Am 25. März demonstrierten in Graz an die 10.000 Menschen gegen das Sparpaket der Landesregierung. Wie soll diese Protestbewegung jetzt weitermachen? Ein Diskussionsvorschlag der Funke-Redaktion.

Schon im Vorfeld zeichnete sich ab, dass diese Demo ein Erfolg werden könnte. Mehr als 500 Organisationen und Vereine unterstützten die „Plattform 25“, die gegründet wurde, um den Widerstand gegen das Sparpaket zu organisieren. Neben der KPÖ und den Grünen stellen vor allem die vielen von den Kürzungen betroffenen Sozialvereine das Rückgrat dieser Bewegung dar. So sind auch viele Betriebsräte aber auch Geschäftsführer solcher Vereine in der Plattform engagiert. So war auch die große Beteiligung von MitarbeiterInnen wie auch von KlientInnen dieser Sozialvereine aus der Jugend- oder Behindertenbetreuung ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Mobilisierung.

Bewegung ausweiten

Unser zentrales Ziel muss es sein, die Bewegung auszuweiten und unsere Schlagkraft zu verbessern. Mit der Großdemo am 25. März liegt die Latte sogar recht hoch. Die Bewegung kann nur siegreich sein, wenn sie immer mehr an Dynamik gewinnt und so den politischen Druck zu verstärken vermag. Das muss der Ausgangspunkt all unserer Überlegungen für die weiteren Schritte der „Plattform 25“ sein.

Im Vorfeld der Demo wurde gezeigt, dass die „Plattform“ in diese Richtung sehr gut zu arbeiten weiß. Der Druck seitens vieler BetriebsrätInnen aus dem Bereich hat auch dazu geführt, dass die GPA-djp offiziell die Demo unterstützt hat. Den Gewerkschaften wird in der weiteren Folge auch eine Schlüsselrolle zukommen, die über den Ausgang dieses Kampfes entscheidend sein wird. Sie hätten die nötige Kraft, die es braucht, um die Landesregierung in die Knie zu zwingen.

Die Spitze des ÖGB Steiermark hat aber bisher eine sehr zweifelhafte Rolle in diesem Konflikt eingenommen. Sie beteiligte sich nicht an der Demo am 25. März sondern organisierte lieber am 17. März eine eigene Protestaktion. 600 Menschen beteiligten sich trotz strömenden Regens an dieser sehr kurzfristig angekündigten Kundgebung an einem frühen Vormittag. Dies zeigt, welches Mobilisierungspotential der ÖGB in so einer Situation hätte. Dass der ÖGB überhaupt diesen Schritt setzte, zeigt, dass es an der Gewerkschaftsbasis brodelt. Die FSG Steiermark hatte Mitte März eine Resolution „Gegen radikale Sparpläne“ verabschiedet und fordert seither die SP-geführte Landesregierung auf das Sparpaket zu entschärfen. Die Logik der sozialdemokratischen Gewerkschaftsführung ist aber wie folgt: Sie macht Druck, damit das Paket noch mal aufgeschnürt und mit der Gewerkschaft neu verhandelt wird. Die schlimmsten „Härtefälle“ sollen dann aus dem Budget wegverhandelt werden, um die unzufriedene Basis besänftigen zu können. Die Sparlogik der Landesregierung lehnt der ÖGB jedoch nicht ab, er würde sich mit einem „fairen, sozial gerechten“ Sparpaket (was auch immer das sein mag) begnügen. Die FSG steckt natürlich in einem Dilemma, weil sie im SP-Landtagsklub mit Abgeordneten vertreten ist und bei der entscheidenden Abstimmung ganz konkret zeigen muss, auf welcher Seite sie steht.

Hier liegt zweifelsohne einer der Schlüssel für den Erfolg der Protestbewegung gegen das Sparpaket. Jetzt muss gezielt der Druck auf den ÖGB verstärkt werden. Eine Betriebsräte- und Personalvertreterkonferenz der betroffenen Bereiche (Sozialvereine, Jugendwohlfahrt, Landesdienst) wäre ein erster wichtiger Schritt. Dort sollte eine Resolution an den ÖGB verabschiedet werden, wo dieser aufgerufen wird die „Plattform 25“und betrieblichen Widerstand zu unterstützen. Dort sollte auch der Beschluss für erste Warnstreiks gefasst werden.

Gleichzeitig gilt es andere Sektoren der steirischen Gewerkschaftsbewegung für die Bewegung zu gewinnen. Die Kürzungen bei der Wohnbeihilfe, bei den Kindergärten, bei den Landesspitälern usw. treffen alle Lohnabhängigen. Wir sollten gezielt Betriebsräte aus den Großbetrieben im ganzen Land ansprechen und vor Betrieben Flugis verteilen, wo die Tragweite dieses Sparpakets erklärt wird. So können wir den Druck auf den ÖGB aufbauen, damit dieser die Verteidigung der grundlegenden sozialen Interessen seiner Mitglieder über die Parteiräson der FSG-Spitze stellt. Kämpferische SozialdemokratInnen und SozialistInnen, GewerkschafterInnen und KommunistInnen sollten entlang dieser Linie an einer Ausweitung der Bewegung arbeiten.

Außerdem braucht es eine weitere Großmobilisierung. Am 27. und 28. April wird der steirische Landtag über das Budget debattieren und dieses beschließen. Für dieses Datum sollten wir Streiks in den betroffenen Bereichen sowie eine weitere Großdemo organisieren. Indem wir auf der Straße noch einmal unsere ganze Stärke beweisen, fordern wir die Landesregierung zu einem echten Kräftemessen heraus. Wenn auf der Straße wieder Tausende demonstrieren, dann wird es einigen SP-Abgeordneten nicht leicht fallen, diesem Sparpaket zuzustimmen.

