapitalist sein Vermögen von Gott (!) bekommen habe und dieses verantwortungsvoll vermehren müsse. Er steht der kapitalistischen Ausbeutung daher positiv gegenüber, solange sie „maßvoll“ stattfinde, wobei er sogar Investmentbanker (im Volksmund als „Heuschrecken“ bekannt) inkludiert, sofern ihre „Optimierungen und Partikularinteressen nicht dem Gemeinwohl schaden“. Aber Reichtum sei ja ohnehin „relativ“.

In Stein gemeißelt ist jedenfalls, dass die katholische Kirche bisher noch jede Glaubensauseinandersetzung auf österreichischem Boden für sich entschieden hat. So auch diesmal. Sie war nicht bereit, den protestantischen Nachkommen der wenigen Überlebenden des katholischen Religionsterrors der sogenannten Gegenreformation einen Feiertag abzutreten. Stattdessen wird den protestantischen ArbeiterInnen der Karfreitag-Feiertag genommen, und allen ArbeiterInnen der (oft arbeitsfreie) Freitagnachmittag als Feiertag gegeben.

Die Neuregelung geht zulasten der Lohnabhängigen – da waren sich die kirchlichen, wirtschaftlichen und politischen Eliten einig.

(Funke Nr. 171/März 2019)


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