Nach dem gestrigen Protesttag an den Unis stellt sich die Frage, welche Schritte es jetzt braucht im Kampf für eine ausreichende Finanzierung und für den freien Unizugang. Dieses Flugblatt wird ab heute an der Uni Wien verteilt.

Es war ein guter Start in einen heißen europäischen Herbst. Während am 19. Oktober in Frankreich die Bewegung gegen die Pensionsreformen einen für den Staat und auch die Gewerkschaften unkontrollierbaren weil massenhaften und radikalen Zug annehmen, stehen wir nun auch in Österreich am Beginn einer sozialen Protestbewegung. Gestern demonstrierten zehntausende Studierende für bessere Bildungsbedingungen und 2000 SchülerInnen für das Bleiberecht ihrer KollegInnen, die von Abschiebung bedroht sind. Die MetallarbeiterInnen ringen einstweilen hart um einen Kollektivvertrag, und in der SPÖ sammelt sich der Protest gegen Sparmaßnahmen und weitere Koalitionen mit der ÖVP.

Gleichzeitig wird in den Amtsstuben und Ministerien das größte Sparpaket der Zweiten Republik geschnürt – es war Zeit, dass Österreich aus der Ruhe aus- und in die neue europäische Normalität des sozialen Kampfes eintritt. Die Jugend kann hier eine wichtige Vorreiterrolle einnehmen.

“Uni brennt” – 4 Thesen für einen erfolgreichen Studierendenprotest

1. Ein sozialer Protest ohne politisches Programm muss scheitern

Die Besetzungsproteste im Jahr 2009 scheiterten in erster Linie an der Unklarheit des Programms und der Kampfziele. Die finanzielle Aushungerung der Universitäten ist die zentralste Problemstellung, der sich aktuelle und zukünftige Studierende ausgesetzt sehen.

Wir schlagen daher vor, dass die Auseindersetzung um die öffentliche Finanzierung der Unis, bei freiem Zugang und höchster Qualität in den Mittelpunkt der Bewegung gestellt werden. Die Argumente liegen auf der Hand: während für Österreichs Banken in wenigen Tagen 15 Mrd. Euro aufgestellt wurden, ist die Forderung nach einer zusätzlichen Bildungsmilliarde (womit das österreichische Universitätsbudget noch 20 Prozent unter dem für zivilisierte Staaten geforderten Niveau von 2 Prozent des BIP liegen würde) nicht einmal Gegenstand eines Gesprächstermins. Eine starke Bewegung macht diese Haltung der Regierung unhaltbar.

2. Eine Bewegung braucht Diskussion und Abstimmung

Ein breit getragener Beschluss über Ziele und Methoden einer Bewegung setzt demokratische Diskussion voraus. Dies macht man am besten in HörerInnenversammlungen. Wir schlagen vor, dass Entscheidungen dort und nur dort gefällt werden. Wir schlagen vor, dass Entscheidungen mittels Abstimmungen getroffen werden, nachdem man die Möglichkeit hatte Argumenten zuzuhören und selbst vorzutragen. Wir schlagen vor, dass HörerInnenversammlungen einen Delegiertenrat wählen, der die Beschlüsse verbindlich nach außen trägt und die Umsetzung der Beschlüsse anleitet. Wir sind dafür, dass Delegierte auf jeder Vollversammlung rechenschaftspflichtig und in der Folge wählbar und abwählbar sein müssen. Wir sind dafür, dass politisch aktive Studierende sich aktiv an diesem demokratischen Prozess beteiligen, insbesondere fordern wir die UnterstützerInnen von ÖH-Fraktionen auf sich aktiv in die Bewegung einzubringen und ihre Arbeit unter der Leitung der HörerInnenversammlungen fortzuführen, anstatt sich neben die Protestbewegung zu stellen.

3. Eine Bewegung braucht Methoden

Leidvoll mussten wir erleben, dass Besetzungen kein Selbstzweck sein dürfen. Wir treten dafür ein, dass die politischen Zielsetzungen und auch die Methoden der Widerstandsbewegung kollektiv diskutiert und beschlossen werden. Um die Mehrheit der Studierenden für eine langfristige Kampfstrategie zu gewinnen, schlagen wir eine Strategie von eskalierenden Aktionstagen vor. Die zentralen Aktionsformen dieser Aktionstage sind Demonstrationen und Straßenblockaden, und sollten dann, wenn die Stärke der Bewegung es zulässt in Streiks münden. Die Besetzung von Uniräumen halten wir für richtig, wenn diese der Diskussion und Organisation von nach außen gerichteten Protesten dienen. Als Selbstzweck, Freiraum, Event und Lebensinhalt einer kleinen Minderheit halten wir Besetzungen in einer sozialen Bewegung für nicht ursächlich zweckdienlich.

4. Studierendenprotest braucht Solidarität

Positive Medienberichterstattung und öffentliches Mitleid für AkademikerInnen können hilfreich für unseren Protest sein, aber ungenügend um die Situation an den Unis zu verbessern. Jugendproteste sind dann erfolgreich, wenn sie Kämpfen von Lohnabhängigen vorangehen. Was in Kämpfen zählt, ist nicht zuletzt ökonomische Macht, die können Studierende in erster Linie in einem Bündnis mit Lohnabhängigen erzielen. Studierende können aber das Signal zu verbreiterten Kämpfen geben. Die sind aufgrund der harten KV-Verhandlungen und der verallgemeinerten Sparmaßnahmen wahrscheinlich und können durch unseren Protest an den Unis aktiv befördert werden.

Konkret schlagen wir vor, dass bei der nächsten Gelegenheit (Demo-, Aktionstag, HörerInnenversammlung, …) ein Aktionstag gegen Bildungs- und Sozialabbau ausgerufen wird. Dieser richtet sich ausdrücklich an Studierende, SchülerInnen, Lehrende, Lohnabhängige und den ÖGB. Die Studierenden, ihre Organisationen und Kollektive sehen in der Popularisierung und Organisierung dieses Aktionstages ihren zünden Beitrag zu einer verallgemeinerten Protestbewegung.

Hier kannst du dir den Flyer als PDF herunterladen und selber vervielfältigen.


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