Viele Betriebe, Gasthäuser, Geschäfte usw. können aufgrund des Shut-Downs nicht wie gewohnt arbeiten und verlieren dadurch Einnahmen. Die österreichische Regierung ermöglicht deshalb seit 15. März ArbeitnehmerInnen massenhaft in Kurzarbeit zu schicken.
Natürlich nutzen viele Betriebe die Kurzarbeit, in denen tatsächlich nicht gearbeitet werden kann. Uns wird gerne das Bild vom Wirten von nebenan vorgezeigt, der seine Angestellten einfach nicht mehr bezahlen kann. Niemand will, dass die Leute entlassen werden und auch nicht, dass die KleinunternehmerInnen vor dem Ruin stehen. Aber das Modell Kurzarbeit wird auch von Unternehmen genutzt, die gerade mehr als genug zu tun haben und Gewinne machen. Die KollegInnen sollen dann die gleiche oder sogar mehr Arbeit in der halben Zeit machen. Die „Vollzeit“-KollegInnen rotieren nur mehr und häufen Überstunden an. Andere berichten, dass sie weiterhin 40-50h/Woche arbeiten, obwohl sie in Kurzarbeit sind.
Ich weiß das aus eigener Erfahrung, weil ich in einem systemrelevanten Betrieb („kritische Infrastruktur“) arbeite. Alle KollegInnen sagen, dass sie weiter gute Arbeit leisten wollen, weil sie gesellschaftlich notwendig ist. Die Belegschaft wird durch die Maßnahmen der Konzernleitung zur Kostenoptimierung dabei behindert. Und ein Detail dabei: Jede Sparmaßnahme, die uns angekündigt wird, trägt die Unterschrift des Betriebsrats und der Gewerkschaft. Warum? Unser Betriebsrat sagt: Wir müssen profitabler sein als die anderen!
Wozu also Kurzarbeit, wenn mehr als genug zu tun ist? Aufgrund der Konkurrenz am Markt, aufgrund der allgemeinen Wirtschaftskrise, die sich auch nach Corona nicht bessern wird, und wegen der Erwartungen der InvestorInnen. Also weil auch systemrelevante Arbeitsbereiche in privater Hand sind und nicht im Sinne der Allgemeinheit organisiert werden.
Nun werden in vielen Betrieben trotz Kurzarbeit Dividenden an AktionärInnen und Boni an das Management ausgezahlt. Das wird etwa mit der Hoffnung argumentiert, so günstige Fremdfinanzierung lukrieren zu können. Aber spätestens hier muss uns allen klar sein, dass Geld der Kurzarbeit für private Profite genutzt wird. Dieses Geld der Allgemeinheit bezahlen wir alle durch Steuern.
Der französische Präsident Macron bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass aktuell europaweit die Lohnzahlungen der Privatunternehmen und ihre Verluste verstaatlicht werden. Natürlich unterstützt auch er diese „pragmatische Herangehensweise“. Die Konkurrenz am Markt verhindert die beste Leistung für die Gesellschaft. Die Umwälzung von Betriebskosten, wie aktuell der Löhne auf die SteuerzahlerInnen, werden wir mit Zinsen zurückzahlen müssen.
Wir, die Angestellten, wüssten am besten, was in der aktuellen Situation notwendig ist. Wir brauchen die Kontrolle über all diese systemrelevanten Betriebe, um im Interesse der Gesellschaft arbeiten zu können.
(Funke Nr. 183/27.4.2020)