Wir veröffentlichen den Antrag der SJÖ-Verbandsführung sowie die Resolution der SJ Vorarlberg und mehrerer anderer SJ-Strukturen zu dieser Debatte.
Antrag der Verbandsführung:
Reiche müssen zahlen - Vermögen besteuern statt Mehrheit belasten!
Nachdem in den letzen Jahren die Banken und Konzerne mit hunderten Milliarden Euro in ganz Europa gerettet wurden, ist jetzt klar, wer die Kosten für die Krise zahlt: Studierende, ArbeiterInnen, Arbeitslose und PensionistInnen. Sozialabbau und Massensteuererhöhungen wohin man blickt. Und Europa spricht von den so genannten Hilfspaketen für Griechenland, Irland und Portugal, und ob Spanien oder Belgien sie demnächst auch brauchen. Mit Nebelkerzen versuchen uns Europas Eliten derzeit gerade einzureden, dass die massiven öffentlichen Budgetdefizite die Folge einer sozialstaatlichen Verschwendungssucht sind, ja dass wir alle sogar über unseren Verhältnissen gelebt hätten. Und nicht, dass die globale Wirtschaftskrise und die Rettung des kollabierenden Finanzsektors, die Staaten weltweit ins Defizit gebracht hat und wir nicht über, sondern unter unseren Verhältnissen leben, indem der Einkommensanteil der Lohnabhängigen am gesellschaftlichen Wohlstand ständig zugunsten der Unternehmensgewinne zurückgefahren wird. Diese wachsende Ungleichverteilung und die ständige Überproduktion sind ja auch die tiefere Ursache der Wirtschaftskrise gewesen. Wenn jetzt wie in Österreich und ganz Europa diese Ungleichverteilung weiter anhält, ja sogar durch neue Sparpakete noch verschärft wird, steht die nächste Krise schon vor der Tür. Gerade deshalb kämpft die Sozialistische Jugend seit Jahren auch so energisch für die Einführung von Vermögenssteuern. Dieser Einsatz trug wesentlich dazu bei, dass die SPÖ in dieser Frage einen radikalen Kurswechsel vollzog.
Wann wenn nicht jetzt, wer wenn nicht wir?
Die Sozialistische Jugend hat im vergangen Herbst eine wesentliche Rolle bei der Organisierung der Proteste gegen das Budget rund um die Plattform „Zukunftsbudget“ gespielt und klar ihre ablehnende Haltung zum Sparpaket innerhalb und außerhalb der Partei artikuliert. Aber das Budget 2011/2012 ist erst ein erster Schritt in der Auseinandersetzung darüber, wer die Budgetkonsolidierung letztendlich bezahlen soll. Denn schon 2013 stehen aufgrund des Finanzrahmengesetzes wieder massive Kürzungen auf Bundesebene vor der Tür. Aber auch in den Bundesländern und Gemeinden gibt es einen massiven Druck für scheinbar unvermeidliche Sparpakete. Daher hat sich der Verbandstag schon im Herbst dafür ausgesprochen, dass SJlerinnen und SJler, welche in Gemeinderäten oder Landtagen vertreten sind, unabhängig vom Klubzwang, ihre Stimme gegen Kürzungen im Sozial-, Bildungs- und Arbeitsbereich erheben..
Das steirische Sparpaket
Der Beschluss des steirischen Sparpakets stellt den massivsten Einschnitt in das Sozialsystem der letzten Jahre dar. Zwar ist die mangelnde finanzielle Dotierung von Ländern und Gemeinden eine Folge von verfehlter Budget- und Steuerpolitik auf Bundesebene, trotzdem können diese Kürzungen aus sozialistischer Sicht niemals unterstützt oder gerechtfertigt werden. Der innerparteiliche Druck, der auf die KritikerInnen des Budgets aufgebaut wurde, war enorm – letztlich hätte aber in diesem Fall die Entscheidung gegen den Klubzwang und zugunsten der Grundsätze und Beschlüsse der Sozialistischen Jugend fallen müssen. Das umso mehr, als eine breite Protestbewegung und die Gewerkschaften massiv gegen die Kürzungen mobilisiert hatten.
Sparen? Reformen?
