Graz. Die abgewählte ÖVP-FPÖ Regierung hinterließ einen finanziellen Scherbenhaufen. Bürgerliche drohen nun mit Amtsenthebung der KPÖ-geführten Reformregierung und kommissarischer Verwaltung der Stadt. Die KPÖ muss in die Offensive gehen, argumentiert Christoph Pechtl.

18 Jahre ÖVP-FPÖ Stadtregierung hinterließ einen Schuldenberg von 1,6 Mrd. Euro, der höchsten kommunalen Pro-Kopf-Verschuldung einer österr. Stadt (5.571€). In den kommenden Jahren sind jährliche Rückzahlungen zwischen 50-100 Mio. € fällig, Rücklagen dafür gibt es nicht.

Der städtische Rechnungshof hat seit Jahren gewarnt, allerdings ohne öffentliche Diskussionen auszulösen oder politischen Druck aufzubauen – jetzt aber droht er anlässlich des ersten von der Reformregierung vorgelegten Budgets mit der „kommissarischen Verwaltung“ der Stadt, also einem Putsch gegen die Stadtratsmehrheit.

Im Zentrum der Finanzkrise scheinen die Holding Graz GmbH und zahlreiche Tochterunternehmen, an welche kommunalen Dienste, Immobilien etc. ausgelagert, verkauft, zurückgemietet und zurückgekauft wurden, zu stehen. Der Stadtrechnungshof kommentiert: „Es fehlten (fast) alle Grundlagen, die eine Steuerung der Beteiligungen durch den Gemeinderat oder die zuständigen Stadtsenatsmitglieder ermöglicht hätten.” In einem Bericht vom Juni berichtet der Rechnungshof nun gar von fehlenden Akten und generell einem fehlenden Controlling.

Auslagerungen aus der Gemeinde dienen in der Regel dazu Profite zu privatisieren und die Kosten bei der Allgemeinheit zu lassen. Die Verantwortlichen dieser Politik in Graz sind dieselben, die jetzt lautstark der KPÖ Unfähigkeit vorwerfen und ihre politische Entmachtung vorantreiben. Ex-Finanzstadtrat Riegler von der ÖVP im Bezirksblatt:

„Im ersten Schritt müsse man vertrauensbildende Maßnahmen für den Kapitalmarkt setzen. Dann brauche es zweitens eine Neuerstellung der Budgets für 2022 und 2023 inklusive der Wirtschaftspläne für die Beteiligungen. Unterstützung soll es dafür, so der dritte Punkt, von einem ‚Finanz-Weisenrat` geben.“

KPÖ will durchtauchen

Die KPÖ-Spitze bedankt sich artig für derartige „Unterstützung“, dankte auch dem Stadtrechnungshof und dem Finanzdirektor für die gute Zusammenarbeit und lädt damit zu neuen Angriffen regelrecht ein. Mit Regierungsantritt vor einem Jahr gab sie Teile ihres Wahlprogramms auf. Für politischen Frieden mit den Bürgerlichen verzichtete sie auf die Re-Kommunalisierung der Graz-Holding, ein Fehler, wie wir damals schrieben und es sich jetzt in der Praxis zeigt.

Die KPÖ versucht nun bis März ein neues, „akzeptables“ Budget auszuarbeiten. Dies kann nur Kürzungen, Gebührenerhöhungen und die Ausdünnung kommunaler Leistungen bedeuten.

Schon der erste Budgetvoranschlag besteht aus „Konsolidierungsmaßnahmen“, also Angriffen auf die Arbeiterklasse. Entgegen dem Wahlversprechen werden die städtischen Gebühren (bereits jetzt über dem Niveau anderer Städte) und Öffi-Ticketpreise angehoben und die Intervalle verlängert. „Ein nicht geringer Anteil der Menschen hat schon gelernt, mit weniger auszukommen[...]. Ich glaube aber, dass die Menschen im nächsten Jahr lernen müssen, mit noch weniger auszukommen“ so die Bürgermeisterin in der Kronenzeitung.

… sollte aber in die Offensive gehen

Die bekanntgewordenen Skandale der Vorgängerregierung legen nahe, dass die Profiteure der Finanzmisere eher auf der ÖVP-Weihnachtsfeier, sicher aber nicht in der Grazer Bevölkerung zu finden sind. Die KPÖ hat Zugang zu den Akten und Protokollen der Stadt. Sie könnte öffentlich aufzeigen, wie Privatisierung und Freunderlwirtschaft für die jetzige Misere der Stadt verantwortlich sind. So wird sie einen stärkeren politischen Rückhalt in der Grazer Arbeiterklasse aufbauen und die politische Haltung der SPÖ-Spitze auf die Probe stellen. Auf dieser Basis kann eine offensive Kampagne mit dem Ziel, die Reformagenda der Stadtregierung zu retten, geführt werden.

Für eine solche Kampagne braucht es ein Programm, für das es sich zu kämpfen lohnt. Eine Absage an jegliche Sparpakete ist nötig. Die KPÖ-Idee durch freiwillige Lohnkürzungen unter den Magistratsbeschäftigten das Budget zu sanieren ist der direkte Weg in den politischen Untergang. Nur die Rekommunalisierung aller privatrechtlich geführten Firmen des „Hauses Graz“ unter Arbeiterkontrolle wird dem Geldversickern ein Ende bereiten. Es sind die öffentlich Beschäftigten, die dem Personalschacher und privaten Profiteuren Herr werden können. Sofern sich die KPÖ nicht auf die Kampfbereitschaft der Arbeiterklasse stützt, wird sie nur die Schulden für die Bürgerlichen eintreiben und eine wachsende soziale Kluft in der Stadt verwalten. Mit einer solchen Politik wird sie in die politische Bedeutungslosigkeit fallen – was das Ziel der Bürgerlichen ebenso wie der rechts-reformistischen Bürokraten ist.

Hat die KPÖ-Spitze aber den Mut, ihr Wahlprogramm trotz der kapitalistischen Krise und der Sabotage der Bürgerlichen durchzufechten, kann sie zum Vorbild für kämpfende Kommunen und die Arbeiterbewegung im Allgemeinen werden.

(Funke Nr. 209/6.12.2022)


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