Am 11. Juni fand am Ring die 26. Wiener Regenbogenparade statt. Mit über 250.000 Personen gilt diese als die größte diesjährige Demonstration in Österreich. Gleichzeitig fand am Rathausplatz eine Gegendemonstration von der „Plattform Familie“, der „Marsch für die Familie“, statt sowie der „Marsch für'n Arsch“ als Gegendemonstration dazu. Ein politischer Bericht von Mio Purgathofer.

Veranstaltet wurde der Umzug von der Stonewall GmbH, ein Teil der HOSI Wien. Die Organisation rief aktiv dazu auf, sich der Demo mit Schildern und Transparenten anzuschließen und die Veranstalterin meinte in einem Interview, dass die Party nicht im Vordergrund stehe. Das wurde dadurch konterkariert, dass selbst Fußgruppen einen hohen Teilnahmebeitrag leisten mussten, was die Abwesenheit linker politischer Demoblocks nach sich zog. So stand schlussendlich doch vor allem die Party im Vordergrund, allerdings sah man durchaus einige Leute mit Schildern wie „the first pride was a riot“ oder „keep pride radical“.

Kein Platz für Konzerne, Kriegstreiber und Bürgerliche!

Am Autokorso, der die Parade dieses Jahr wieder begleitete, beteiligten sich unter anderem verschiedene Konzerne, die die LGBT+ Community angeblich unterstützen. Obwohl es verständlich ist, dass ein Umzug von dieser Größe finanziert werden muss, fände ich es wichtiger, sich mit der Demo aktiv gegen Rainbow Capitalism und die Scheinheiligkeit der Konzerne zu stellen. Firmen, die einen Wagen auf der Parade hatten, wie zum Beispiel die UniCredit Bank oder die Business Group, haben kein Problem damit, im Juni ihr Logo in Regenbogenfarben anzumalen und auf der Pride für laute Musik zu sorgen, aber sobald ihre LGBT+ Angestellten einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz fordern oder ihre Arbeitsleistung aufgrund psychischer Erkrankungen, die LGBT+-Leute nachgewiesenermaßen häufiger aufweisen (über 50% aller Trans-Personen leiden an Depressionen), sinkt, stößt ihre Solidarität an eine Grenze. Mit solchen Unterdrückern dürfen wir uns im Kampf um unsere Befreiung nicht verbünden!

Ebenfalls vertreten am Umzug sowie bei der Abschlusskundgebung am Rathausplatz waren die Grünen, mit Nationalratsabgeordneter Ewa Ernst-Dziedzic, deren Partei erst im April für die Beibehaltung des diskriminierenden Blutspendeverbots für homo- und bisexuelle Männer gestimmt hat. Auch wenn das Gesetz mittlerweile beschlossen wurde, wurde uns nur noch einmal bewiesen, dass unsere Rechte nur durchgesetzt werden, wenn sich die Regierung gerade einen Vorteil davon erwartet.

Unlimited Democracy war eine weitere nennenswerte politische Gruppierung, die laut Pride-Website vor Ort mit einem offiziellen Block vertreten war. Sie treten für einen harten imperialistischen Krieg gegen Russland um die Kontrolle der Ukraine ein.

Die Anwesenheit von „netten“ Konzernen, bürgerlichen Parteien und dem Pride-Motto „make love not war“ machen deutlich, dass aus Sicht der Veranstalter Unterdrückung und Krieg nicht Produkte des Kapitalismus sind und es eine Lösung in diesem System gäbe. Doch für die volle Befreiung kämpfen, heißt gegen den Kapitalismus und für die Revolution zu kämpfen. Dies war auch die Position, die der Funke mit großem Zelt, Transpis und Zeitungen gut sichtbar propagierte.

The first pride was a riot

Wie jedes Jahr veranstaltete die christlich-konservative Gruppe „Plattform Familie“ auch heuer wieder eine Gegendemonstration zur Regenbogenparade und schuf damit die Notwendigkeit für den „Marsch für'n Arsch“. Dass 500 Leute zur linken Gegendemo gingen, während nur ungefähr 200 christliche FundamentalistInnen kamen, zeigt, dass es vielen wichtig ist, am Tag der Pride mehr zu tun, als zu feiern. Die Stimmung am „Marsch für'n Arsch“ war kämpferisch und bezeugt, dass immer mehr Menschen radikal die konservativen Wertvorstellungen ablehnen. In Gesprächen wurde deutlich, dass es dort nicht aufhört. Es reicht vielen nicht aus, uns als LGBT+ Community sichtbar zu machen, wir wollen nicht nur mit gesellschaftlichen Normen, sondern auch mit ihrer materiellen Basis, der Gesetzeslage und dem Staat brechen!

Von Seite der Polizei gab es Repression, indem mit Pfefferspray Platz für die AbtreibungsgegnerInnen gemacht wurde, wobei nur Stunden davor ein Tweet der Polizei erschien, dass sie die Pride unterstützen. Schon die erste Pride war ein Protest gegen Polizeigewalt, und wir dürfen nicht vergessen, dass dieser Kampf noch nicht vorbei ist!

Als Arbeiterklasse haben wir die Macht, das System, dem auch die LGBT+ Unterdrückung zugrunde liegt, ein für alle Mal zu beenden. Nehmen wir uns unsere Straße zurück, kämpferischer und bunter als je zuvor!

(Funke Nr. 205/13.7.2022)


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