Neben den finanziellen Engpässen des Staatshaushalts, sind auch Länder und Kommunen mit massiven Finanzierungsproblemen konfrontiert. Auch auf Landes- oder Gemeindeebene darf die Devise aber nicht „Sparpaket“ heißen – was zu Leistungskürzungen und damit sinkender Attraktivität führt, sondern sollten mittels Abgaben neue Einnahmen lukriert werden. Hier wäre zum Beispiel die Grundsteuer zu nennen, welche seit Jahrzehnten nicht mehr angepasst wurde und den Kommunen nötiges Geld beschaffen würde. Weitere überlegenswerte Landesabgaben sind z.B. Glücksspielabgabe oder Jagdabgabe. Darüber hinaus ist, aus unserer Sicht, die Neuverhandlung des Finanzausgleichs und des Stabilitätspakts unabdingbar.
Bei Einsparungen kommt es drauf an, wo und wie dies passiert. Ausgabenseitige Maßnahmen sind unserer Meinung im Bereich des Föderalismus und einer großen Staats- und Kompetenzreform zu tätigen. In diesem Zusammenhang spricht sich die SJ für ein generelles Überdenken des österreichischen Föderalismus aus. Klar muss allerdings auch hier sein, dass Arbeitsplatzverluste durch das Schaffen neuer Jobs ausgeglichen werden müssen – etwa durch die längst überfällige Aufwertung und den Ausbau des Sozialwesens (Pflegeeinrichtungen, Kinderbetreuungseinrichtungen usw.). Die SJ wird ein Konzept erarbeiten, um Einsparpotenziale aufzuzeigen, die weder zu Armut führen, noch zum Rückbau von nötiger Infrastruktur oder Qualitätsabbau bei öffentlichen Dienstleistungen. Dennoch plädiert die SJ klar dafür, einnahmenseitige Maßnahmen durchzuführen.
Aufgabe der SJ
Die Sozialistische Jugend muss ihre Glaubwürdigkeit bewahren und beharrlich die Verwirklichung ihrer Konzepte einfordern. Die auch weite Teile der SPÖ narkotisierende Sparlogik muss bekämpft werden. Die neoliberale Budgetpolitik darf nicht vom Koalitionspartner ÖVP kopiert, sondern muss durch eigene Lösungen ersetzt werden. Wenn es nicht gelingt, die Kosten der Wirtschaftskrise endlich jenen aufzubürden, die sie verursacht haben, wird das Vertrauen der SPÖ schwer erschüttert werden. Vom Glaubwürdigkeitsproblem der SPÖ profitiert nur die Strache-FPÖ. Unsere Rolle muss daher sein, innerparteilich Druck auszuüben und keinesfalls für Sparpolitik am Rücken der arbeitenden Bevölkerung zu stimmen!
Daher sehen wir es als Aufgabe der Sozialistischen Jugend, ...
• Budgetkonsolidierungen auf Kosten der Schwächsten und Sparpakete abzulehnen und Protestbewegungen dagegen zu unterstützen.
• alle innerparteilichen Kräfte für Vermögenssteuern weiter zu vernetzen – holen wir uns das Geld von dort, wo es ist!
• bei Abstimmungen in Landtagen, Gemeinderäten oder Parlament die Stimme gegen Kürzungen zulasten der Bevölkerungsmehrheit zu erheben.
• ein Konzept einer Staatsreform auszuarbeiten, die eine Verbesserung der Qualität und Mitbestimmung als einen zentralen Teil ansieht.
• Eine Neuauflage der innerorganisatorisch und medial bekannten Kampagne „Reiche müssen zahlen“ in adaptierter Form im Jahr 2011 mit der Erweiterung der Kampagne auf Landes- und Gemeindeabgaben (Nahverkehrsabgabe, Umweltschutzabgabe, Jagdabgabe, Grundsteuer, Glückspielabgabe udgl.) unter Berücksichtung des Finanzausgleiches zu starten. Diesbezüglich wird die SJ ein Konzept erarbeiten.
• eine VorreiterInnenrolle auf europäischer Ebene einzunehmen, und für dieses Thema Bündnispartnerinnen im Rahmen der ECOSY und der IUSY zu finden.