T.I.N.A.?

Die SPÖ argumentiert derzeit, dass es keine Alternative zu diesem Sparpaket gibt. Wenn jetzt nicht dem hohen Budgetloch entgegengewirkt würde, dann drohe in einigen Jahren die völlige Zerschlagung des Sozialsystems. Diese Argumentation kennen wir nur zu gut und gehörte in den letzten drei Jahrzehnten zum Standardrepertoire konservativer Parteien. Denken wir nur an Margaret Thatchers Ausspruch „TINA – There is NO alternative“. Selbst Vertreter des linken Parteiflügels, wie Neo-Landtagsabgeordneter und SJ-Vorsitzender Max Lercher, setzen auf diese Logik. Das Ziel muss aber sein, den Druck auf der Straße und in den Betrieben so zu erhöhen, dass Teile der Sozialdemokratie den Sparkurs von Voves nicht mehr mittragen können. Die SJ Steiermark machte in der jüngsten Vergangenheit gute Arbeit, aber steht jetzt vor einer Feuerprobe: Hat sie nur eine linke Flankendekung für eine Große Koalition aufgebaut, oder eine Sozialilistsche Jugend, die eine eigenständige, linke Politik fahren kann?

Schon jetzt sagt Max Lercher, der großen Druck seitens der Parteispitze verspürt und dessen Karriere in der Frage auf dem Spiel steht, dass die SJ Aktionen machen wird, um die „Frage der Verteilungsgerechtigkeit“ auf Bundesebene zu thematisieren. Selbst wenn er damit von seiner eigenen Verantwortung ablenken will, zeigt es, dass er (wie die FSG-Spitze) auch unter dem Druck der Proteste steht. Dies wirft außerdem die Frage auf, mit welchem Programm wir gegen das steirische Sparpaket kämpfen sollen.

Programm

Das Budgetloch hat eine Reihe von Ursachen. Das Land Steiermark sah seit den 1990ern offensichtlich wie die meisten anderen staatlichen Institutionen seine Aufgabe darin der Wirtschaft möglichst gute Rahmenbedingungen im Standortwettbewerb zu sichern. So flossen die Subventionen für Androsch (AT&S), für Stronach und den Auto-Cluster und viele andere KapitalistInnen. Gleichzeitig hat das Land die Spielräume zur Einhebung zusätzlicher Steuereinnahmen nicht genutzt. Größenwahnsinnige Event-Kultur (Stichwort Schi-WM-Schladming) hat das Ihrige zu den Finanznöten beigetragen. Die Wirtschaftskrise der letzten Jahre hat das Fass dann endgültig zum Überlaufen gebracht. Durch Privatisierungen konnte das Problem lange Zeit in Grenzen gehalten werden, doch das Familiensilber ist mittlerweile weitgehend veräußert, und somit gibt es kaum noch Spielraum.

Für die Länder ist die Lage umso schwieriger, dass sie seitens des Bundes stark unter Druck gesetzt werden, zur Sanierung der öffentlichen Haushalte einen Beitrag zu leisten. Die „Stabilitätspolitik“, die über die EU und den Bund den Bundesländern aufgezwungen wird, erfordert tatsächlich Sparpakete diesen Ausmaßes. Die Staatsschuldenkrise in Folge der Wirtschaftskrise wollen die Bürgerlichen mit einer rigorosen Sparpolitik beantworten, was bei Aufrechterhaltung der oben skizzierten Wirtschaftspolitik im Sinne des Kapitals zu Kürzungen bei den Sozial-, Bildungssystemen und den Kultureinrichtungen führen muss.

Diese Logik gilt es grundlegend abzulehnen. Gleichzeitig gilt es den Kampf für die Finanzierung öffentlicher und sozialer Dienstleistungen durch die Besteuerung der großen Vermögen, der Banken und Konzerne anzugehen.
Landeshauptmann Voves selbst hat diese Debatte vor zwei Jahren auf Bundesebene ins Laufen gebracht. Die Sozialdemokratie muss beim Wort genommen werden. Wer es mit Umverteilung und Verteilungsgerechtigkeit ernst meint, der muss dieses Sparpaket hier und jetzt entschieden ablehnen und gegenüber dem Bund für einen Finanzausgleich eintreten, der den Ländern den nötigen Spielraum zur Finanzierung des Sozialsystems gibt.

Rund um ein solches Programm sollten wir in den nächsten Wochen die Bewegung gegen dieses Paket der sozialen Grausamkeiten aufbauen. Setzen wir Schritte zur österreichweiten Vernetzung mit allen, die sich gegen Sozialabbau einsetzen. In Oberösterreich und in Wien gibt es derzeit ebenfalls Kürzungen im Sozial- und Gesundheitssystem. Und auf Bundesebene ist es nur eine Frage der Zeit bis das nächste Sparpaket kommt. Die Zustimmung zur Verlängerung des EU-Rettungsschirms bedeutet, dass das Budget um bis zu 3,6 Mrd. Euro zusätzlich belastet wird. Dieser kapitalistischen Budget- und Finanzpolitik müssen wir eine Alternative gegenüberstellen. Unser Kampf gegen Sozialabbau kann nur dann auf Dauer erfolgreich sein, wenn wir die Profitlogik, das Grundprinzip kapitalistischen Wirtschaftens, beseitigen.


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