Siehe auch: Bilanz der Funke-Redaktion über den Verbandsausschuss
Resolution: Nein zu Sparpaketen – Initiative für einen außerordentlichen Verbandstag
Bei der Landtagssitzung am 27. April wurde das steirische Budget mit den Stimmen der ÖVP und der meisten SPÖ-Abgeordneten beschlossen. Während die Gewerkschafter im SPÖ-Klub zumindest der Abstimmung fernblieben, stimmte der Vorsitzende der SJ Steiermark Max Lercher für dieses Sparpaket. Dies ist mit den Grundsätzen unserer Organisation und mit bestehenden Beschlüssen vom Verbandstag 2010 („Unsere Landtagsabgeordneten und GemeinderätInnen dürfen auf keinem Fall im Rahmen der Budgetkonsolidierung für Sozialabbau stimmen – auch nicht wenn dies zu Konflikten mit der SPÖ-Spitze führt und gegebenenfalls Koalitionen der SPÖ mit anderen Parteien dadurch gefährdet sind.“) nicht vereinbar. Rosa Luxemburg hat es schon vor rund 100 Jahren auf den Punkt gebracht und meinte zu jenen sozialdemokratischen Abgeordneten, die damals begannen Ausreden zu entwickeln, warum sie für das Budget stimmten: „Selbstverständlich kann es Fälle, wo wir gezwungen wären, unser Programm zu verraten, in Wirklichkeit gar nicht geben.“
Das Grundsatzprogramm ist ebenfalls eindeutig in der Frage, wie sich die SJ in so einer Situation zu verhalten hätte: "Die durch neoliberale Politik erzeugten Finanzierungsschwierigkeiten werden von bürgerlicher Seite regelmäßig benutzt, die Finanzierbarkeit des Sozialstaats an sich in Frage zu stellen und Sozialkürzungen zu legitimieren. Die Lösung der vielzitierten ‚Finanzprobleme’ der Sozialsysteme erfordert allerdings in erster Linie eine Abkehr vom Neoliberalismus und nicht einen weltweiten Kürzungswettlauf."
Uns ist bewusst, dass der Druck auf die SPÖ-Abgeordneten in dieser Situation sehr groß war. Wer diesem Druck jedoch nicht standhalten kann, ist auch nicht geeignet die Sozialistische Jugend in einem bürgerlichen Parlament zu vertreten. Wir halten es für unvereinbar, dass SpitzenfunktionärInnen der SJ, die auf Listenplätzen der SPÖ in Landtage, Gemeinderäte oder gar den Nationalrat einziehen, dort gegen die politischen Grundsätze der SJ stimmen. Genosse Lercher hat sich entschieden, der Politik von Voves und nicht jener der Beschlüsse der Sozialistischen Jugend zu folgen. Zwar liegt ein solches Verhalten durchaus in der Tradition von SJ-RepräsentantInnen in den parlamentarischen Klubs der SPÖ (vgl. Josef Cap nach seinem Vorzugsstimmenwahlkampf), ist aber mit politischen Prinzipien nicht vereinbar. Die einzige Konsequenz des Genossen Lercher kann nur der Rücktritt als Repräsentant der SJ sein.
• Es ist außerdem höchst an der Zeit, dass die Sozialistische Jugend die Plattform 25 und deren weitere Proteste gegen die Umsetzung des Sparpakets offiziell und in der Praxis unterstützt.
• Wir rufen den Verbandsausschuss auf, diese Frage bei seiner nächsten Sitzung zu behandeln und sich vom Stimmverhalten des Genossen Lercher zu distanzieren.
• Um die Diskussion über die Haltung der SJ im Fall von künftigen Sparpaketen breit und demokratisch diskutieren zu können und unsere Organisation auf künftige soziale Protestbewegungen politisch vorzubereiten, fordern wir einen außerordentlichen Verbandstag.
Eingebracht und unterzeichnet von SJ Vorarlberg, SJ Wels, SJ Wien-Josefstadt, SJ Wien/Alsergrund, SJ Wien/Währing, SJ Wien/Brigittenau, SJ Wien/Donaustadt, SJ Linz-Römerberg sowie Markus Berger, Matthias Peschke, Julia Wais (alle SJ Wien/Liesing) u.a.